Bremen Stadtteile Osterholz Verden Diepholz Delmenhorst Wesermarsch Oldenburg Rotenburg Cuxhaven Bremerhaven Niedersachsen

Mit dem Magazin "Think Quarterly" will Google sich selbst überprüfen Wie viele Daten sind noch gut?

Bremen. Als dieser Tage beim Bremer Beratungsunternehmen Nextpractice Post von Google eintraf, handelte es sich nicht um eine E-Mail. Der Postbote legte ein Paket aus echtem Karton auf den Empfangstresen. Adressat war der geschäftsführende Gesellschafter Peter Kruse. Der Bremer Psychologie-Professor und Unternehmensberater ist einer von nur 1500 ausgewählten Personen weltweit, die die erste Ausgabe des Google-Magazins "Think Quarterly" (deutsch: vierteljährlich denken) bekommen haben. Es dreht sich dabei alles um das Thema Daten. Und darin gilt Kruse als eine weltweite Koryphäe.
07.04.2011, 05:00 Uhr
Jetzt kommentieren!
Zur Merkliste
Von Günther Hörbst

Bremen. Als dieser Tage beim Bremer Beratungsunternehmen Nextpractice Post von Google eintraf, handelte es sich nicht um eine E-Mail. Der Postbote legte ein Paket aus echtem Karton auf den Empfangstresen. Adressat war der geschäftsführende Gesellschafter Peter Kruse. Der Bremer Psychologie-Professor und Unternehmensberater ist einer von nur 1500 ausgewählten Personen weltweit, die die erste Ausgabe des Google-Magazins "Think Quarterly" (deutsch: vierteljährlich denken) bekommen haben. Es dreht sich dabei alles um das Thema Daten. Und darin gilt Kruse als eine weltweite Koryphäe.

Dass ein Unternehmen, das mit dem Internet und dem Sammeln digitaler Informationen zur wertvollsten Marke der Welt aufgestiegen ist, ein solches Magazin produziert, ist ungewöhnlich. Mark Brittin, Google-Chef für Großbritannien und Irland, erklärt es im Vorwort des Magazins so: "Wir bei Google denken oft, dass Geschwindigkeit die vergessene ,Killer Application' ist - die Zutat, die die Gewinner vom Rest unterscheidet. Wir wissen, dass desto schneller wir die Ergebnisse abliefern, umso mehr die Leute unseren Service nützlich finden. Aber in einer Welt, die sich immer schneller ändert, brauchen wir Zeit, um zu reflektieren. Think Quarterly ist eine Atempause in einer viel beschäftigen Welt. Es ist ein Platz, um eine Auszeit zu nehmen und zu betrachten, was passiert und worauf es ankommt."

In der ersten Ausgabe, in der Kruse auf sechs Seiten mit seinem Modell der Analyse von Kulturmustern und deren Nützlichkeit für Unternehmensentscheidungen präsentiert wird, geht es um Daten. Wie können sie sinnvoll genutzt werden? Wie ist es möglich, in dem täglichen, nicht enden wollenden Informationsfluss jene Muster zu erkennen, die helfen, die richtigen Entscheidungen zu treffen? Über allen Beiträgen steht die Frage: Sind Daten gut oder schaden sie? Die Antwort der meisten Experten, darunter Vodafone-Chef Guy Laurence und Hal Varian, Chefökonom von Google, lautet: Daten sind gut. Allerdings sind weniger besser als mehr.

Gnadenlose Managementwelt

Peter Kruse ist ziemlich beeindruckt von dem Produkt, das der Internetkonzern produziert hat. "Für Google-Verhältnisse fast schon buchverliebt", sagt er. Man merke, dass das Unternehmen in dieser für sich anderen Welt die Erwartungen erfüllen wolle. Das Magazin hat einen festen Einband, ganz in weiß. Das Titelbild ist ein stilisiertes Gehirn, das aus den Wörtern think und Data gebildet wird. Darin ist eine rote Glühbirne zu sehen. Dem Buchrücken ist zu entnehmen, dass Kruse den Band 1317 von 1500 erhalten hat.

Die exklusive Sonderedition für 1500 Google-Partner ist jedoch nur ein Instrument, um öffentliche Aufmerksamkeit zu erregen. Denn das Magazin kann auch auf einer eigenen Homepage (www.thinkquarterly.co.uk) gelesen und von dort als Datei heruntergeladen werden. Davon haben eine Menge Leute Gebrauch gemacht: 6,2 Millionen Mal wurde das neue Magazin am ersten Tag nach Erscheinen vor gut einer Woche angeklickt.

Das bedeutet: auch 6,2 Millionen Blicke auf den Beitrag über den Bremer Organisationspsychologen Peter Kruse und seine Firma Nextpractice. Was er und seine rund 30 Mitarbeiter machen, ist - vereinfacht gesagt - Komplexitäten zu reduzieren. Sie filtern mit ihrem nach eigenen Angaben weltweit einzigartigen Instrument Zusammenhänge aus der Datenflut, bereiten sie dann so auf, dass Entscheider eine Antwort bekommen auf die wichtigste Frage, die sich einem Manager stellt: Was passiert als nächstes?

Weil jedoch die die Geschwindigkeit und Komplexität von Informationsströmen in den letzten Jahren dramatisch gestiegen sind, sich dadurch auch die Märkte in rasanter Weise wandeln und es vor allem in großen Unternehmen immer schwerer wird, mit den Entwicklungen Schritt zu halten, sei eine "gnadenlose Managementwelt entstanden", sagt der gebürtige Münsterländer mit dem grauen Rauschebart. "Es wurden Dynamiken entfacht, die es Entscheidern in Unternehmen kaum noch ermöglichen, komplexitätsmindernde Muster zu erkennen."

Dass sich Google nun solcher Themen annimmt und sie mit einem Magazin auch in eine journalistische Form packt, hat nach Ansicht Kruses einen einfachen Grund: "Das Unternehmen will nicht als die böse Datenkrake gelten, die nur Informationen sammelt und damit viel Geld verdient. Es will, dass die Menschen das Sammeln von Daten auch als eine positive Sache sehen."

Die Menschen davon zu überzeugen, fällt Google jedoch schwer. Das Unternehmen bestimmt mit seiner Suchmaschine den Markt - 80 Prozent aller Anfragen laufen über Google. Mit dem Straßendienst "Street View" hat sich das Unternehmen zuletzt vor allem in Deutschland mächtigen Ärger mit Datenschützern eingehandelt. Aber vor allem die riesige Masse an in Sekundenschnelle scheinbar willkürlich zur Verfügung gestellter Information ist es, die Google das Image eines gigantischen Internet-Staubsaugers verpasst haben, der alle Daten ohne Ansehen von Güte oder Nützlichkeit in sich aufsaugt.

Der Daten-Experte Kruse würdigt zunächst einmal die gute Absicht, die Google mit dem Magazin "Think Quarterly" demonstriert. "Damit wird signalisiert: Wir sind nicht gegen Qualität", sagt er. Grundsätzlich, meint der Professor, müsse es aber darum gehen, "aus der zur Verfügung gestellten Datenflut einen Mehrwert zu erkennen". Google kann diesen Anspruch jedoch nur sehr begrenzt erfüllen. Das sollte es aber, meint Kruse. Denn Datenströme, davon ist er überzeugt, sind nur so lange gut, solange sie kanalisiert und überblickt werden können - und auf diese Weise dabei helfen, gute Entscheidungen zu treffen.

Zur Startseite
Mehr zum Thema

Das könnte Sie auch interessieren

Rätsel

Jetzt kostenlos spielen!
Lesermeinungen (bitte beachten Sie unsere Community-Regeln)