Hamburg/Bremerhaven. Hamburg hat seit eineinhalb als erster deutscher Hafen eine Landstromanlage für Kreuzfahrtschiffe in Betrieb. Kiel will 2019 eine Anlage für die norwegische Fährrederei Color Line sowie ein Jahr später auch am Kreuzfahrtterminal installieren. Und auch Rostock will 2020 diese Form der Energieversorgung anbieten. In Bremerhaven will die Hafengesellschaft Bremenports diesen Weg vorerst jedoch nicht gehen.–
Hamburg hat mit seiner Landstrom-Anlage für Kreuzfahrtschiffe am Terminal Altona einen Trend gesetzt, der sich nach Ansicht von Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) zunehmend durchsetzen wird. „Einer muss anfangen, auch wenn er dann vielleicht noch technisch einiges nachbessern muss“, sagte Tschentscher am Donnerstag bei einem Besuch auf der „Aida Sol“, die in Hamburg während ihrer Liegezeiten mit Landstrom versorgt wird und deshalb die Dieselmotoren abschalten kann. Andere Hafenstädte und Reedereien zögen nun nach. „Wir können Schiffe mit laufendem Motor inmitten der Großstadt nicht brauchen.“
Die Landstrom-Anlage am Kreuzfahrt-Terminal Altona wurde 2016 als Pilotprojekt in Betrieb genommen und läuft nach einer ausgiebigen Testphase seit April 2017 im Regelbetrieb. In diesem Jahr versorgt sie die „Aida Sol“ bei 22 Anläufen mit Landstrom. Zahlreiche Vertreter von Kreuzfahrthäfen und -reedereien hätten sich die Anlage bereits angesehen, um ähnliche Projekte zu planen, berichtete Tino Klemm von der Hamburger Hafenbehörde HPA. Im kommenden Jahr soll die „Europa 2“ von Hapag-Lloyd Cruises als weiterer Kunde die Anlage nutzen. Auch das neue Kreuzfahrt-Terminal in der Hafencity soll eine Landstrom-Anlage erhalten. Am Terminal Steinwerder können sich die Schiffe mit Strom aus verflüssigtem Erdgas LNG versorgen.
In Hamburg nutzte bislang nur die „Aida Sol“ die Landstromanlage. Die Nachfrage ist noch gering und nur ein kleiner Teil der Kreuzfahrtschiffe wäre in der Lage, sich mit Strom zu versorgen. Auch wenn die technischen Standards für Landstrom, zum Beispiel für die elektrische Spannung und die Anschlüsse, mittlerweile weltweit vereinheitlicht sind, scheuen sich Reeder häufig noch, Landstrom-Technik auf dem Schiff zu installieren. Immerhin verursacht eine solche Investition nach Angaben des Verbands Deutscher Reeder (VDR) Kosten von 500 000 bis eine Million Euro. Außerdem mache eine Umrüstung für Reedereien nur dann Sinn, wenn regelmäßig die gleichen Häfen angelaufen würden – und auch dort überall die notwendige Infrastruktur vorhanden sei, sagt VDR-Sprecher Christof Schwaner. Hinzu komme, dass die EEG-Umlage Landstrom in Deutschland unverhältnismäßig teuer mache. Er helfe zwar, die Emissionen in der direkten Umgebung eines Schiffes zu senken, wichtig sei aber auch, wie sauber der Strom erzeugt worden sei, ob er zum Beispiel aus erneuerbaren Energien oder aus einem Kohlekraftwerk komme.
Landstrom ist für die Reedereien etwa drei Mal so teuer wie der Strom, der mit Dieselgeneratoren an Bord der Schiffe produziert wird. Allerdings stehen die Kreuzfahrt-Unternehmen unter Druck, ihre Umweltbilanz zu verbessern, und investieren deshalb in neue Technologien. „Wir arbeiten kontinuierlich daran, die Umweltauswirkungen unserer Kreuzfahrten auf ein Minimum zu reduzieren“, teilt Tui Cruises mit. Dabei sei der größte Hebel, den Einsatz von Treibstoff zu verringern. Das Unternehmen begleitet nach eigenen Angaben schon seit einigen Jahren aktiv die Landstromentwicklung. „Unsere Schiffe sind vorausgestattet für einen Landstromanschluss und könnten innerhalb kürzester Zeit so nachgerüstet werden, dass wir in den Häfen Landstrom nutzen können“, sagt ein Sprecher. Allerdings gebe es derzeit nur in Oslo und in Hamburg überhaupt die Möglichkeit, einen Landstromanschluss zu bekommen – und dort sei es dann auch noch vom jeweiligen Liegeplatz abhängig.
Tui Cruises hat derzeit keinen Bedarf
Eine entsprechende Nachrüstung könne jederzeit vorgenommen werden, sei aber erst rentabel, wenn hinreichend viele Häfen über Landstromanlagen oder mobile LNG-Bargen verfügen. „Aus diesem Grund ist das für uns derzeit keine Option und wir setzen lieber bei unseren Neubauten auf ein kombiniertes Abgasnachbehandlungssystem“, stellt Tui Cruises klar.
Auch in Bremerhaven setzt man sich mit dem Thema Landstromanlage für den gesamten Hafen auseinander. „Wir sehen aber nicht, dass es auf Seiten der Reedereien eine große Nachfrage nach Landstrom gibt“, sagt Robert Howe, Geschäftsführer von Bremenports. Entsprechend übersichtlich seien die Anstrengungen, die Schiffe überhaupt technisch dafür auszurüsten. Insofern gebe es derzeit keine Veranlassung, eine öffentlich finanzierte Landstromanlage einzurichten. Man dürfe in diesem Zusammenhang vor allem auch nicht das Verursacherprinzip aus den Augen verlieren. Denn für die schlechten Emissionen sei allein die Schifffahrt selbst verantwortlich. Das sei das eigentliche Problem. Da müsse sich hinsichtlich sauberer Schifffahrt massiv etwas ändern. Gutes Beispiel dafür sei die Kreuzfahrtindustrie: Dort werde bei Neubestellungen vermehrt auf verflüssigtes Erdgas (LNG) als Antriebsart gesetzt.
„Dennoch denken wir darüber nach, wie man Strom für die bordeigene Versorgung in der Übergangsphase, also bis Schiffe mit sauberen Antrieben unterwegs sind, im Hafen anbieten kann“, sagt Howe. Interessant seien in diesem Zusammenhang sogenannte LNG-Power-Pacs. Mit diesen Anlagen könnten Schiffe während ihrer Liegezeit mit Strom aus LNG-betriebenen Generatoren versorgt werden. Der Generator befindet sich dabei in einem Spezialcontainer, der nach dem Festmachen an Bord abgesetzt wird und das Schiff mit Energie versorgt. „Unabhängig davon sind die Häfen in Bremen und Bremerhaven im Bereich der Landstromversorgung für die Binnenschifffahrt bereits gut aufgestellt.“ Jedes Binnenschiff könne an einem Landstrom-Liegeplatz festmachen.
Die zehn Millionen Euro teure Landstrom-Anlage in Altona wurde vom Bund und der EU mit 7,2 Millionen Euro gefördert. Die „Aida Sol“ benötigt eine Leistung von etwa 4,5 Megawatt, sodass während einer achtstündigen Liegezeit circa 36 Megawattstunden verbraucht werden. Das entspricht dem Strombedarf einer Kleinstadt.
Erneuter Passagierrekord in Bremerhaven
Es gibt zwar noch fünf Anläufe in diesem Jahr, aber das Columbus Cruise Center Bremerhaven (CCCB) hat am Donnerstag bereits Bilanz für die noch laufende Kreuzfahrtsaison gezogen: Danach rechnet das CCCB mit 230 000 Passagieren, die von der Columbuskaje aus in den Urlaub gestartet sind – ein neuer Rekord. Aber auch der wird wie der Rekord im vergangenen Jahr (165 000 Passagiere) nur ein Jahr Bestand haben: Im nächsten Jahr werden 260 000 Passagiere erwartet. Die Saison startet am CCCB 2019 am 4. Mai. Der Kreuzfahrtboom, der sich in anderen deutschen Häfen deutlich früher bemerkbar gemacht hat, ist damit nun auch endgültig in Bremerhaven angekommen: 2016 lag die Passagierzahl noch bei 100 000. In diesem Jahr wird es in Bremerhaven zum Abschluss der Saison insgesamt 111 Anläufe geben. Zum ersten Mal machten an der Colmbuskaje die Kreuzfahrtschiffe „Costa Mediterranea“, „Seabourn Ovation“, „Mein Schiff 1“, „Azamara Journey“ und die „Marella Discovery“ fest. Laut CCCB stehen fürs kommende Jahr bereits jetzt 120 Kreuzfahrtschiffs-Anläufe fest.