Im Bundesland Bremen drohen in nächster Zeit Warnstreiks im Einzelhandel. Verdi schließt nach Angaben des Bremer Gewerkschaftssekretärs Tobias Uelschen Aktionen nicht aus. Textil- und Möbelgeschäfte oder auch Supermärkte könnten davon betroffen sein. Hintergrund ist die aktuelle Tarifrunde für den Einzelhandel in Niedersachsen und Bremen. Am Donnerstag konnten sich die beiden Seiten, Handelsverband und Gewerkschaft, bei der zweiten Verhandlungsrunde in Hannover nicht einigen. Insgesamt geht es um die Löhne und Gehälter von rund 330.000 Beschäftigten in Niedersachsen und 46.000 im Land Bremen.
Kleinere Aktionen im Zuge der Gespräche gab es bei H&M in Bremen und Bremerhaven in der vergangenen Woche. Die Modekette in der Seestadt musste deshalb laut Uelschen vergangenen Freitag für zwei Stunden schließen. Die Auseinandersetzung traf außerdem Ikea in Bremerhaven gleich zweifach.
Wie es nun konkret in Bremen weitergeht? Verdi macht dazu aus strategischen Gründen keine genaueren Angaben. Der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Nordwest, Jan König, erklärte am Freitag mit Blick auf mögliche Aktionen gegenüber dem WESER-KURIER: "Zum jetzigen Zeitpunkt halten wir Streiks nicht für angemessen." Der Arbeitgebervertreter hält der Gewerkschaft wie berichtet vor, die Situation der Geschäfte nicht voll im Blick zu haben, der stationäre Einzelhandel in den Innenstädten werde vergessen. Die Pandemie finde bei Verdi nicht statt.
In Osnabrück rief die Gewerkschaft am Freitag erneut zu einem Warnstreik auf. Die Beschäftigten machten vor den Filialen auf ihre Forderungen aufmerksam, sagte Gewerkschaftssprecher Maiko Schulz. Zu weiteren Aktionen werde aufgerufen, auch am Sonnabend seien Warnstreiks möglich. Treffen könnte dies unter anderem die Filialen von Kaufland, Ikea und Marktkauf in Osnabrück und Belm. Vor drei Wochen hatte Verdi zu einem ersten Warnstreik in Osnabrück aufgerufen. „Die Beschäftigten im Handel leisten jeden Tag wichtige und sehr gute Arbeit für uns alle. Seit Monaten leiden sie zudem unter schwierigen Umständen und erhöhten Belastungen. Das muss sich in ihrer Entlohnung auch dementsprechend wiederfinden“, sagte Schulz. Die Gewerkschaft fordert unter anderem 4,5 Prozent mehr Lohn und Gehalt sowie eine Erhöhung der Ausbildungsvergütung um 100 Euro bei einer Laufzeit von zwölf Monaten.
Unterschied zwischen Betrieben
Der Handelsverband Niedersachsen-Bremen legte in der Verhandlungsrunde ein erstes Angebot vor. Demnach sollen in den Unternehmen, die gut durch die Corona-Pandemie gekommen sind, die Löhne und Gehälter von Juli an um 2,4 Prozent erhöht werden – aufgeteilt in eine tabellenwirksame Erhöhung von 1,0 Prozent und eine Einmalzahlung von 1,4 Prozent. Weitere Steigerungen von 1,4 Prozent ab Mai 2022 und um zwei Prozent ab Mai 2023 sollen folgen, der Tarifvertrag soll eine Laufzeit von 36 Monaten haben. In Betrieben, die etwa vom monatelangen Lockdown betroffen waren, sollen dem Angebot zufolge Löhne und Gehälter erst ab März 2022 um ein Prozent erhöht werden, weitere Steigerungen sollen ab November 2022 und November 2023 folgen.