Die Pandemie hat die meisten sozialen Kontakte in die digitale Welt verschoben. Vorstellungsgespräche sind davon nicht ausgenommen. Doch worauf müssen Bewerberinnen und Bewerber achten, wenn sie ihrem potenziellen Arbeitgeber nicht in einem Büro gegenübersitzen, sondern an ihrem Küchentisch? Imke Köhler, freiberuflicher Job-Coach bei der Tertia Berufsförderung, gibt Tipps, worauf Jobsuchende bei der virtuellen Vorstellung bedenken sollten.
Im ersten Schritt sollten die Bewerbungskandidaten überprüfen, dass die Technik funktioniert. „Eine stabile Internetverbindung muss gewährleistet sein“, sagt Köhler. Ob Zoom, Skype, Microsoft Teams oder Webex – die Bewerber sollten sich vorher erkundigen, über welches Programm das Gespräch laufen wird. So hätten sie die Chance, sich mit der Software vertraut zu machen, denn bei manchen ist im Vorfeld eine Registrierung oder Installation notwendig. Dabei sollten sie den eigenen Namen nutzen und keinen Spitznamen, wie es im Internet oft üblich ist. „Das wirkt unprofessionell.“
Wenn die Akustik besser ist, können Bewerbungskandidaten für das Gespräch auf Kopfhörer mit einem eingebauten Mikrofon zurückgreifen. „Das Wichtigste ist, dass Sie sich sicher fühlen“, sagt Köhler. Sie rät, im Vorhinein mit einer anderen Person einen Probelauf zu machen, und zehn bis fünfzehn Minuten vor dem eigentlichen Gespräch fertig zu sein. Das Telefon sollte ausgeschaltet sein, damit sie Störungen vermeiden.
Um die richtige Atmosphäre zu schaffen, muss die Videokamera auf Augenhöhe ausgerichtet sein. Dazu können sich die Bewerber ein kleines Podest bauen, zum Beispiel aus Büchern. So erscheinen sie weder als unterwürfig noch als blickten sie von oben herab. „Der Hintergrund, vor dem ich sitze, sollte möglichst neutral sein“, sagt Köhler. Eine unaufgeräumte Küche oder ein vollgestopftes Regal seien als Kulisse ungeeignet. Oft bieten die Online-Meeting-Programme die Möglichkeit, virtuelle Hintergründe einzustellen. Keine gute Idee für ein Vorstellungsgespräch, findet Köhler. „Die Darstellung wirkt oft sehr künstlich und die Ränder des Gesichts werden angeschnitten.“ Und egal ob analog oder digital, im Vorstellungsgespräch geht es für Bewerberinnen und Bewerber darum, möglichst authentisch zu wirken. Die Kleidung sollte an die Branche angepasst werden, wie bei jedem anderen Bewerbungsgespräch auch.
Versuchen die Technik auszublenden
Am besten richtet die Person ihre Computer-Ecke auf einem Tisch ein, mit einem Stuhl davor. Sich aufs Sofa zu lümmeln sei für ein Vorstellungsgespräch nicht angemessen, sagt Köhler. „Auch der gemütliche Sessel ist besser für private Zwecke geeignet.“ Ein Stuhl sorgt für Körperspannung – und die sei wichtig, um ein gewisses Engagement auszustrahlen. Die Hände sollten auf dem Tisch liegen, sagt Köhler. „Sonst entsteht der Eindruck, Sie hätten etwas zu verstecken.“ Wenn die Bewerberin oder der Bewerber normalerweise im Gespräch viel gestikuliert, dann könne die Person das auch im virtuellen Vorstellungsgespräch machen. Sich so natürlich wie möglich zu verhalten, ist das Ziel. „Sie müssen versuchen, die Technik auszublenden“, sagt die Jobexpertin.
Allerdings schauen sich Personen in analogen Bewerbungsgesprächen auch nicht die ganze Zeit in ihr eigenes Gesicht. „Wir nehmen uns normalerweise nur aus der inneren Perspektive wahr“, sagt Köhler. Wer sich an seinen Anblick auf dem Bildschirm noch nicht gewöhnt hat, könne ungewollt abgelenkt werden und vergessen, sich auf den Inhalt zu konzentrieren. „Die meisten Menschen sind sehr selbstkritisch.“ Hier ist es ratsam, das eigene Bild zu minimieren oder mit einem Klebezettel abzudecken. „Letztlich ist aber alles Gewöhnungssache“, sagt die Expertin.
Um Blickkontakt aufzubauen, sollte das Video des Gegenübers mittig platziert sein. So wirkt es nicht, als blickte der Bewerber rechts oder links vorbei. Köhler sagt, es sei kein Problem, zu Beginn seinen Gesprächspartner zu informieren, dass man noch kurz einige Einstellungen am Programm vornehmen muss. Außerdem ist es laut der Expertin ratsam, zu besprechen, was bei technischen Schwierigkeiten passiert. Findet das Gespräch dann telefonisch statt? Oder wird ein neuer Termin vereinbart? „Technik ist eine schöne Sache, aber manchmal fällt sie aus“, sagt Köhler. Um den Druck herauszunehmen, lohnt es sich, vorher darüber zu sprechen. „In den meisten Fällen hat da niemand Schuld, aber viele Bewerber fühlen sich stark verantwortlich.“
Letztlich gehe es in einem Vorstellungsgespräch um das Gesagte. Vor dem Termin können Bewerber in Erfahrung bringen, wie viel Zeit veranschlagt ist, damit sie nicht durch das Gespräch hetzen müssen. „Die Arbeitgeber möchten Sie kennenlernen und herausfinden, ob Sie ein guter Mitarbeiter wären.“ Darum empfiehlt Köhler, sich auf die Fragen zu konzentrieren und die Technik bestmöglich auszublenden. „Tun Sie so, als sei es ein ganz normales Gespräch.“ Dazu gehörten auch eine natürliche Mimik und Gestik.
Egal ob das Gespräch zu Hause oder vor Ort stattfindet, vor dem Gespräch sollten sich die Bewerbungskandidaten keine Gedanken darüber machen, was alles schiefgehen könnte – sondern sich daran erinnern, was ihnen an der Stelle Spaß bereiten würde und was sie in der Position erreichen könnten. Das fördere direkt eine positivere Ausstrahlung gegenüber dem potenziellen Arbeitgeber, sagt Köhler. „Sorgen können Sie sich einen Tag vorher machen.“