Im Juli hat die Bremische Bürgerschaft eine Neufassung des Wohnraumschutzgesetzes beschlossen. Bremen und Bremerhaven können künftig gegen Leerstand zügiger vorgehen. Steht Wohnraum länger als ein halbes Jahr leer, handelt es sich demnach um eine Zweckentfremdung, wenn nicht bestimmte Gründe vorliegen. Ordnungswidrigkeiten in diesem Zusammenhang können mit einer Geldbuße von bis zu 100.000 Euro geahndet werden.
Falk Wagner (SPD) begrüßt das, wie er es nennt, "Anti-Leerstands-Gesetz". Der Bürgerschaftsabgeordnete lebt selbst in einer Straße, in der eine Immobilie nicht genutzt wird. Solche Reihenhäuser gebe es in Walle, Findorff und der Neustadt – und selbst hundert Meter Luftlinie vom Sielwall entfernt. "Wenn diese Immobilien zum Verkauf stünden, würden sie weggehen wie warme Semmeln", sagt Wagner.
Leerstand sei in den Quartieren und der Nachbarschaft ein Ärgernis. "Eigentum verpflichtet", betont Wagner. Häuser wegen Erbschaftsstreitigkeiten, Desinteresse oder Spekulationen länger leer stehen zu lassen, das sei aber ein Umgang mit Eigentum, der nicht in Ordnung sei, nicht sozial angemessen. "Ich freue mich darauf, dass wir die Möglichkeit bekommen, gegen diese Missstände vorzugehen", sagte der baupolitische Sprecher in der Bürgerschaftsdebatte. In Beiräten gebe es Listen mit unbewohnten Objekten.
Damit der Beschluss echte Wirkung entfaltet, müssen Bremen und Bremerhaven entsprechende Ortsgesetze auf den Weg bringen. In Bremen ist das Bauressort für diesen Schritt zuständig. Die Ausarbeitung ist nach Angaben von Sprecher Jens Tittmann weitestgehend erfolgt. Hier geht man davon aus, dass das Ortsgesetz nach der Sommerpause in den Senat und im Anschluss im September in die Deputation geht. "Eine Verabschiedung in der Stadtbürgerschaft wird also aller Voraussicht nach noch in diesem Jahr erfolgen", sagt Tittmann.
Die Gesamtstrategie des Senats sei, möglichst viel bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, erklärt Bausenatorin Maike Schaefer (Grüne). "Dazu gehört auch, dass wir konsequent den Instrumentenkasten aus dem Wohnungs- und Baurecht mit dem Wohnungsaufsichtsgesetz und dem Wohnraumschutzgesetz in Kraft setzen. Das dient dem Erhalt von Wohnraum für die Bevölkerung.“
Weitere Stellen sind für die Umsetzung des Gesetzes aktuell nicht vorgesehen. Zunächst soll abgewartet werden, wie groß der Bedarf ist. Und von welchem Leerstand in Bremen überhaupt gesprochen werden kann? Genaue Zahlen gibt es dazu nicht. Ein Leerstandskataster wird nicht geführt. Stadtplanern und den für die Bauordnung zuständigen Kollegen ist die Situation in den Stadtteilen laut Tittmann jedoch bekannt. Leerstand sei in Bremen kein großes Phänomen.
Die Bürgerschaft beschloss bereits 2018 ein Wohnraumschutzgesetz. Dabei war der Fokus allerdings auf Übernachtungsangebote wie über Airbnb gerichtet. Der Vermietung über solche Portale sollten angesichts der negativen Folgen für Metropolen wie Berlin oder Barcelona frühzeitig Grenzen gesetzt werden. Unstimmigkeiten führten jedoch dazu, dass dem Landesgesetz keine echten Spielregeln für Bremen folgten. Es gab Zweifel an der Praxistauglichkeit. Nun der zweite Anlauf. Nun ein neuer Ansatz mit dem Leerstand.
In der Bürgerschaftsdebatte sparte unter anderem der FDP-Landesvorsitzende Thore Schäck nicht mit Kritik am Ansinnen des Gesetzes: "Wir haben hier einfach kein Problem, das Sie trotzdem versuchen, mit jeder Menge Bürokratie zu lösen." Schäck sprach von einer Leerstandsquote für Bremen von etwa 2,7 Prozent. Darin sei auch kurzfristiger Leerstand enthalten. Das Signal des Gesetzes an Investoren, die Wohnraum schaffen wollten, sei gefährlich. Denn ihnen werde gezeigt, dass die Verfügungsgewalt über ein Gebäude ein Stück verloren gehe.
Für Wagner ist es derweil keine Frage, wie viel oder wenig Leerstand es gibt. "Jeder Leerstand verschärft die Spannung auf dem Wohnungsmarkt – insbesondere in den beliebten Lagen Bremens", sagt der Abgeordnete. Offiziell erhoben wurde der Leerstand zuletzt mit dem Zensus 2011. Demnach lag er im Land Bremen zu diesem Zeitpunkt bei 3,6 Prozent. Dieses Niveau unterhalb des Durchschnitts von 4,4 Prozent verzeichnete auch Niedersachsen.
Und wie hält es Bremerhaven mit dem neuen Rechtsrahmen? Hier soll es kein entsprechendes Gesetz geben. "Das steht nicht zur Debatte", sagte Magistratssprecher Volker Heigenmooser dem WESER-KURIER. In Bremerhaven sei der Wohnungsmarkt nicht derart angespannt: "Wir haben keine Wohnungsnot." Das Angebot in der Seestadt sei ziemlich gut. Es gebe etliche Neubauprojekte.
Der Leerstand in Bremerhaven halte sich in Grenzen. Es gebe zwar Häuser, die sich in einem schlechten Zustand befänden und deshalb leer stünden. "Das ist aber eine überschaubare Zahl", so Heigenmooser. Im Falle von solchen Problem- oder Schrottimmobilien ist das Wohnungsaufsichtsgesetz das Mittel der Wahl. Kollegen könnten Eigentümer auf Mängel hinweisen und Auflagen verhängen. Seit einigen Jahren kümmere sich Bremerhaven gezielt um Häuser mit Renovierungsbedarf und habe damit Erfolg.