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Deutsches Milchkontor Weitere Bauern kündigen DMK-Verträge

Der Bremer Molkereikonzern DMK will sich mit Markenprodukten unverwechselbar machen. Die Landwirte sind dennoch unzufrieden: Zehn Prozent der Milchmenge könnte dem DMK verloren gehen.
20.06.2018, 20:50 Uhr
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Weitere Bauern kündigen DMK-Verträge
Von Florian Schwiegershausen

Es ist ein Auf und Ab mit dem Milchpreis. Für die Milchbauern ist er der wichtigste Wert. Das gilt auch für Landwirte, die der Genossenschaft Deutsches Milchkontor DMK (Milram) angeschlossen sind. 500 von ihnen kamen am Mittwoch nach Hannover zur jährlichen Versammlung von Deutschlands größter Molkereigenossenschaft, die ihren Hauptsitz in Bremen hat.

Molkereichef Ingo Müller präsentierte zwar auf der einen Seite, wie sich das Unternehmen neu aufgestellt hat, auf der anderen steht das DMK derzeit mit dem Milchgeld wiederum nur im Mittelfeld. Der Umsatz lag 2017 bei 5,8 Milliarden Euro. Das entspricht einem Plus von knapp 13 Prozent. Der Konzernjahresüberschuss wurde laut Unternehmensangaben mit 29,6 Millionen Euro mehr als verdoppelt.

Die Eigenkapitalquote sei mit 31 Prozent stabil. Der DMK-Vorstandsvorsitzende Ingo Müller sagte vor den Teilnehmern im Hannover Congress Centrum: „Wir haben die DMK Group völlig neu strukturiert. Jetzt spüren wir die ersten positiven Effekte. Das Jahr 2017 war ein gutes Jahr für uns: Erstmals haben wir einen Milchpreis über dem Durchschnitt der deutschen Molkereien erwirtschaftet und ausgezahlt.“

Das sieht 2018 schon wieder anders aus. Im Mai lag der Milchpreis des DMK laut Fachmagazin "Agrar heute" bei 31,8 Cent pro Liter. Darin eingepreist ist ein Zuschlag für gentechnikfreie Milch. Den erhalten Landwirte, die ihre Kühe mit genetisch unverändertem Futter versorgen. Immerhin ist das DMK inzwischen in Europa größter Lieferant gentechnikfrei erzeugter Milch.

Mit diesem Preis befand sich das DMK im Mai aber auf einem unteren Platz im Mittelfeld. Die Arla-Käsereien zahlten dagegen 36,9 Cent pro Kilogramm oder Liter und waren damit Spitzenreiter. Die Preisspanne zwischen dem höchsten und niedrigsten Milchpreis lag bei 7,3 Cent pro Kilo. Jetzt im Juni zahlt die DMK Group einen Cent mehr.

Trotz des Umbaus: Es gibt erneut Landwirte, die der Molkerei den Rücken kehren. In Kündigung stehen zehn Prozent der bis Ende des Jahres verarbeiteten Milch. Dadurch könnten 800 Millionen Liter Milch entfallen. Bei der Hälfte gibt es voraussichtlich auch kein Zurück mehr.

Unternehmen setzt auf drei Säulen

Weil der Trend bei den Bauern besteht, sich nicht mehr so lang binden zu wollen, hatte die Genossenschaft im vergangenen Jahr ihre Satzung geändert. Diese ermöglicht nun, sich in Zukunft nicht mehr über zwei Jahre an die DMK binden zu müssen. Wer kündigt, kann mit einem zusätzlichen Antrag die sogenannte Andienungspflicht auf ein Jahr reduzieren.

Doch Verträge bestehen ja weiterhin mit den Handelsketten, um auch die Milchprodukte für deren Eigenmarken herzustellen. Um den Ausfall der Milchmengen zu kompensieren, will das Unternehmen in Zukunft auf drei Säulen beim Rohstoffmanagement setzen. Als Erstes habe immer die Milch der Genossenschaftsmitglieder Vorrang.

Gegenüber den Landwirten gibt es eine Abnahmegarantie. Wenn das nicht reicht, will die DMK Group Milch von weiteren Bauern auf dem Markt dazukaufen. Zudem wird Rohmilch verarbeitet, die Kooperationspartner für Milchprodukte zur Eigenvermarktung anliefern – also eine Art Lohnproduktion, wo gar eine Zusammenarbeit mit dem Mitbewerber Arla erfolgt.

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Molkereichef Ingo Müller sagte dazu: „Mit diesen drei Quellen können wir flexibel auf unterschiedliche Markt- und Unternehmenssituationen reagieren. Wir können unsere Werke passgenau auslasten und unsere Wertschöpfung erhöhen.“ Das war zuvor anders: Im vergangenen Jahr wurden sogar drei Werke geschlossen. Ende Juni nun will das Unternehmen sein Programm zur Neuorganisation vollständig umgesetzt haben.

Unter dem Titel "Move" wurde das DMK komplett umgekrempelt. Rund 1500 Mitarbeiter erhielten in diesem Zusammenhang eine neue Funktion. Entstanden sind sechs eigenständige Geschäftseinheiten. Ein Verharren in alten Strukturen soll es laut Müller nicht mehr geben: „Der tief greifende Wandel in unserem Unternehmen hat uns viel abverlangt. Und wir werden in Bewegung bleiben, denn wir agieren auch in Zukunft auf einem höchst volatilen Markt."

Mit neuen Markenprodukten versucht sich das DMK unverwechselbar zu machen. Unter der bekanntesten Marke Milram kamen erstmals Eis und Skyr, eine Art dickflüssiger Joghurt isländischen Ursprungs, in die Kühltheken. Hinzu kamen auch neue Schnittkäse-Produkte und Buttermilch-Drinks. Außerdem produziert der Konzern nun in Lizenz Baileys-Eis.

Schlechte Verhandlungsposition

Ottmar Ilchmann, Niedersachsens Vorsitzender der kritischen Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (ABL), spricht in Bezug auf die Neuerungen des DMK von "zaghaften Schritten" und vermisst vor allem eine durchgreifende Qualitätsoffensive. "Bei Bio-Milch oder Weidemilch würde ich mir mehr Engagement beim DMK wünschen", sagte Ilchmann, der selbst Milchbauer ist.

Das sei eine Nische, die man für die Wertschöpfung nutzen könne. Schon in der Vergangenheit kritisierte Ilchmann die Beliebigkeit der DMK-Produkte: „Wer austauschbare Massenware verkauft, hat eine schlechte Verhandlungsposition.“ Nun geht es beim DMK wieder mehr um Marke statt Discounter-Eigenmarke. Allerdings reagiert der Konzern laut Ilchmann meistens nur auf Druck.

Die Kündigungen von unzufriedenen Bauern seien ein Warnruf gewesen. Doch Durchschnittspreise von 31 Cent pro Kilo reichen als Milchgeld laut Bundesverband deutscher Milchviehhalter gerade mal, um Rechnungen zu zahlen. Nach Angaben der EU-Kommission ist mit Stand Januar 2018 ein Milchgeld von 41,81 Cent pro Liter für ein auskömmliches Wirtschaften notwendig.

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