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Hilfe für Start-ups Netzwerk soll Frauen ermutigen

Die meisten Start-ups werden noch immer von Männern gegründet. Um die Hürde für Frauen zu senken, will der Verein Encourageventures explizit Gründerinnen ermutigen und fördern.
17.06.2021, 17:03 Uhr
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Netzwerk soll Frauen ermutigen
Von Rebecca Sawicki

Um Start-up-Gründerinnen den Zugang zu Kapital und Kontakten zu erleichtern, haben rund 60 Managerinnen großer Konzerne sowie Politikerinnen ein Unterstützernetzwerk gegründet. Unter dem Namen Encourageventures wollen sie junge Unternehmen in allen Wachstumsphasen begleiten und unterstützen, solange mindestens eine Frau zum Gründerteam gehört.

Das Netzwerk verfolge den Ansatz, „Gründerinnen von der Gründungsidee bis zum Börsengang zu begleiten“, teilt Initiatorin Ina Schlie mit. „Dabei ermutigen wir sie, die nächsten Schritte zu gehen, groß zu denken und stehen ihnen während ihres gesamten Wegs mit Kapital, Know-how und Kontakten beratend zur Seite.“

Eine gute Idee, findet Astrid Hesse, vom Bremer Start-up Bas&Aer. Sie selbst habe sich bei der Gründung nicht benachteiligt gefühlt. Trotzdem geht sie davon aus, dass gerade ein Mentorenprogramm für viele Frauen den Schritt hin zur Gründungsabsicht erleichtern könne. „Ich habe während meines Studiums auch an einem Mentorenprogramm für die Zeit danach teilgenommen. Darin ging es vor allem um Persönlichkeitsentwicklung und Selbstvertrauen“, sagt sie.

Bas&Aer wurde 2017 mithilfe der Gründungsberatungsstelle Starthaus gegründet. Dort seien alle Gründungsvorhaben auf dieselbe Stufe gestellt worden. Das Unternehmen bietet Kunden Designmöglichkeiten an. Allerdings gibt es neben dem Angebot des klassischen Kommunikationsdesigns – also Flyer, Corporate Design oder Webseiten – auch Workshops. „Oft wissen die Kunden nicht, welche Lösung die beste ist. Wir erarbeiten sie dann gemeinsam“, sagt Hesse. Was ihr im Berufsalltag allerdings auffalle: „Als Frau habe ich das Gefühl, präsenter sein zu müssen als meine männlichen Kollegen. Ich werde schneller unterschätzt.“

Das Gründerinnen-Netzwerk will neben Know-how auch Geld zur Verfügung stellen: Geplant ist demnach der Aufbau eines 100 bis 200 Millionen Euro schweren Fonds, aus dem Investitionen getätigt werden sollen. Dies soll unter anderem mit der Beteiligungsgesellschaft Auxxo geschehen. Aus Sicht des Netzwerks haben es von Frauen geführte Start-ups nach wie vor deutlich schwerer, an Kapital zu kommen. „Nur fünf Prozent der Gründerinnen-Teams haben laut Female Founders Monitor 2020 bereits eine Million Euro oder mehr externes Kapital erhalten“, teilt Alexa Gorman mit, die beim Softwarekonzern SAP die globalen Start-up-Aktivitäten leitet. „Bei den Gründerteams sind es dagegen rund 30 Prozent.“

Wie schwer es ist, als Frau ein Start-up zu gründen, weiß auch Sandra Bührmann. Ihr erstes Unternehmen gründete sie vor 16 Jahren, ihr aktuelles dann im Jahr 2018. „Im direkten Vergleich kann ich sagen, dass sich viel verändert hat“, sagt Bührmann. Sie verkauft über die online Plattform mom-to-mom selbstkreierte Kräutertees für Frauen. Die Idee dazu hatte sie während ihrer dritten Schwangerschaft. Angegangen ist sie den Plan, als ihr Kind in den Kindergarten kam.

Bei ihrer ersten Gründung vor 16 Jahren hatte sie das Gefühl, dass sie es als junge Frau schwer hatte, ernst genommen zu werden. Es sei ein harter Kampf gewesen,  Investoren für die damalige Dienstleistungsfirma zu finden. „Als dann aber die ersten Projekte gut liefen, lief auch das Unternehmen.“ Damals hatte Bührmann eine Dienstleistungsfirma im Bereich Lagerung und Qualitätskontrolle gegründet, gemeinsam mit zwei Männern.

Heute hat sie hingegen viel Kontakt zu Frauen, die alleine gegründet haben. „Ich finde aber, wir sollten uns in der Szene noch mehr vernetzen“, sagt sie. So sei ihr aufgefallen, dass es gerade Frauen schwerfalle, Kontakte die sie hätten, auch zu nutzen oder um Hilfe zu fragen. Das größte Problem, das von einer Gründung abhalte, sei aber oft das Misstrauen, das es funktionieren kann. „Viele haben Angst und trauen sich eine Gründung nicht zu“, sagt Bührmann. Ein Netzwerk wie Encourageventures könne helfen, Frauen zu ermutigen. Ein weiteres Problem: Die Menschen, die Risikokapital verteilen, seien häufig Männer. „Wenn ich einem Mann erzähle, warum ich Tee für Frauen mache, kann es sein, dass er mir nach drei Sätzen nicht mehr zuhört“, sagt Bührmann. Zu den Unterstützerinnen des neuen Netzwerks gehören neben Schlie und Gorman unter anderen die frühere Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries, die Güterverkehrschefin der Deutschen Bahn, Sigrid Nikutta, sowie Douglas-Chefin Tina Müller.

Zur Sache

Männliche Führungsriege

Frauen schaffen es einer Studie zufolge bislang kaum in die Topetagen börsennotierter ehemaliger Start-ups wie Delivery Hero. „Die Jungunternehmen wiederholen den Konstruktionsfehler der vorhergehenden Generation: Sie wachsen ohne Frauen“, schreiben die Geschäftsführer der gemeinnützigen Allbright-Stiftung, Wiebke Ankersen und Christian Berg, in der Studie. Die deutsch-schwedische Stiftung setzt sich für mehr Frauen und Diversität in den Führungspositionen der Wirtschaft ein.

Bei den zehn Unternehmen, die in den vergangenen 15 Jahren gegründet wurden und in einem der Indizes der Dax-Familie vertreten sind, liegt der Frauenanteil im Vorstand bei 5,4 Prozent. Im Schnitt der 160 Unternehmen aus Dax, MDax und SDax sind es 12,6 Prozent. Viele der Börsenneulinge waren zuvor Start-ups, die in Deutschland überwiegend von Männern gegründet werden.

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