Wasserstoff wird bereits seit mehr als 100 Jahren als Energieträger eingesetzt. Und er gilt als einer der Hoffnungsträger bei der Umsetzung der Energiewende. Allerdings nur, wenn er aus regenerativen Energien gewonnen wird. In die Herstellung des sogenannten grünen Wasserstoffs ist in den vergangenen Monaten viel Bewegung gekommen – besonders in Norddeutschland. Aus Sicht der IHK Nord – dem Zusammenschluss der zwölf norddeutschen Industrie- und Handelskammern – sind die fünf Bundesländer sogar „absolute Vorreiter in der Wasserstofftechnologie“. Wo es welche Projekte gibt, das hat die IHK Nord in einer Übersicht dargestellt.
Dass Norddeutschland bei der Suche nach technologischen Lösungen, die eine wirtschaftliche Herstellung des grünen Wasserstoffs ermöglichen, ganz vorne mitspielen will, kommt nicht von ungefähr: Die Region eignet sich dafür, weil besonders durch Onshore- und Offshore-Windanlagen die notwendige erneuerbare Energie erzeugt wird. Gerade in den Situationen, in denen sich die Windräder ordentlich drehen, aber die Nachfrage auf dem Strommarkt gerade gering ist, macht es Sinn, den überschüssigen Strom durch die Herstellung von Wasserstoff zu speichern. Die Karte der IHK mit 50 verzeichneten Wasserstoffprojekten im Norden zeige, wie ausgeprägt die Entwicklung des Rohstoffs als künftiger Energieträger bereits sei, so Janina Marahrens-Hashagen, Vorsitzende der IHK Nord und Präses der Handelskammer Bremen-Bremerhaven.
Treiber der Wasserstoff-Entwicklung in Norddeutschland sind vor allem die Pilot-Forschungs- und Industrievorhaben. Flankiert und unterstützt werden diese Projekte auf Bundes- und Landesebene: Das Bundeskabinett hatte für die Förderung von Wasserstoff-Projekten im Juni ein Volumen von sieben Milliarden Euro auf den Weg gebracht. Das Bundesprogramm, das auch zwei Milliarden Euro für internationale Partnerschaften beinhaltet, wird auf die bestehenden Programme aufgesattelt. Bis 2030 sollen in einem ersten Schritt Erzeugungsanlagen für Wasserstoff von bis zu fünf Gigawatt Gesamtleistung in Deutschland entstehen.
Fokus auf den Verkehrsbereich
Eines dieser Programme für grünen Wasserstoff kommt vom Bundesverkehrsministerium, das bereits 16 Wasserstoff-Regionen in Deutschland fördert. Die Metropolregion Nordwest wird darüber mit 22 Millionen Euro unterstützt. Sie wurde für das Projekt „Hyways for Future“ ausgezeichnet. Ziel ist hier, eine vollumfänglich grüne Wasserstoff-Modellregion mit Fokus auf den Verkehrsbereich aufzubauen – beispielsweise mit Wasserstoff-Tankstellen. Hinter dem Vorhaben steht nach eigenen Angaben ein breit gefächertes Konsortium aus Industrie, Energie und Verkehr.
Bereits im vergangenen Jahr hatten die fünf Nordländer Bremen, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Hamburg und Niedersachsen eine gemeinsame norddeutsche Wasserstoffstrategie verabschiedet und vor allem eine nationale Strategie gefordert. Im Rahmen dieser norddeutschen Wasserstoffstrategie hatte Bremen unter anderem zehn Millionen Euro für die Umsetzung des Modellprojekts „Wasserstoff – grünes Gas für Bremerhaven“ zur Verfügung gestellt, das in gleicher Höhe mit EU-Mitteln gefördert wird. Auf dem Gelände des ehemaligen Flugplatzes Luneort will das Fraunhofer-Institut für Windenergiesysteme mit diesem Geld ein Elektrolyse-Testfeld zur Erzeugung von industriell nutzbaren Wasserstoff aufbauen.
Die Entwicklung und Marktreife dieses Energieträgers werde in erster Linie aber nicht nur lokal umgesetzt, so Janina Marahrens-Hashagen. „Dies zeigt uns auch die Übersicht der vielen flächenübergreifenden Wasserstoffprojekte hier im Norden; der Wirtschaftszweig sollte bundeslandübergreifend funktionieren.“ Darum sei es das Anliegen der IHK Nord, den Aufbau ausschließlich bundeslandbezogener Strukturen im Bereich Wasserstoff zu vermeiden – auch, um Doppelstrukturen auszuschließen. „Was wir daher brauchen, ist ein gemeinsames norddeutsches Wasserstoffcluster“, so die Bremer IHK-Nord-Vorsitzende Marahrens-Hashagen.
Elektrifizierung der Schifffahrt
Wasserstoff gilt als hervorragender chemischer Energiespeicher und -träger. Mit Hilfe von Brennstoffzellen kann Wasserstoff beispielsweise effizient in elektrische Energie umgesetzt werden. Gearbeitet wird unter anderem daran, Brennstoffzellensysteme der nächsten Generation für die Elektrifizierung der Schifffahrt zu entwickeln.