Wenn Thomas Gnutzmann einen neuen Gesellen einstellt, fragt er ihn als erstes: "Wie möchtest du arbeiten?" Wenn der neue Mitarbeiter sich dann spezielles Werkzeug oder eine Vier-Tage-Woche wünscht, oder er erst um acht Uhr morgens starten möchte, dann macht Gnutzmanns Unternehmen Tangemann Elektrotechnik das möglich. Am Dienstagabend wurde er für die ungewöhnlichen Wege, die er mit seinem Betrieb geht, zum Handwerker des Jahres gekürt.
Auch bei der Zusammenarbeit mit anderen Gewerken bewegt sich das Team von Tangemann Elektrotechnik abseits der Norm. So bringen seine Mitarbeiter zusammen mit Dachdeckern beispielsweise Fotovoltaik-Anlagen auf Dächern zum Laufen. "Die haben Ahnung vom Dach und davon, wie viel das Dach aufgrund der Statik halten kann – aber den Anschluss der PV-Anlage übernehmen wir", erklärte Gnutzmann am Dienstag.
Aber auch die kleinen Aufträge sind in den Büchern von Tangemann Elektrotechnik zu finden, zum Beispiel, wenn bei einem Kunden eine Lampe flackert oder eine Beleuchtung komplett ihren Geist aufgibt. Allein für solche Arbeiten sind ein Geselle und ein Mitarbeiter im Büro im Einsatz, der die Termine koordiniert.
Jedes Jahr 40 Azubi-Bewerbungen
"Ich bekomme jedes Jahr 40 Initiativbewerbungen", sagte Gnutzmann, der gleichzeitig Obermeister der Bremer Elektro-Innung ist. Damit das so bleibt, ist das Unternehmen auf Ausbildungsmessen präsent. Außerdem schickt Gnutzmann immer zwei Azubis in die Schulen. "Die Azubis sind altersmäßig viel näher an den Schülern dran", begründete er. Allerdings sollte jeder Kandidat vor der Ausbildung ein Praktikum bei Tangemann Elektrotechnik gemacht haben. "Anschließend frage ich unser Team, ob es sich vorstellen kann, dreieinhalb Jahre mit ihm oder ihr gemeinsam zu arbeiten", sagte Gnutzmann. Erst dann schaue er auf das Zeugnis, in dem ihm die Fehlzeiten wichtiger seien als die Noten.
Auf diese Weise hat Gnutzmann, der den Betrieb 2015 übernommen hatte, schon eine ganze Reihe an Azubis ausgebildet. Wenn diese im Betrieb blieben und er ihre weiteren Stationen im Leben mitverfolgen könne – zum Beispiel die Hochzeit oder das erste Kind –, dann sei das ein schönes Gefühl, sagte der 58-jährige Gnutzmann. Habe ein Azubi während der Ausbildung ein Problem, dann schauten der Geschäftsführer und seine Frau, was dahinter stecke.
Neben Gnutzmann, der das Preisgeld in Höhe von 3000 Euro an die Organisation "Cook & Help – Mit Kochen helfen" spendete, wurde der Bremerhavener Zahntechnikmeister Frank Rübeling mit einem Sonderpreis bedacht. Sparkassen-Vorstandsmitglied Klaus Windheuser lobte den Betreiber eines Dentallabors: "Sie schaffen sichere attraktive Arbeitsplätze, denken innovativ und setzen konsequent Maßnahmen um, die das Klima schützen."
Rübeling hat die Fahrzeugflotte komplett auf E-Antrieb umgestellt, eine Fotovoltaikanlage erzeugt den Strom für den Betrieb, und die 80 Beschäftigten können sich zwischen 40 Arbeitszeitmodellen entscheiden. Beim Zahnersatz setzt Rübeling auf Stahlkronen statt auf Gold oder andere Metalle. Das Preisgeld in Höhe von 2000 Euro stiftet er an die Organisation "We are all Ukrainians".
Handwerkskammer-Präses Thomas Kurzke lobte die beiden Preisträger: "Sie zeigen, wie modern das Handwerk unterwegs ist." Es brauche solche Beispiele, um zu zeigen, dass Arbeit mit der Hand den gleichen Wert habe wie Arbeit mit dem Kopf.