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Gastkommentar über Ausbildungsplätze Unternehmen kommen Verpflichtungen nicht nach

Die Bremer Kammern haben ihre Verpflichtungen nicht eingehalten, nämlich „ein hinreichendes Angebot an attraktiven Ausbildungsplätzen bereitzustellen“, meint Hans-Wolfram Stein.
14.03.2018, 21:41 Uhr
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Von Hans-Wolfram Stein

Als 2013 mit 7086 Stellen der niedrigste Stand neuer Ausbildungsverträge seit 2006 erreicht war, gab es in der „Bremer Vereinbarung“ das Versprechen von Wirtschaft und Politik, 7800 Ausbildungsplätze bis 2017 zu erreichen. Der Senat verkündete eine von den Kammern begrüßte Ausbildungsgarantie. Für 2017 meldet das Bundesinstitut für Berufsbildung (BiBB) im Land Bremen gut 9000 ausbildungsinteressierte Jugendliche. So steht dem Ziel nichts im Wege.

Wenn die Wirtschaft ihr Versprechen mit betrieblichen Stellen hätte umsetzen wollen, wäre eine Steigerung um 13 Prozent auf 6336 Lehrstellen nötig gewesen. Stattdessen hat die Bremer Wirtschaft die Zahl der betrieblichen Ausbildungsstellen um zwei Prozent auf 5500 abgebaut. Dass die Zahl der Ausbildungsplätze in Bremen seit 2013 nur wenig stieg, ist nur dem Staat (Schulen, öffentlicher Dienst) geschuldet. Die Bremer Kammern haben ihre Verpflichtungen nicht eingehalten, nämlich „ein hinreichendes Angebot an attraktiven Ausbildungsplätzen bereitzustellen“.

Laut Bundesverfassungsgericht liegt die „Verantwortung für ein ausreichendes Angebot an betrieblichen Ausbildungsplätze bei den Arbeitgebern“ und nicht beim Staat. Der kann „erwarten, dass alle ausbildungswilligen Jugendlichen die Chance erhalten, einen Ausbildungsplatz zu bekommen“. Soll eine freie Berufswahl ermöglicht werden, ist eine Relation von 112 Stellen auf 100 Jugendliche erforderlich. Das wird bei weitem nicht erreicht.

Mehr Transparenz bei der Statistik

Von den gut 9000 ausbildungsinteressierten Bremer Jugendlichen fanden 2017 laut BiBB 3000 keine Lehre, obwohl sie alle laut Arbeitsagentur als ausbildungsreif gelten. Wird berücksichtigt, dass etwa 40 Prozent der Lehrstellen in Bremen an Niedersachsen gehen, kommen auf 100 Bremer Bewerber nicht 112 Lehrstellen, sondern nur 56. Das ist dramatisch!

Die Jugendlichen suchen die Schuld oft bei sich selbst, weil die Lage auf dem Ausbildungsmarkt überzuckert wird durch statistische Schönfärberei und durch Alarmmeldungen der Wirtschaft, freie Plätze nicht besetzen zu können – obwohl es ganze 143 gemeldete Stellen waren. Schüler der Gesamtschule Ost kritisieren das seit Jahren. In einem aktuellen Brief an 50 Bremer Fachpolitiker nehmen sie das Scheitern der Ausbildungsgarantie zum Anlass, um spürbare Maßnahmen zu fordern: eine Bundesratsinitiative zur Herstellung von Transparenz in der Ausbildungsstatistik und eine Ausbildungsabgabe für nichtausbildende Betriebe. Das wird in der Bürgerschaft im Rahmen einer großen Anfrage diskutiert. In seiner Antwort setzt der Senat zunächst auf freiwillige „branchenbezogene Ausbildungsumlagen, wie es sie im Baugewerbe und der Altenpflege gibt“.

Unser Gastautor

Hans-Wolfram Stein ist Autor und pensionierter Lehrer für Politik und Wirtschaft. Er arbeitete an der Bremer Gesamtschule Ost. Außerdem wirkt er an verschiedenen pädagogischen Schulprojekten mit.

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