Die Deckenleuchten in der Greensill Bank in Bremen an der Martinistraße sind am Mittwochmittag aus. Das Milchglas der Schaufensterscheiben verhindert Blicke nach innen. Von außen ist lediglich eine Girlande mit dem Schriftzug „Herzlichen Glückwunsch“ zu sehen, die am Fenster hängt – da hatte also ein Mitarbeiter anscheinend etwas zu feiern.
15.000 Kunden dagegen dürfte nicht nach Feiern zumute sein. Laut „Handelsblatt“ sollen es mindestens so viele sein, die über das Portal „Weltsparen“ ein Konto für Festgeld oder für Tagesgeld abgeschlossen haben. Die Zahl der Kunden über das Internetportal Zinspilot ist bisher nicht bekannt. Die Höhe der Mindesteinlage liegt dem Bericht zufolge bei mindestens 20.000 Euro. Das Geld wird vorerst eingefroren sein. Denn die Bafin als deutsche Finanzaufsicht hat die Bank in Bremen für den Kundenverkehr mit sofortiger Wirkung geschlossen. Gleichzeitig hat die Bafin Anzeige erstattet und sieht als Grund eine drohende Überschuldung.
Am Schreibtisch brennt noch Licht
Am Mittwochmittag brannte zumindest am Schreibtisch einer Mitarbeiterin noch Licht, ihr Computer lief noch. Statt auf Schalteröffnungszeiten verweist ein Schild am Eingang auf eine Bremer Telefonnummer. Das Geldinstitut ist eine Tochter des britisch-australischen Finanzkonglomerats Greensill. Für sie hat die Bafin auch ein Veräußerungs- und Zahlungsverbot erlassen. Durch das Moratorium sollen Vermögenswerte gesichert werden. So soll verhindert werden, dass die Bank ihrer Firmenmutter Geld auszahlt.
Zugleich stellte die Aufsicht Strafanzeige gegen das Institut, wie ein Sprecher der Bremer Staatsanwaltschaft bestätigte. Details nannten weder er noch die Bafin. Bei einer Sonderprüfung hatte die Aufsicht nach eigenen Angaben festgestellt, dass das Bremer Institut nicht in der Lage ist, „den Nachweis über die Existenz von bilanzierten Forderungen zu erbringen, die sie von der GFG Alliance Group angekauft hat“. Die Behörde setzte daraufhin einen Sonderbeauftragten bei der Bank ein.
Die Greensill Bank AG hat der Bafin zufolge keine systemische Relevanz. Ihre Notlage stelle keine Bedrohung für die Finanzstabilität dar. Die Bilanzsumme des Instituts belief sich Ende 2020 auf rund 4,5 Milliarden Euro. Das Geldinstitut ging aus der Nordfinanz Bank hervor, die an gleichem Ort bis 2008 firmierte. Es bietet neben den Tages- und Festgeldanlagen für Privatkunden auch Finanzierungen für Unternehmen an. Die Anlagen wurden von der Bank selbst und über Zinsportale im Internet wie beispielsweise Weltsparen angeboten. Nach Angaben von Weltsparen handelte es sich um mehrere Hundert Millionen Euro.
Die Bremer Privatbank gehört zur australisch-britischen Greensill Gruppe. 2011 vom Ex-Banker Lex Greensill gegründet, spielt die Gruppe eine wichtige Rolle bei der Finanzierung von Lieferketten. Dabei geht es um einen kurzfristigen Bargeldvorschuss, der Unternehmen Zeit gibt, um Lieferanten zu bezahlen. Greensill Capital zahlt einem Lieferanten schneller die Rechnung, als es der Auftraggeber könnte – und bekommt dafür einen Rabatt. Für diese Geschäfte ist ausreichende finanzielle Rückendeckung erforderlich. Die Bremer Greensill Bank versteht sich laut Bafin als Refinanzierer für die Gruppe.
Die Forderungen bündelte Greensill Capital in anleiheähnlichen Wertpapieren und verkaufte sie an Investoren. Zuletzt kamen Investoren Medienberichten zufolge Zweifel, was die Finanzgruppe unter Druck setzte. Der Mutterkonzern Greensill Capital Pty Ltd. sitzt in Australien, die Tochter Greensill Capital Ltd in London. Vergangenen Oktober machte die Greensill Bank von sich reden, weil sie den britischen Liberty-Konzern bei der Übernahme der Stahlsparte von Thyssen-Krupp unterstützen sollte. Unterstützung brauchen wohl nun die Sparer. Auch wenn ihr Geld über den Bankenfonds abgesichert ist, dauert es erfahrungsgemäß, bis sie wieder Zugriff auf ihr Geld haben.
Die Einlagensicherung der Banken
Sollte die Bafin förmlich feststellen, dass die Greensill Bank AG nicht in der Lage ist, die Einlagen zurückzuzahlen, sind Spareinlagen bis zu 100.000 Euro pro Kunde im Rahmen der gesetzlichen Einlagensicherung geschützt. Darüber hinaus gehören die Bremer der Einlagensicherung des Bundesverbandes deutscher Banken (BdB) an. In der Regel sind damit pro Kunde mindestens 750.000 Euro pro Institut geschützt. Bei vielen Banken liegt die Sicherungsgrenze allerdings deutlich höher, bei Greensill sind es laut BdB bis zu knapp 75 Millionen Euro pro Kunde. Privatkunden seien vollumfänglich geschützt, der Einlagensicherungsfonds sei gut gerüstet, sagte ein BdB-Sprecher.
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