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Alter Wein für junges Publikum Wie Bremer Weinhändler jüngere Kunden gewinnen wollen

Bremer Weinhändler wünschen sich mehr jüngere Kundschaft. Gelingen soll dies durch neue Konzepte, wie beim Ratskeller. Aber auch durch die richtige Vermittlung von Leidenschaft und Emotionen.
31.01.2017, 00:00 Uhr
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Von Florian Schwiegershausen

Bremer Weinhändler wünschen sich mehr jüngere Kundschaft. Gelingen soll dies durch neue Konzepte, wie beim Ratskeller. Aber auch durch die richtige Vermittlung von Leidenschaft und Emotionen.

Der Umbau des Ratskellers ist in vollem Gange. Das Ladenlokal wird um zwei Räume erweitert, auf die die Senatsverwaltung zugunsten des Ratskellers verzichtet. So sollen die bisher beengten Verkaufsräume mehr Platz bieten für Weinproben und kleine Events für Gruppen bis zu zehn Personen. Alles soll etwas heller werden. Ziel ist es, mehr jüngere Kundschaft zu gewinnen. Doch ob Ratskeller oder auch andere Weinhändler in Bremen: Wie können es die Geschäfte schaffen, jüngere Menschen für Wein zu interessieren? Und wie schaffen Sie es, Leuten unter 30 zu vermitteln, dass es sich durchaus lohnt, auch mal einige Euro mehr in eine Flasche Wein zu investieren? Der WESER-KURIER hat sich beim Ratskeller sowie anderen traditionellen und etwas jüngeren Händlern in Bremen umgehört.

Die Mehrheit sagt: Es gehe darum, Leidenschaft und Emotionen zu vermitteln. Die eigene Leidenschaft ist bei Karl-Josef Krötz nicht zu überhören, wenn ihm jemand kurz ein Stichwort gibt. Er ist der Ratskellermeister und stammt gebürtig von der Mosel. Er ist also mit Wein aufgewachsen und sagt: „Bei Führungen durch den Ratskeller haben wir oft jüngeres Publikum dabei. Und wir selbst wiederum haben auch eine junge Mannschaft. Wenn die dann bei der Führung die Emotion rüberbringt, die zum Wein einfach dazugehört, dann schafft man es, auch einem jüngeren Publikum zu vermitteln, dass sich Weine jenseits der 2,49 Euro lohnen“.

Bei den Führungen nach Feierabend kriegen die Besucher die Katakomben zu Gesicht, die ihnen sonst verschlossen bleiben. Mehr als 500 Kellerführungen sind es pro Jahr. Wichtig dabei aber auch im Geschäft ist laut Krötz: „Niemals oberlehrerhaft sein.“ Und das mit der Emotion solle in den Verkaufsräumen künftig eine „etwas zeitgemäßere Bühne“ erhalten, wie Krötz es nennt. Gleichzeitig soll der Ratskeller zu einer kleinen attraktiven Note für Besucher in der Innenstadt werden. So wolle man auf der einen Seite weiterhin die Tradition vermitteln, der der Ratskeller aufgrund des Weltkulturerbe-Status verpflichtet sei, aber gleichzeitig „mit etwas frischem Wind nach vorn gehen“.

Online-Käufer geben mehr Geld für Wein aus

Dies sei der richtige Weg, meint auch der Sprecher des Deutschen Weininstituts in Rheinland-Pfalz, Ernst Büscher: „Wein ist ein emotionales Getränk, und diese Emotionen müssen Sie vermitteln.“ So gebe es beispielsweise zahlreiche Menschen, die mit einem bestimmten Wein eine Erinnerung an ihren Urlaub verbinden. Damit könne der stationäre Handel punkten – in Konkurrenz zum Online-Handel. Laut einer repräsentativen Erhebung vom Oktober 2015 haben 57 Prozent der Befragten bereits ein- oder mehrmals Wein im Internet gekauft. 73 Prozent gaben bei der Umfrage, die der Studiengang Weinbetriebswirtschaft der Hochschule Heilbronn gemacht hatte, an, dass sie zukünftig online oder sowohl online als auch im stationären Handel ihren Wein kaufen wollen. Viele der Online-Käufer greifen übrigens bei Weinen zu, die pro Flasche fünf Euro und mehr kosten – ganz im Unterschied zur Discounter-Ware.

Einer der Anbieter aus Bremen, die den Online-Handel mit dem stationären Handel verbinden, ist Ludwig von Kapff. Das Weinhaus ist nicht ganz so alt wie der Ratskeller und ist Teil des Bremer Weinimportgeschäfts von Eggers & Franke. Auch wenn die Geschichte von Kapffs auf 1692 zurückgeht, liegen die Wege des Unternehmens voll im Trend des 21. Jahrhunderts, um jüngeres Publikum anzusprechen. „Wir haben unseren Facebook-Account und machen auch sonst viel über Social Media“, berichtet Lars Kaniok von der Geschäftsführung.

Außerdem arbeite man verstärkt mit sogenannten Food-Bloggern zusammen. Die schreiben auf ihren eigenen Internetseiten Berichte rund ums Essen, die eher von jüngeren Menschen gelesen werden. 2016 wurden einige der Food-Blogger eingeladen, um sich mal kennenzulernen. „Einige von denen hatten etwas Schwellenangst, weil sie sich zuvor nicht sehr mit Wein beschäftigt hatten“, erinnert sich Kaniok. Hinterher seien sie ganz begeistert nach Hause gefahren.

Bar-Konzept soll jüngeres Publikum ansprechen

Über den Versand- und Online-Handel hinaus verkauft von Kapff die Weine auch in Geschäften vor Ort. In Bremen gibt es neben dem Geschäft in der Überseestadt auch einen Shop in Schwachhausen in der Wachmannstraße. Auch dort ist Veränderung angesagt, wie Kaniok sagt: „Wir wollen weg vom reinen Verkaufsgeschäft und mehr hin zu einem Bar-Konzept.“ Damit sollen Menschen von 30 bis 35 Jahren angesprochen werden. „Dabei setzen wir außerdem auf junge Mitarbeiter, die die Weine auf eine offene Art erklären“, ergänzt Kaniok. Dieses Konzept werde nun in allen Filialen umgesetzt.

Zuversichtlich, was die junge Zielgruppe angeht, zeigt sich auch Tim Kalbhenn. Sein Geschäft am Schüsselkorb feiert in vier Jahren 100-jähriges Bestehen. „Neulich war ein junges Pärchen bei mir im Geschäft, das in Australien war und dort immer einen bestimmten Wein getrunken hat“, erinnert sich der Firmen-Inhaber. In seinem Geschäft wurden die beiden fündig. „Und beispielsweise vor Weihnachten hatte ich auch viele Jüngere hier, die für ihre Eltern Wein gekauft haben, um ihn zu verschenken.“

Locken lässt sich die junge Zielgruppe laut Kalbhenn aber offenbar auch mit Gin. Die Gin-Tastings, die er zusammen mit der Bremer Brennerin Birgitta Rust veranstaltet, seien regelmäßig ausgebucht und speziell von jungen Menschen nachgefragt, die dann anschließend zu ihm ins Geschäft kämen, berichtet Kalbhenn. „Oder die haben in der Bar einen Gin probiert und kommen danach zu mir.“ Dabei schauten sie auch genauer in seine Weinregale. „Damit wächst meine nächste Generation von Stammkundschaft heran“, freut sich Kalbhenn. Wie andere Bremer Weinhändler die Jüngeren für sich gewinnen wollen, verraten sie unten.

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