Bremen Stadtteile Osterholz Verden Diepholz Delmenhorst Wesermarsch Oldenburg Rotenburg Cuxhaven Bremerhaven Niedersachsen

Planspiel Werft-Verkauf Thyssen-Krupp vor Schiffbruch

Thyssen-Krupp Marine Systems droht mit dem Verkauf der Werftsparte. Hintergrund ist, dass das Unternehmen beim Bieterrennen um die neuen Mehrzweckschiffe raus ist. Was das für Lürssen bedeuten kann.
08.06.2018, 21:01 Uhr
Jetzt kommentieren!
Zur Merkliste
Thyssen-Krupp vor Schiffbruch
Von Florian Schwiegershausen

Eduard Dinkela, Sprecher der Stadt Emden, bringt es auf den Punkt: "In Emden hängen 220 Jobs von Thyssen-Krupp Marine Systems ab und insgesamt 1000 Menschen. Ein Ende wäre fatal." Doch Thyssen-Krupp droht mit dem Verkauf oder gar mit der Stilllegung der Werftensparte. Darüber hatte das "Handelsblatt" zuerst berichtet. Hintergrund ist, dass Thyssen-Krupp Marine Systems (TKMS) beim Bau der vier neuen Mehrzweckkampfschiffe MKS 180 aus dem Rennen ist.

Dafür hatte das Unternehmen zusammen mit der Bremer Werft Lürssen ein Angebot abgegeben – und Anfang März eine Absage erhalten. Der Grund: Die Preisvorstellungen mit mehr als vier Milliarden Euro pro Boot seien überzogen gewesen. Das Verteidigungsministerium zweifelte daran, ob TKMS so ein Boot bauen könnte. Da wiegen noch die Mängel der zuvor abgelieferten Korvetten und Fregatten schwer nach.

In Hamburg wird alles zusammengesetzt

TKMS bringt nun verschiedene Möglichkeiten ins Spiel. Man könne sich mit Mitbewerbern eine gegenseitige Beteiligung oder eine Fusion vorstellen. Mit dem Mitbewerber German Naval Yards (GNY) in Kiel seien sogar Gespräche über einen Verkauf geführt worden. Für den Bau der MKS 180 ist Lürssen wiederum weiter im Rennen, jedoch indirekt. Denn die Hamburger Lürssen-Tochter Blohm+Voss gehört mit ihrem Angebot unter Federführung der holländischen Damen-Gruppe weiterhin zum Bieterkreis – ebenso wie GNY in Kiel.

Ein Branchenkenner sagte dem WESER-KURIER: "Sollte TKMS sein Überwassergeschäft stilllegen, gebe es für die anderen einen Mitbewerber weniger." Und was TKMS für Lürssen oder GNY interessantes im Portfolio hätte, darüber könne man sich beim Preis schon einig werden. Lürssen baut gerade zusammen mit TKMS und GNY für das Verteidigungsministerium die fünf Korvetten K130 im Wert von zwei Milliarden Euro. Zwei vordere Teile davon werden in Bremen gebaut, der Rest an anderen Standorten. Bei Blohm+Voss in Hamburg wird am Ende alles zusammengesetzt.

Lesen Sie auch

Sollten Blohm+Voss und Damen den Zuschlag erhalten für die Mehrzweckkampfschiffe, wolle man auch in weiteren Projekten als Konsortium zusammenarbeiten. So sagten es Vertreter beider Unternehmen dem "Handelsblatt". Nach dem Bericht lautete die offizielle Sprachregelegung eines Thyssen-Krupp-Sprecher in Essen, dass der Überwasser-Schiffbau ein zentrales Standbein sei: "Deshalb setzen wir alles daran, bei wegweisenden Schiffbauprojekten wie den MKS 180 unsere Leistungsfähigkeit und Erfahrung einzubringen."

Zum möglichen Werft-Verkauf sagte ein nicht genannter Experte: "Der von TKMS ins Spiel gebrachte Verkauf soll eine Art letzte Drohgebärde an die Bundesregierung sein, was eben passieren könne, wenn TKMS nicht am MKS-Bau beteiligt wird." Den Bauauftrag für die MKS hatte das Verteidigungsministerium EU-weit ausgeschrieben, obwohl das bei Rüstungsgütern nicht erforderlich ist. Der Bundestag könnte das Ausschreibungsverfahren mit einfacher Mehrheit stoppen. Doch danach sieht es derzeit nicht aus.

Lürssen in besserer Position als TKMS

Mit dem angedrohten TKMS-Verkauf erscheint das Schreckgespenst, wovor die IG Metall längst gewarnt hatte. Sie sieht nun Berlin unter Zugzwang, wie Meinhard Geiken, Bezirksleiter der IG Metall Küste, sagte: „Die Unternehmen und die Bundesregierung tragen die Verantwortung für das drohende Desaster im Marineschiffbau.

Statt sich gemeinsam mit uns in Berlin für den Erhalt des wichtigen Know-hows einzusetzen, liefern sich die Unternehmen einen dramatischen Verdrängungswettbewerb auf Kosten der Beschäftigten." Durch die europaweite Ausschreibung nehme das Verteidigungsministerium das Aus des Marineschiffbaus in Deutschland billigend in Kauf.

Denn bei der MKS180-Variante mit Damen und Blohm+Voss besteht die Sorge, dass das technische Know-how am Ende bei Damen liegt und nicht beim deutschen Partner. Im Koalitionsvertrag steht, Überwasserschiffbau sei als Schlüsseltechnologie einzustufen. Die IG Metall erwartet von der Bundesregierung, dass das endlich erfolge. Unabhängig davon: Lürssen befindet sich derzeit laut Branchenkenner in einer wesentlich besseren Position als TKMS.

Zur Startseite
Mehr zum Thema

Das könnte Sie auch interessieren

Rätsel

Jetzt kostenlos spielen!
Lesermeinungen (bitte beachten Sie unsere Community-Regeln)