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Beratungsinstanz Verbraucherzentrale Bremen: Seit 60 Jahren erfolgreich gegen Abzocke

Mit Ernähungsberatung ging es vor 60 Jahren bei der Bremer Verbraucherzentrale los, heute ist die Energieberatung und auch die Beratung gegen Vertragsabzocke eine ihrer Säulen. Das will sie ausbauen.
18.05.2022, 19:48 Uhr
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Verbraucherzentrale Bremen: Seit 60 Jahren erfolgreich gegen Abzocke
Von Florian Schwiegershausen

Momentan ist die Bremer Verbraucherzentrale gefragter denn je: Für ihre Energieberatungen vor Ort sind die Termine derzeit begehrt. Was braucht man alles für eine Wärmepumpe und eine Fotovoltaikanlage? Ist das Haus überhaupt dafür geeignet? Diese und andere Fragen bewegen momentan die Menschen, die die Hilfe der Verbraucherzentrale in Anspruch nehmen. Doch ebenso hilft sie gegen Abzocke bei Handyverträgen, bei Verträgen von dubiosen Stromfirmen oder auch wenn das Fitnessstudio nicht so möchte, wie es eigentlich sollte.

Tiefkühlkost und Vorratshaltung

Die Verbraucherzentrale feiert nun ihren 60. Geburtstag. 1962 ging sie an den Start. Damit war Bremen das letzte Bundesland in der Bundesrepublik, das damals den Menschen verbrauchertechnisch unter die Arme greifen sollten. Doch zu Beginn war das Beratungsangebot überschaubar: Es ging um Fragen zu gesunder Ernährung, Vorratshaltung, Tiefkühlkost oder Küchenplanung.

In den 1970er-Jahren kamen Energieberatung, Wohnberatung, verbraucherkundlicher Unterricht und die Rechtsberatung hinzu. Damals glichen die Räume der Verbraucherzentrale dem eines kleinen Elektrogeschäfts: Anhand von Waschmaschinen, Küchenherden, Tiefkühltruhen oder Staubsaugern zeigte das Beraterteam die Vor- und Nachteile der Geräte. In den 1980er-Jahren führte die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl zu einem Ansturm auf die Beratungsstelle – die Menschen waren einfach verunsichert.

BSE und Lehman Brothers

Das Jahr 2000 begann mit dem BSE-Skandal, im Volksmund auch Rinderwahnsinn genannt. Nach der Insolvenz der Bank Lehman Brothers im Jahr 2008, dem vorläufigen Höhepunkt der Finanzkrise, war die Verbraucherzentrale vor allem Anlaufstelle für Tausende geschädigter und verunsicherter Anleger in Bremen. In der Vergangenheit werteten die Verbraucherschützer ihr Gaspreis-Urteil gegen die Bremer SWB als großen Erfolg: Der Bundesgerichtshof zwang den Versorger zu transparenten Vertragsklauseln.

Längst besteht ein gutes Verhältnis zwischen Verbraucherzentrale und Energieversorger. Denn das Team ist von der SWB offiziell beauftragt, sich um Menschen zu kümmern, die kurz vor der Stromsperre stehen. Ziel ist es, diese abzuwenden. Seit einigen Jahren ist das Beratungsteam auch in den Quartieren unterwegs. Verbraucherschutzsenatorin Claudia Bernhard (Linke) lobte nicht nur dieses Angebot beim Festakt am Mittwochnachmittag in der oberen Rathaushalle: "Bei der finanziellen Ausstattung der Verbraucherzentrale darf es in Zukunft kein 'weniger' mehr geben."

Duschvorhänge für die Büros in der Pandemie-Zeit

Die Vorständin der Verbraucherzentrale, Annabel Oelmann, sagte: "Besonders in Krisenzeiten ist Verbraucherberatung gefragt." Selbst in der Corona-Krise ging die Beratung weiter. Dafür kaufte Oelmann für neun Euro Duschvorhänge, die beim Beratungsgespräch vor Ansteckung schützen sollten.

Doch vor drei Jahren brauchte die Verbraucherzentrale selbst Hilfe: Sie beantragte eine Insolvenz in Eigenverantwortung. "Diese Zeit wünsche ich meinem ärgsten Feind nicht an die Hacken", sagte Oelmann in ihrer Rede. Das Problem damals: Für die Beschäftigten wurde über Jahre in die falsche Rentenversicherung eingezahlt. Dies hätte im schlimmsten Falle eine Zahlungsunfähigkeit bedeutet. In den 1990er-Jahren stand die Verbraucherzentrale erstmals knapp vor dem Konkurs. Durch Kündigungen und Ausweitung der Beratungsgebühren konnte man damals eine Schließung verhindern.

Beratung in den Quartieren ausbauen

In der Zukunft geht es darum, das Beratungsangebot möglichst niedrigschwellig vor Ort in Quartieren wie Huchting oder Osterholz auszubauen. So will das Beratungsteam die Menschen erreichen, die sich eher weniger auf den Weg in die Verbraucherzentrale im Faulenquartier am Altenweg machen würde. Die Unterstützung von den verbraucherpolitischen Sprechern der Fraktionen in der Bürgerschaft hat das Beratungsteam.

Annabel Oelmann, die seit sechs Jahren Vorständin der Verbraucherzentrale ist, ist längst bundesweit in den Medien gefragt, wenn es um Beratung geht. So hat Frank Plasberg sie auch schon zu "Hart aber fair" eingeladen. Beim Festakt in der Rathaushalle drückte es Radio-Bremen-Moderator Felix Krömer, der durch den Nachmittag führte, so aus: "Annabel Oelmann kann in drei Minuten Interview ganze Beratungsgespräche packen und beantwortet Fragen, bevor die überhaupt gestellt wurden." Das Spezialthema der Wirtschaftsjuristin und gelernten Bankkauffrau, die alternativen Geldanlagen, wird in Zukunft auch immer mehr an Bedeutung gewinnen.

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