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Alternativen zum Gas Zurück zum alten Ölbrenner

Viele Unternehmen suchen gerade nach Alternativen zum Gas. Die Bremer Gewerbeaufsicht will bei der Genehmigung der Anlagen mit Augenmaß vorgehen - unter bestimmten Voraussetzungen.
04.08.2022, 17:17 Uhr
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Zurück zum alten Ölbrenner
Von Florian Schwiegershausen

Bremens Gewerbeaufsicht will mit Augenmaß vorgehen, wenn die Unternehmen vor Ort eine Alternative zu ihren Gasanlagen in Betrieb nehmen wollen. So hat es Rüdiger Wedell, Referatsleiter Immissionsschutz bei der Bremer Gewerbeaufsicht, am Donnerstag bei einer Infoveranstaltung der Handelskammer angekündigt. Wedell sagte den mehr als 50 Teilnehmern von verschiedenen Unternehmen: "Die Umweltsenatorin ist da mit uns einig: Wir wollen Ihnen helfen, wenn Sie da auf uns zukommen."

Dazu habe die Gewerbeaufsicht eine Behördenkommission gebildet. Sie wird sich vor Ort bei den Unternehmen die Anlagen anschauen. Die werden vom Team unter den Aspekten Emission, Betriebssicherheit, Brandschutz, Statik sowie Entwässerung unter die Lupe genommen. Im Hinblick auf die mögliche Notlage beim Gas sagte Wedell: "Wir machen dann eine kurzfristige Feststellung der Duldung – wir machen auch notfalls Ausnahmen von Grenzwerten." Damit meinte er: Deutsche Grenzwerte können unter den EU-weiten Grenzwerten liegen, die man dann in einem solchen Fall heranziehen könnte. Diese pragmatische Lösung mit Augenmaß solle aber nicht ewig halten. "Wir erwarten von den Firmen, dass sie das Genehmigungsverfahren nachholen und es hinterher nicht heißt 'das war doch damals so abgesprochen'.“

Lob vom DIHK für Bremer Gewerbeaufsicht

Erik Pfeifer vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) in Berlin lobte dieses Vorgehen mit Augenmaß. Er referierte bei der Veranstaltung über den Gasnotfallplan und steht als DIHK-Referatsleiter Betrieblicher Klimaschutz in regelmäßigem Austausch mit der Bundesnetzagentur. Zu dem angekündigten Vorgehen der Bremer Gewerbeaufsicht sagte er: "Einige andere Kommunen erlebe ich da bisher nicht so entgegenkommend."

Wesernetz wiederum hat bereits mehrere Unternehmen per Infoveranstaltung informiert, wie Geschäftsführer Bernd Christmann erläuterte. In den kommenden Wochen werde man den Kontakt per Mail suchen und abfragen, wie viel Gas sie brauchen, damit die Anlagen, die mit Gas laufen, keinen Schaden nehmen werden. Bei den Abfragen gehe es auch darum, welches Unternehmen über sogenannte bivalente Brenner verfügt, die man auch mit Öl statt mit Gas betreiben kann.

"Dramatik größer, als Teile der Bevölkerung es wahrnehmen"

Ab September soll es für die Industriekunden weitere Infoveranstaltungen geben. "Bis in den Herbst bleiben die Versorgungsverhältnisse stabil", sagte Christmann abschließend. DIHK-Referatsleiter Pfeifer will keine Horrorszenarien verbreiten, meinte jedoch: "Die Dramatik ist größer, als es in Teilen der Bevölkerung derzeit wahrgenommen wird." Dabei verweist er auf die Aussage des Chefs der Bundesnetzagentur, Klaus Müller: "Es wird uns in aller Härte treffen."

Entsprechend forderte er die Unternehmen zum Handeln auf: "Setzen Sie sich mit ihren betrieblichen Energieverbräuchen auseinander und schauen Sie, was Sie anstelle von Gas einsetzen können. Entwickeln Sie Abschaltszenarien, suchen Sie den Kontakt zum Netzbetreiber und Energieversorger und sprechen Sie mit den für Immissionsschutz zuständigen Behörden."

Haben Bäcker gegenüber Taschenherstellern Vorrang?

Wenn es zu wenig Gas gibt, haben die geschützten Netzverbraucher Vorrang. Das sind die Privathaushalte, gewerbliche Kunden mit Standardlastprofil und Einrichtungen der kritischen Infrastruktur, wie Krankenhäuser und Altenheime. Ebenso gehören Einrichtungen, die für das Funktionieren des öffentlichen Lebens notwendig sind, dazu, wie zum Beispiel Feuerwehr, Polizei, Technisches Hilfswerk und Bundeswehr.

Der Rest stellt sich hinten an. DIHK-Referatsleiter Pfeifer gab zu bedenken, dass es bisher keinen Plan gibt, der in der Industrie nach Systemrelevanz unterscheidet: „Würde also der Bäcker mehr Gas bekommen im Gegensatz zum Handtaschenhersteller?“ Gleichzeitig zeigte Pfeifer auf, dass eine solche Klassifizierung am Ende auch nicht weiterhelfen werde. Denn wenn es zu wenig Gas gibt, dann wären die Netze bestimmter Regionen insgesamt betroffen.

Ohne Verpackungen keine Medikamente

„Wenn man also Bayer sagen würde, dass sie mehr Gas bekommen, um weiterhin Medikamente zu produzieren, sind sie ja darauf angewiesen, dies in Fläschchen und Verpackungen abzufüllen. Der Hersteller dieser Produkte befindet sich aber vielleicht in einer Region mit zu wenig Gas oder erhält weniger Gas zugeteilt“, erläuterte Pfeifer. Damit stünde dann auch Bayer auf dem Schlauch. „Es wird auf die Rasenmähermethode hinauslaufen.“ Das bedeutet: Kürzungen gleichermaßen für alle.

Ein konkretes Szenario für den Winter 2023/2024 gebe es auch noch nicht. Doch Pfeifer verweist da auf die geplante Gaspreisumlage: „Die soll bis 2024 laufen, weil man damit rechnet, dass diese Situation bis 2024 bleiben wird.“

Zur Sache

Wie hoch wird die Gaspreisumlage?

Die Bundesregierung hat sich auf eine Verordnung zur staatlichen Gas-Umlage geeinigt, die ab Herbst zu Preissteigerungen für die Gaskunden führt. Das Kabinett habe die Umlage im schriftlichen Umlaufverfahren verabschiedet, teilte das Wirtschaftsministerium am Donnerstag in Berlin mit. Minister Robert Habeck (Grüne) sagte, die Entscheidung der Bundesregierung für die befristete Umlage werde und müsse von weiteren Entlastungen für die Bürgerinnen und Bürger begleitet werden.

Die Umlage soll ab Anfang Oktober greifen und Gasversorgern wie Uniper zugute kommen, die zu hohen Preisen Ersatz für ausbleibende, günstigere Gasmengen aus Russland kaufen müssen. Sie können diese Mehrkosten aber bisher nicht weitergeben, dies soll über die Umlage geschehen. Uniper war in finanzielle Turbulenzen geraten, der Bund hatte ein milliardenschweres Rettungspaket beschlossen.

Die Rechtsverordnung soll voraussichtlich Mitte August in Kraft treten. Wie hoch die Umlage ist und wann genau sie wie bei den Verbrauchern ankommt, ist unklar. Die Höhe der Umlage soll erstmals bis zum 15. August 2022 ermittelt werden. Die Höhe hängt laut Entwurf der Verordnung wesentlich von Umfang und Preis des als Ersatz zu beschaffenden Gases ab sowie von der Nachfrage. Habeck hatte eine Spanne von 1,5 bis 5 Cent pro Kilowattstunde genannt.

Habeck erklärte: „Die befristete Umlage ist eine Folge der durch Russland verursachten Krise. Sie ist kein leichter Schritt, aber sie ist nötig, um die Wärme- und Energieversorgung in den privaten Haushalten und in der Wirtschaft zu sichern.“

Die Krise, die Russlands völkerrechtswidriger Angriff produziert habe, brauche eine starke soziale Antwort, so der Minister „Auch ein Teil der Unternehmen steht durch die hohen Preise unter Druck. Entsprechend werden wir die Hilfsprogramme verlängern und so in dieser Krise helfen. Es geht hierbei um den Erhalt von Arbeitsplätzen und die Aufrechterhaltung von Lieferketten.“

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