In Deutschland leiden etwa 5,3 Millionen Menschen an Depressionen – Tendenz steigend. Das hat eine Umfrage der Stiftung Deutsche Depressionshilfe ergeben. Frauen erkranken demnach ungefähr doppelt so häufig wie Männer. Grundsätzlich kann die Krankheit in jedem Lebensalter auftreten. Viele erkranken schon als Teenager. Auch bei Kristina Wilms war das so. Während der Schulzeit machten sich erste Anzeichen bemerkbar, zogen sich bis ins Studium – so lange, bis in Wilms' Alltag irgendwann gar nichts mehr ging.
Viele Jahre und Therapien später gründete Wilms, heute 32, das Berliner Start-up Arya und entwickelte eine gleichnamige App. Als eine Art digitales Krankheits-Tagebuch soll Arya Betroffenen den Alltag und die Genesung erleichtern. Der Fokus der App liegt darauf, das eigene emotionale Befinden und wiederkehrende Verhaltensmuster zu erkennen und zu verstehen.
Konkret läuft das so: Nutzer werden von der App jeden Tag automatisiert aufgefordert, ihre Gedanken und Gefühle in einem Stimmungsprotokoll festzuhalten – eine Emoticon-Skala und eine Liste von Befindlichkeiten zu allen Körperregionen helfen dabei. Depressive Menschen gelangen durch ihre negativen Gedanken meist in eine Art Abwärtsspirale und passive Haltung. Arya soll diesen Strudel durchbrechen, indem Betroffene ihre Gefühlslage und die damit verbundenen Gedanken und Situationen bewusster wahrnehmen. Weil es Betroffenen häufig außerdem schwerfällt, sich aufzuraffen und rauszugehen, gibt es eine Liste mit rund 150 Aktivitätsvorschlägen. Sehen Nutzer in der App, wie viel sie schon unternommen haben, soll das Erfolgserlebnisse schaffen.
Das Besondere an Arya: Zukünftig soll die App von Verhaltensmustern lernen und genau im richtigen Moment die Aktivität vorschlagen können, die dem Nutzer guttut. Diese Funktion ist Teil eines Forschungsprojekts, das Arya im Oktober 2018 gemeinsam mit dem Get-on-Institut gestartet hat, einem Konsortium von Universitäten unter der Leitung der Leuphana Universität Lüneburg und der Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg. Ziel ist, aus Arya einen mobilen Alltagsassistenten mithilfe künstlicher Intelligenz zu entwickeln. Dieser soll durch die Analyse und Kombination verschiedener Daten erkennen können, wie es dem Nutzer geht. Anders gesagt: Arya kann dann individualisiert unterstützen und Tipps geben, mit Problemen und Gefühlen umzugehen. Eine Therapie kann die App aber ausdrücklich nicht ersetzen.