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Erreichbarkeit an Weihnachten Zu Weihnachten sind Firmenmails tabu

Viele Beschäftigte lesen auch an den Weihnachtstagen ihre Firmenmails. Das finden längst nicht alle Unternehmen gut – manche gehen auch dagegen vor.
21.12.2017, 21:45 Uhr
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Zu Weihnachten sind Firmenmails tabu
Von Stefan Lakeband

Wenn am Sonntag die Lichter am Weihnachtsbaum angehen, im Hintergrund festliche Musik säuselt und sich die Familie trifft, dürfte spätestens dann für die meisten Menschen klar sein: Jetzt ist Weihnachten. Im Kreise der Liebsten sollte der Arbeitsplatz ganz fern sein. Häufig ist er es aber nicht.

Drei von vier Berufstätigen sind nämlich auch über die Weihnachtsfeiertage erreichbar, für Kollegen, Kunden und vor allem für den Chef. Das hat eine Umfrage des Branchenverbands Bitkom ergeben. Im Vergleich zum Vorjahr ist die Zahl derjenigen, die auch an ihren freien Tagen erreichbar bleiben, gestiegen. 2016 waren es 65 Prozent, nun 73. Jeder zweite Angestellte gibt an, seine beruflichen E-Mails über die Feiertage zu lesen. Noch mehr sind über das Telefon oder per Kurznachricht erreichbar.

Die Erreichbarkeit auch an Weihnachten ist in den meisten Fälle aber kein Zeichen der besonderen Verbundenheit zur Firma, sondern hat andere Gründe. Laut Bitkom gaben 62 Prozent der Befragten an, sie erfüllten damit die Erwartungen ihrer Vorgesetzten. Die Bremer Arbeitnehmerkammer hält das für problematisch. Axel Weise, Referent für Arbeitsmarktpolitik, wünscht sich für solche Fälle klare Regeln, zum Beispiel über Betriebsvereinbarungen. „Wichtig ist, dass das Recht auf Nicht-Erreichbarkeit etabliert wird“, sagt Weise.

Mails automatisch löschen

Bei der Sparkasse Bremen sieht man das ähnlich. Hier können die meisten Mitarbeiter die Feiertage verbringen, ohne mit einem Anruf oder einer E-Mail des Vorgesetzen oder eines Kunden zu rechnen. „Wir erwarten von niemanden, dass er seine E-Mails an den Feiertagen liest“, sagt eine Sprecherin. Für die meisten Mitarbeiter sei das auch gar nicht möglich: Sie können von Zuhause oder ihrem Smartphone nämlich gar nicht auf ihren Arbeitsaccount zugreifen.

Beim IT-Unternehmen Team Neusta spielt die elektronische Kommunikation eine große Rolle. Es gilt jedoch: „Feiertag ist Feiertag und das ist auch gut so“, sagt Carsten Meyer-Heder, Gründer und geschäftsführender Gesellschafter. „Unsere Kollegen, die an den Tagen zwischen den Jahren Urlaub nehmen, sind dann nicht erreichbar.“ Eine besondere Regel habe man aber nicht extra dafür aufgestellt. Wenige Ausnahmen gebe es aber auch. „Manche Projektphasen können es in Ausnahmefällen erfordern, dass auch mal an freien Tagen Aufgaben anfallen“, sagt Meyer-Heder.

Anders sieht es bei der Neusta-Tochter Infrastructure Services aus, die sich um das Hosting und die Infrastrukturen großer Plattformen kümmert. „Dort gibt es das ganze Jahr über, also auch während der Feiertage, einen organisierten Bereitschaftsdienst“, sagt Meyer-Heder. Denn auch während der Feiertage könnten Störungen auftreten, die sofort behoben werden müssen.

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Beim Autobauer Daimler entscheiden die Mitarbeiter selbst, wie sie mit E-Mails an den Weihnachtstagen umgehen wollen. Die Angestellten können ihr Mailkonto so einstellen, dass die elektronische Post im Urlaub automatisch gelöscht und der Absender informiert wird. Das beruht aber auf Freiwilligkeit – eine Pflichtvorgabe gibt es nicht. Das Löschangebot werde durchaus genutzt, teilt ein Daimler-Sprecher mit. Eine Statistik über die Nutzung gebe es aber nicht. Das sei eine individuelle Entscheidung des einzelnen Mitarbeiters, die „gefördert und respektiert“ werde.

Weniger Praktikabel

Aus Sorge vor zu hoher Arbeitsbelastung – nicht nur an den Weihnachtstagen – hat Porsche-Betriebsratschef Uwe Hück Anfang der Woche einen noch radikaleren Vorschlag gemacht: Mailkonten von Mitarbeitern sollen bei dem Sportwagenbauer im Zeitraum zwischen 19 Uhr und sechs Uhr sowie am Wochenende und im Urlaub immer gesperrt werden. Nachrichten, die in dieser Zeit eintreffen, sollen automatisch an den Absender zurückgeschickt werden und nicht mehr in der Mailbox des Mitarbeiters vorhanden sein – damit wären sie quasi gelöscht.

Bei der Bremer Arbeitnehmerkammer hält man diesen Vorschlag für weniger praktikabel. Referent Weise sagt: „Ich glaube nicht, dass eine solche eher radikale Maßnahme sinnvoll ist.“ Das Konzept, von unterwegs oder auch zuhause aus arbeiten zu können, findet er aber gut – solange diese Tätigkeiten auch als Arbeitszeit zählen. „Außerdem muss der Arbeitgeber sicherstellen, dass das Recht auf Mobilarbeit von allen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern im Betrieb in Anspruch genommen werden kann, sofern die Aufgaben von Zuhause erledigt werden können."

Auch wenn der Großteil der Arbeitnehmer an Weihnachten erreichbar sein wird, so sagt doch immerhin ein Viertel der Befragten, dass sie die Festtage und den Jahreswechsel dazu nutzen, komplett abzuschalten. Zumindest für sie wird Weihnachten zur stillen Nacht.

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