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Während Politiker den geplanten Wechsel nach Malta kritisieren, erinnern die Reeder an uneingelöste Zusagen „Traumschiff“ sorgt für neue Flaggendebatte

Ausgerechnet das Kreuzfahrtschiff „Deutschland“, das ZDF-„Traumschiff“, soll künftig nicht mehr unter deutscher Flagge fahren. So hat es die Reederei Deilmann angekündigt und damit eine neue Debatte um die deutsche Flagge ausgelöst.
11.06.2012, 15:09 Uhr
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Von Krischan Förster

Ausgerechnet das Kreuzfahrtschiff „Deutschland“, das ZDF-„Traumschiff“, soll künftig nicht mehr unter deutscher Flagge fahren. So hat es die Reederei Deilmann angekündigt und damit eine neue Debatte um die deutsche Flagge ausgelöst.

Bremen. Seit ihrer Gründung hat die Bremer Reederei German Tanker Shipping (GTS) ihre 13 Schiffe ausschließlich unter deutscher Flagge fahren lassen. Eine absolute Ausnahme, 14 Jahre lang. Doch das ist vorbei. Zu Beginn des Jahres wurde das schwarz-rot-goldene Banner eingeholt. Aus „Enttäuschung“ über die ausbleibende Hilfe der Bundesregierung, wie es damals hieß. Ein Schritt, den in wirtschaftlichen Notzeiten viele Reeder gegangen sind, von dem aber außer Eingeweihten kaum jemand Notiz nahmen. Die geplante Ausflaggung des ZDF-Traumschiffes „Deutschland“ schlägt nicht nur höhere Wellen, sondern ruft sogar protestierende Politiker auf den Plan.

Der klassische Luxusliner aus Neustadt (Schleswig-Holstein) soll künftig im Schiffsregister Maltas eingetragen werden, kündigte die Reederei an. Zur Begründung hieß es, dass Finanzmittel, die früher die erheblichen Kostennachteile eines Schiffes unter deutscher Flagge zumindest teilweise ausgeglichen hätten, von der Bundesregierung gestrichen worden seien.

Tatsächlich verteuert die deutsche Flagge den Einsatz eines Schiffes, je nach Größe, um 250000 bis 400000 Euro pro Jahr im Vergleich zu vermeintlichen Billig-Ländern wie Liberia, Panama oder Antigua&Barbuda, aber selbst EU-Staaten wie Malta sind deutlich günstiger, weil sie weniger Gebühren verlangen und die Vorschriften für den Schiffsbetrieb weniger streng, also auch weniger teuer sind.

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Fast 3800 Schiffe, so viele wie nie zuvor, zählt die deutsche Handelsflotte. Ihr Aufschwung begann 1999 mit Einführung der Tonnagesteuer. Seither müssen Eigner ihre Schiffe nicht mehr nach dem tatsächlichen Gewinn, sondern relativ günstig mit einem Pauschalbetrag versteuern. Im Gegenzug hatten sich die Reeder verpflichtet, Schiffe wieder zurück unter die deutsche Flagge zu bringen. Mindestens 500 sollten es in einem ersten Schritt werden, 600 in einem zweiten. Man war auf einem guten Weg, doch dann kam die Wirtschaftskrise. Seither flaggen die deutschen Reeder eher aus als ein. So wie German Tanker und viele andere. Von einst gut 500 Schiffen sind nur noch 300 unter deutscher Flagge geblieben. Nun wechselt auch die „Deutschland“ – einem Millionenpublikum bekannt, bei den Olympischen Sommerspielen in London als „Deutsche Botschafterin“ im Einsatz und damit schlichtweg ein Symbol der deutschen Schifffahrt.

Ralf Nagel, Hauptgeschäftsführer des Verbandes Deutscher Reeder (VDR) will zwar den jüngsten Fall der Flaggenflucht nicht kommentieren. Erst recht nicht, weil die Reederei sie offensichtlich mit veralteten Zahlen begründet. „Aber klar wird, unter welchem Kostendruck die Reedereien stehen, nicht nur Deilmann“, sagt der ehemalige Bremer Wirtschaftssenator.

Der Maritime Koordinator der Bundesregierung, Hans-Joachim Otto, verweist darauf, dass das zwischen Politik und Reedern vereinbarte Maritime Bündniss kurz vor einer Neuordnung stehe. „Ich appelliere an die Reeder, ihrer Verantwortung und ihren klaren Zusagen für den Standort Deutschland gerecht zu werden“, sagte er am Wochenende. Und dies gelte in besonderem Maße für den Eigentümer des Schiffes, das den Namen dieses Landes trägt.

Der Streit um die deutsche Flagge währt nun schon seit Jahren. Auf der letzten Maritimen Konferenz in Wilhlemshaven kam es dann zum Eklat, nachdem die Bundesregierung auf Druck des Finanzministeriums die bislang gezahlten Lohnkostenzuschüsse gänzlich kassieren wollte und damit, so lautete der Vorwurf von Reedern und Gewerkschaftern, das „Maritime Bündnis“ aufgekündigt hätte.

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Erst Ende vergangenen Jahres wurden zwischen Politik und Reedern ein Kompromiss erzielt. Danach stockt Berlin das Budget von aktuell 27 Millionen Euro wieder auf 58 Millionen Euro pro Jahr auf. Die Reeder zahlen ihrerseits 20 Millionen Euro in einen Fonds ein, bis spätestens Anfang 2013. Zusätzlich sollen die Gebühren für die Ausflaggung von Schiffen erhöht werden, was weitere zehn Millionen Euro bringen soll. So hat es der Haushaltsausschuss des Bundestages längst genehmigt, eine rechtlich verbindliche Umsetzung der Vereinbarung aber steht immer noch aus.

„Die deutsche Flagge ist bis heute nicht wettbewerbsfähig“, sagt Ralf Nagel. Noch nicht einmal im Vergleich mit anderen EU-Länder wie etwa Malta. Oder auch Girbaltar und Zypern. „Die Bundesregierung muss daher schnellstmöglich die Bündnisabsprachen umsetzen“, fordert Nagel, „auf jeden Fall noch vor der Sommerpause“.

Die reine Kostenentlastung in Form von Beihilfen ist für die Reeder aber nur ein Thema. Sie beschweren sich auch lauthals über eine viel zu komplizierte Bürokratie in vielen Schiffahrtsfragen. Noch im vergangenen Jahr wurde der Bundesregierung ein 25-Punkte-Plan vorgelegt, wie Verfahren und Behördengänge vereinfacht werden könnten. Eine Reaktion darau blieb bis heute aus. Ebenfalls noch nicht genehmigt sei der Einsatz privater Sicherheitskräfte auf deutschen Schiffen im Piratengebiet.

Erst gestern, beim alljährlichen Schiffahrtsdialog der Hamburger Handelskammer und offenbar aufgeschreckt vom Fall „Deutschland“, versprach der Maritime Koordinator Otto, in der kommenden Woche einen konkreten Entwurf für die künftige Finanzierung von Lohnkostenzuschüssen und Ausbildungshilfen zu präsentieren. „Und dann müssen wir schnell zum Abschluss kommen“, sagt Nagel.

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