Bremen Stadtteile Osterholz Verden Diepholz Delmenhorst Wesermarsch Oldenburg Rotenburg Cuxhaven Bremerhaven Niedersachsen

Katrin Detring-Pomplun Titel "Ausbilderin des Jahres" geht an eine Bremerin

Statt auf dem Dach könnte Katrin-Detring Pomplun auch in einer Tierarztpraxis stehen. Das war ihre ursprüngliche Berufsidee. Doch sie folgte ihrem Vater und wurde Dachdeckerin - mit Erfolg in der Ausbildung.
20.01.2023, 05:00 Uhr
Jetzt kommentieren!
Zur Merkliste
Titel
Von Florian Schwiegershausen

Katrin Detring-Pomplun steht über den Dächern von Bremen und genießt den Blick. An diesem Tag ist es ein Wohnhaus im Radio-Bremen-Viertel, das ein neues Dach bekommen soll. Zu Detring-Pompluns Team gehört unter anderem Lamin aus Afrika. "Wir haben ihm geholfen, Deutsch zu lernen", sagt Detring-Pomplun, die von Beruf Dachdeckerin ist. Derzeit mache der junge Mann eine sogenannte Einstiegsqualifizierung und gehe zur Berufsschule. Im Sommer möchte Lamin dann seine Ausbildung beginnen. Ebenso arbeitet Michelle mit. Die junge Frau ist eine von mehreren beim Dachdecker Schmidt.

Katrin Detring-Pomplun und ihr Vater Lutz Detring sind die fünfte Generation, die diesen Betrieb führt. Etwa 100 Beschäftigte hat die Firma. Hätte sich bei der Handwerkerin der ursprüngliche Berufswunsch durchgesetzt, würde sie statt auf dem Dach nun in einer Tierarztpraxis stehen. Das Praktikum in der elften Klasse beim Tierarzt fand sie zwar interessant – aber als sah, wie viele Jahre sie brauchen würde, um einen Abschluss zu bekommen, sagte sie sich: „Das ist schon eine lange Zeit.“ So entschied sie sich doch für die Arbeit in luftiger Höhe. Die war ihr nicht unbekannt, denn die kannte sie bereits von ihrem Vater: „Schon in den Schulferien half ich immer mit – erst im Büro, später auch auf den Baustellen.“

Lesen Sie auch

Mehr als 50 junge Menschen bei der Ausbildung begleitet

Die Ausbildung machte sie aber nicht im Dachdeckerbetrieb ihres Vaters, sondern in einem anderen Unternehmen. „Das sollte man eigentlich so machen, das ist immer besser“, sagt Detring-Pomplun. Das ist nun schon einige Jahre her. Längst bildet sie selbst aus und kommt inzwischen auf mehr als 50 junge Menschen, die sie auf dem Weg zum Gesellenbrief begleitet hat. Das ist offenbar auch dem Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) aufgefallen, der ihr den Titel „Ausbilderin des Jahres“ verliehen hat. In voller Länge handelt es sich um den Heribert-Späth-Preis für besondere Ausbildungsleistungen im Handwerk. In der Laudatio lobt der Verband, wie die Handwerkerin Ausbildung greifbar mache und den jungen Menschen zeige, wie sie mit ihren eigenen Händen etwas für die Energiewende tun können.

Was der ZDH außerdem hervorhebt: Im Betrieb erhalten lernbeeinträchtigte wie auch sozial benachteiligte junge Menschen ebenso eine Chance wie Migranten. Wer beim Dachdecker Schmidt einen Blick in den Besprechungsraum wirft, sieht auf dem Tafelschreibblock immer Stichwörter aus der letzten Lernrunde. "Einmal pro Woche machen wir für die Azubis Lesen, Schreiben und Rechnen und ebenso bieten wir einmal wöchentlich Deutschunterricht an", sagt die Handwerkerin. "Sprache bedeutet in unserem Beruf Sicherheit", sagt Lutz Detring, der bei der Verleihung in Augsburg mit dabei war.

Lesen Sie auch

Weibliche Azubis beim Dachdecker Schmidt nichts Ungewöhnliches

Bei Katrin Detring-Pomplun im Betrieb sind weibliche Azubis nichts Ungewöhnliches. Die Handwerkerin erinnert sich an ihre eigene Ausbildung: "Ich kann als Frau vielleicht nicht so viel auf einmal heben wie die Männer. Dafür laufe ich dann eben einmal mehr und trage weniger." Um ihren Beruf in die Öffentlichkeit zu tragen, gibt es bei Werders "Tach der Fans" einen Handwerkswettbewerb. Oder zusammen mit der Deutschen Polizeigewerkschaft organisiert der Betrieb Veranstaltungen für Azubis und Schüler. Ebenso hob der Zentralverband hervor, wie Azubis eigene soziale Projekten etwa für das SOS Kinderdorf und den Bremer Bürgerpark umsetzen.

Die Auszeichnung des Verbands ist mit einem Preisgeld in Höhe von 3000 Euro verbunden. "Das Geld werden wir in den Dachdecker-Campus stecken", sagt die Handwerkerin. Den gibt es seit fast vier Jahren. Dort können Azubis aus mehreren Bremer Dachdeckerbetrieben am Flachdach, Steildach oder auch am Blechdach üben. Im anderen Teil stehen Tische, um Theorie zu vermitteln. Ebenso können hier Schüler den Hammer in die Hand nehmen, um auszuprobieren, wie es als Dachdecker ist.

Lesen Sie auch

"Äußert positive Nachricht für unseren Stadtstaat"

Voller Freude über diese Auszeichnung ist auch Thomas Kurzke. Der Präses der Bremer Handwerkskammer sagt: "Das ist nicht nur für den Betrieb selbst, sondern für das Bremer Handwerk und unseren Stadtstaat eine äußerst positive Nachricht. Der Klimaschutz ist mittlerweile ein wichtiges Argument für eine Ausbildung im Handwerk."

Katrin Detring-Pomplun bereut den Schritt aufs Dach nicht: "Du bist immer an der frischen Luft, und in unserem Gewerk ist Teamarbeit gefragt. Am Abend siehst du, was du gearbeitet hast. Und du hinterlässt etwas: Noch Jahre später kannst du durch die Stadt laufen und sagen 'Auf dem Dach habe ich auch gearbeitet.'" Inzwischen sind es Generationen von Azubis, die beim Dachdecker Schmidt gelernt haben und ihren Freunden zeigen, auf welchen Dächern Bremens sie schon gestanden haben.

Zur Sache

Preise für Bremens Handwerksazubis

Auch unter den besten Azubis sind junge Menschen aus Bremen und Bremerhaven. Als bundesweit bester Nachwuchs-Bootsbauer wurde Raban Heimann ausgezeichnet. Gelernt hat er sein Handwerk bei der Bootswerft Winkler an der Lesum. Tobias Brünjes freute sich über die Auszeichnung als bester Auszubildender im Beruf Elektroniker für Maschinen- und Antriebstechnik. Sein Ausbildungsbetrieb ist die Bremerhavener E+A Elektrotechnik und Aggregatebau Betriebsgesellschaft.

Clara Böcker ist Bundessiegerin im Beruf Orthopädieschuhmacherin. Ihre Ausbildung absolvierte sie beim Betrieb Hüneke & Jahns OHG in Schwachhausen. Zusätzlich gewann sie den zweiten Preis im Bundeswettbewerb „Die gute Form im Handwerk – Handwerker gestalten“. Orthopädieschuhmacher Linus Framme vom Ausbildungsbetrieb Jens Asendorf Orthopädie-Schuhtechnik in Vegesack gewann im gleichen Wettbewerb den dritten Preis.

Zur Startseite
Mehr zum Thema

Das könnte Sie auch interessieren

Rätsel

Jetzt kostenlos spielen!
Lesermeinungen (bitte beachten Sie unsere Community-Regeln)