Bremen. Wer in Bremen einen Altbau in zentraler Lage erwerben möchte, der muss sehr viel investieren. Altbauhäuser und -wohnungen gelten in Schwachhausen mittlerweile als Raritäten - entsprechend hoch sind die Preise. Vom knappen Angebot in den In-Quartieren profitieren bisher vernachlässigte Stadtteile wie die Neustadt und Findorff: die neuen Trendviertel. Attraktiv sind auch Lofts am Wasser. Das geht aus dem Immobilien-Kompass 2011 der Zeitschrift "Capital" hervor.
In den Toplagen der Großstädte ziehen die Kaufpreise und Mieten so stark an wie seit Jahren nicht mehr. US-Ökonom Karl Case, Erfinder des bekanntesten und nach ihm benannten US-Immobilienpreis-Index, warnt davor, dass auch Deutschland gegen Preisblasen nicht mehr immun sei. In den Toplagen vieler Metropolen ziehen die Preise weiter an.
In Bremen ist der Immobilien-Markt laut der Erhebung größtenteils stabil, das Kaufniveau steigt nur moderat. Dieser Ansicht kann Norbert Steinborn, Leiter des Bereiches Wohn- und Geschäftshäuser Bremen bei Engel und Völkers, nur zustimmen. "Wir haben hier in Bremen keine Hamburger Verhältnisse", so Steinborn. Die Nachfrage könne gedeckt werden, die Mietpreise seien konstant - nur einige Stadtviertel bereiten Sorgen.
Wohnen im alten Hafen
Die Hamburger Hafencity hat das Wohnen am Wasser vorgemacht. In das Bremer Prestigeobjekt Überseestadt sind jetzt auch die ersten Bewohner gezogen. Der lange unterschätzte Hafenbereich hat sich zum stärksten Trend auf dem örtlichen Immobilienmarkt entwickelt. Er punktet mit hochwertigen, altersgerechten Wohnungen in zentraler Lage. In den kommenden zwei Jahren sollen in der Überseestadt bis zu 400 Wohnungen entstehen. Bis 2020 sollen es laut Stadtplanern mehr als 1000 Einheiten werden. Der Trend geht zum Wohnen in der alten Hafengegend.
"Wir verzeichnen in der Überseestadt sehr viele Zukäufe", sagt Norbert Steinborn von Engel und Völkers. Besonders attraktiv werde das Viertel ab 2012, wenn die ersten Geschäfte in die Überseestadt ziehen. "Vor fünf Jahren haben wir nicht damit gerechnet, aber die Überseestadt hat sich mittlerweile einen Namen gemacht", sagt Jens Lütjen, Geschäftsführer des Bremer Immobilienmaklers Robert C. Spies. Zahlreiche Projekte seien in Planung.
Barrierefrei und zentral
Auf dem Stadtwerder ist die Lage ähnlich. Auf der langgestreckten Fläche entstehen moderne Cityhäuser. Viele der hochwertigen Häuser und luxuriösen Appartements waren schon zum Richtfest verkauft. "Der Bremer will wieder in der Stadt wohnen", sagt Lütjen. Gefragt seien kurze Wege in die City. Vor allem aus dem niedersächsischen Umland kämen vermehrt Anfragen für Eigentumsanlagen dieser Art. Lütjen: "Die Bauten kompensieren das Angebot in Schwachhausen - durch neue, zentral gelegene und barrierefreie Wohnanlagen." Und genau das fehlte bisher in Bremen. Durch wenige Projekte könne man der Nachfrage gerecht werden.
Schwachhausen gilt aber nach wie vor als das attraktivste Stadtviertel Bremens. Während sich die Immobilienpreise in Bremen im vergangenen Jahr nur gering nach oben bewegten, verzeichneten die Makler dort regelrechte Preissprünge. Die Preise liegen inzwischen bei gut 3000 Euro pro Quadratmeter.
Neustadt bei jungen Bremern beliebt
Das steigende Interesse der Käufer führt dazu, dass auch bisher weniger nachgefragte Lagen wieder sehr gefragt seien. Die Neustadt etwa etabliert sich vor allem bei jungen Menschen als gut angebundene, zentrumsnahe Wohngegend. Als besonders attraktiv gilt das Flüsseviertel. Die heimischen Makler vermerken schon jetzt eine steigende Nachfrage nach Wohnanlagen in der Neustadt und auch in Findorff.
Maßgeblich dafür ist die unmittelbare Nähe und gute Anbindung zur Innenstadt. Auch Objekte mit Qualitätsmängeln, bei denen Sanierungsarbeiten erforderlich sind, werden schnell und vergleichsweise hochpreisig gehandelt. Ein modernisierter Altbau mit 140 Quadratmetern kostet in der Neustadt rund 250.000 Euro. Die Neustadt mit ihrem vielfältigen Kneipen- und Shoppingangebot und einem interessanten Immobilienmix wird als neues In-Viertel gehandelt.
Hastedt und Utbremen könnten nachziehen
Makler Jens Lütjen glaubt an die vernachlässigten Viertel. "Ich denke, dass auch Stadtteile wie Hastedt und Utbremen in der Zukunft nachziehen werden", ist sich der Immobilienfachmann sicher. Aufgrund der steigenden Bevölkerungs- und Haushaltszahlen werde der Bremer Wohnungsmarkt auch in den kommenden Jahren zu den Wachstumsmärkten in Deutschland gehören.
Die Erfahrungen der Finanzkrise, die Unsicherheit über die Zukunft des Euros und Ängste vor einem starken Anstieg der Inflation seien Gründe dafür, dass Anleger verstärkt auf Immobilien als Investment setzen. "Seit März 2009 wollen viele unserer Kunden in Sachanlagen investieren", sagt Lütjen. Und dabei wollten sie bevorzugt in Lagen investieren, die sich in den vergangenen Jahren als wertbeständig erwiesen haben.
Immer mehr Singlewohnungen
Ein anderer Trend, den Immobilienexperten verzeichnen, ist der Wandel der Haushalte. Laut Gewoba Bremen sind mehr als die Hälfte aller Haushalte in Bremen Ein-Personen-Haushalte. Ein- und Zwei-Personen-Haushalte machen zusammen 78 Prozent aus. "Wir bemerken den Trend schon seit mehreren Jahren", so Karin Liedtke von der Gewoba. Uwe Zimmermann, Sprecher des deutschen Städte- und Gemeindebundes, bestätigt die Zahlen. Es sei ein bundesweites Phänomen. "Gerade in größeren Städten gibt es immer mehr Singlewohnungen."
Die Nachfrage besonders nach kleineren Wohnungen kann nur bedingt gedeckt werden. "Derzeit beträgt in Bremen der Anteil von Ein-Zimmer-Wohnungen in unserem Bestand nur neun Prozent", sagt Liedtke. In den nächsten Jahren müsse man sich diesem Markt anpassen. "Wir schauen, was benötigt wird, und sehen, dass besonders kleine Wohnungen, aber auch Gemeinschaftswohnungen, gefragt sind", sagt Liedtke.