Tankstellen gibt es in fast jedem Dorf. Ladepunkte für Elektroautos hingegen nicht. Selbst in größeren Städte müssen E-Auto-Fahrer manchmal länger nach ihnen suchen. Das soll sich jedoch ändern: Die Zahl der Ladesäule wächst – von Stadt zu Stadt gibt es allerdings ziemliche Unterschiede.
So kommt das Land Bremen derzeit auf 233 öffentliche Ladepunkte; 177 in Bremen und 56 in Bremerhaven. Diese Zahlen teilt der Senator für Verkehr mit und beruft sich auf die Plattform Chargemap, die weltweit Lademöglichkeiten für E-Autos sammelt. Ladepunkte werden die einzelnen Steckdosen an den Säulen genannt. Eine Station verfügt meist über zwei oder mehr Ladepunkte, die gleichzeitig genutzt werden können.
Diese Zahl weiter steigen zu lassen, sei vorrangig Aufgabe der Stromversorger wie die SWB, sagt Jens Tittmann, Sprecher von Verkehrssenator Joachim Lohse (Grüne). „Die Kommunen betreiben ja auch keine Tankstellen.“ Wenn jedoch Anträge für den Bau einer Ladesäule im öffentlichen Raum eingingen, prüfe man diese „wohlwollend“. Allerdings gebe es Einschränkungen: So müssten gerade in Wohngebieten die oft sehr engen Gehwege noch eine Mindestbreite aufweisen.
Die meisten öffentlichen Ladepunkte sind nicht ausgelastet
Mit 233 Ladepunkten im Land sieht der Verkehrssenator Bremen gut aufgestellt. „85 Prozent der Ladetätigkeiten finden auf Betriebsgelände oder in privaten Carports und Garagen statt“, sagt Tittmann. Daraus folge, dass die meisten öffentlich zugänglichen Ladepunkte nicht ausgelastet seien. Lediglich in der Innenstadt gebe es Ausnahmen. Öffentliche Ladepunkte wirtschaftlich zu betreiben sei daher häufig ein Problem – und ohne Subventionen eigentlich nicht machbar. Außer man handle so radikal wie Norwegen und beende die steuerliche Bevorzugung des Diesels, um somit Verbrennerautos und -kraftstoffe stärker zu belasten.
Auch die niedersächsische Stadt Braunschweig verweist darauf, dass nur zwischen fünf und 15 Prozent des Energiebedarfs von E-Autos an öffentlichen Ladesäulen gedeckt werden. Anstatt die öffentlichen Säulen noch stärker auszubauen, fordert die Stadt daher den Bund auf, dafür bessere Bedingungen zu schaffen, um etwa den Einbau von Ladestationen in Tiefgaragen von Mehrfamilienhäusern zu erleichtern. Eine ähnliche Forderung gibt es auch aus Bremen.
Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) hatte bereits angekündigt, Eigentümern und Mietern den Bau von Ladestationen für Elektroautos zu erleichtern. "Der Einbau von Ladesäulen darf nicht an komplizierten Regelungen im Eigentumsrecht scheitern", sagte sie. Der Eigentümerverband Haus & Grund sieht dabei aber noch große Herausforderungen. Für die Installation einer Ladesäule müssten in einer Wohnungseigentümergemeinschaft bisher häufig alle Eigentümer zustimmen.
"Diese Schwelle muss gesenkt werden", sagte Julia Wagner, Rechtsreferentin bei Haus & Grund. "Es muss klargestellt werden, dass der Einbau von Ladesäulen eine Modernisierung ist, die mit doppelt qualifizierter Mehrheit möglich ist: Drei Viertel der Eigentümer müssen zustimmen, welche mehr als die Hälfte der Miteigentumsanteile repräsentieren. Das würde den Aufbau von Ladestationen erleichtern."
Forderung an die Bundesregierung
In Hannover betreibt der Energieversorger Enercity nach eigenen Angaben 25 Ladestationen mit 62 Ladepunkten. Hinzu kommen E-Tanksäulen, die von anderen Firmen betrieben werden. Nach Angaben der Stadt Hannover soll die Zahl der Ladepunkte bis 2020 auf 480 steigen. Bundesweit sind zu Jahresbeginn deutlich mehr Ladepunkte hinzugekommen. In den ersten drei Monaten stieg die Zahl um 1300 Stromtankplätze auf insgesamt 17 400, wie der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft am Montag mitteilte. Davon seien etwa zwölf Prozent Schnelllader. Mehr als drei Viertel der Ladesäulen werden von Energieunternehmen betrieben.
Erst vergangene Woche hatten Vertreter von Städten, kommunalen Unternehmen und Immobilienbesitzern die Bundesregierung zu verstärkten Anstrengungen aufgefordert. Städtetagspräsident Markus Lewe sagte: „Emissionsfreie Mobilität in den Städten zu fördern ist dringend notwendig, damit Deutschland seinen Klimazielen im Verkehr 2030 näher kommt.“ Die Städte seien mit dem bisherigen Aufbau von öffentlich zugänglichen Ladesäulen in Vorleistung gegangen. Um mit dem erwarteten Anstieg beim Verkauf von Elektrofahrzeugen Schritt zu halten, müssten weitere Lademöglichkeiten installiert werden.
Denn aktuell ist der Marktanteil von Elektroautos in Deutschland sehr gering. Nach Zahlen des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) gab es 2018 etwa 83 000 reine Stromer und 341 000 Hybrid-Fahrzeuge – bei einem Gesamtbestand von 57,3 Millionen Autos.
Lewe sagte, neben privaten Ladestationen sollten auch Ladeeinrichtungen für den ÖPNV, neue Elektrobusse und städtische Flotten gefördert werden. „Denn mit dem ÖPNV können bedeutend mehr Personen von der elektrischen Fahrleistung profitieren als bei der Fahrt im eigenen PKW.“ Die Förderung sollte allen Städten zugänglich sein, nicht nur denen mit hohen Stickoxid-Werten.
In Bremen, rechnet Tittmann vor, habe die Elektrifizierung eines 18 Meter langen Stadtbusses den gleichen Effekt wie die Elektrifizierung von 100 Autos. Denn Busse seien pro Tag viel länger im Verkehr unterwegs. Bei einem Test mit zwei E-Bussen wird die Stadt vom EU-Projekt Eliptic (Electrification of public transport in cities) unterstützt.
Die Hansestadt nutze das Thema Elektromobilität allerdings auch, um den Verkehr auf den Straßen insgesamt zu reduzieren. Zusammen mit Oslo und Barcelona ist Bremen Teil des Forschungsprojekts Green Charge. In der Hansestadt soll dabei überprüft werden, wie sie das Carsharing von E-Autos in den Wohnungsneubau integrieren lässt. Hierdurch könnten die Zahl der Privat-Pkw und die Baukosten gesenkt werden.