Es ist windig, es nieselt und der Himmel ist bedeckt. Joachim Lohse steht vor der Motorhaube eines Autos auf einem Parkplatz an der Universität, als eine blecherne Computerstimme erklingt. „Guten Tag Senator Lohse, darf ich Sie auf eine Runde einladen?“, fragt sie etwas abgehakt. Der Verkehrssenator willigt ein, nimmt auf dem Rücksitz Platz – und so beginnt die Fahrt in die Zukunft.
Das Auto, in das Lohse (Grüne) einsteigt, ist kein ganz normales Fahrzeug. Nicht nur, weil es den Verkehrssenator erkennt und begrüßt. Auch weil es vollgestopft mit Technik ist, die es zum Vorboten einer anderen Zeit macht: Es fährt autonom.
Dafür gesorgt hat ein Team der Universität Bremen. Seit 2016 gibt es das Projekt AO Car, das sich zum Ziel gesetzt hat, eine Reihe autonomer Fahrmanöver für den Stadtverkehr zu entwickeln. Dafür braucht es viele Algorithmen und natürlich ein Auto. Das hat die Forschergruppe im vergangenen April bekommen, um die am Schreibtisch entwickelte Software auch in der Realität zu prüfen. Mit ihrem umgerüsteten Auto haben die Wissenschaftler sogar die Erlaubnis, die Straßen in Bremen und einige Strecken in Niedersachsen als Testgebiet zu nutzen.
„Auf öffentlichen Straßen sind wir allerdings nicht autonom gefahren“, sagt Projektleiter Christof Büskens. Hier habe man lediglich die Technik wie die verschiedenen Sensoren ausprobiert. Was das Auto aber tatsächlich alleine kann, haben die Forscher am Mittwoch auf einem abgesperrten Parkplatz an der Universität präsentiert. Hier drehte das Fahrzeug selbstständig ein paar Runden, wich Hindernissen aus und parkte ohne menschliche Hilfe ein.
Autos mit ähnlichen Systemen sind heute vielerorts unterwegs. So hat der E-Autohersteller Tesla auch eine Art Autopilot entwickelt, mit dem das Fahrzeug automatisch den Abstand zum Vordermann halten kann und vor Hindernissen bremst. Tesla, aber auch der Fahrdienst Uber, der in den USA autonom fahrende Autos testet, stehen in der Kritik, weil erst kürzlich bei zwei Unfällen mit solchen Roboterfahrzeugen Menschen ums Leben gekommen sind.
„Der Technik die Schuld an solchen Unfällen zu geben oder den Menschen, die die Software für diese Autos programmiert haben, halte ich für zu kurz gedacht“, sagt Büskens. Er sieht die Verantwortung vielmehr bei den Unternehmen. Sie müssten Anteilseigner befriedigen und schneller sein als die Konkurrenz. „Wir brauchen daher Grundlagenforschung an den Universitäten“, sagt der Professor. "Erst wann man in so einem Auto sitzt, wird einem klar, was der Mensch alles wahrnimmt, wenn er selbst fährt“, sagt Verkehrssenator Lohse nach seiner Probefahrt. Er finde es ausgezeichnet, dass die Bremer Universität an diesem wichtigen Thema forsche. „Es ist aber noch ein weiter Weg, bis die Technik in der Praxis eingesetzt werden kann.“
Das sieht auch Projektleiter Büskens so. Die erste Projektphase ist nun allerdings vorbei. Er und sein Forscherteam wollen jedoch gerne weitermachen, dafür fehlt bislang aber noch das Geld. Das erste Projekt wurde mit einem niedrigen sechsstelligen Betrag unterstützt.
Durch die langwierige Regierungsbildung in Berlin seien das Projekt und seine Finanzierung nun aber ins Stocken geraten, sagt Büskens. Man sei aber im Gespräch mit dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt, das schon die erste Projektphase unterstützt habe, und weiteren möglichen Industriepartnern.