Überseestadt. Allmählich wird es übersichtlich, was Bauflächen in der Überseestadt angeht. Noch immer aber gibt es keine Nachricht aus dem Bildungsressort, ob denn nun die Berufsschule für Großhandel, Außenhandel und Verkehr (BS GAV) von Utbremen in die Überseestadt umziehen wird. Bei den Waller Ortspolitikern – und auch bei so manchen Betrieben im Quartier – sorgt dies für Unruhe und Verärgerung. Der Fachausschuss Überseestadt will deshalb nun die Ressortspitze anschreiben und für Klarheit sorgen.
Währenddessen werden schon die nächsten Bauvorhaben auf den Weg gebracht; etwa der Gebäudekomplex „Überseegärten“, der ab Anfang kommenden Jahres auf Baufeld 10 neben dem zukünftigen „Blauhaus“ der Blauen Karawane am Kommodore-Johnsen-Boulevard entstehen soll. Nach „Marcuskaje“ und „Hafenpassage“ ist dies die dritte Zusammenarbeit von Justus Grosse und Gewoba in der Überseestadt; die von den Architekten Winking Froh entworfenen zweimal zwei L-förmigen Gebäudekomplexe umschließen zwei grüne Innenhöfe und bieten Platz für rund 160 Wohnungen und zwei Bürogebäude mit etwa 4000 Quadratmetern Nutzfläche. Der überwiegende Teil werden Zwei- und Dreizimmerwohnungen sein; die Hälfte davon wird öffentlich gefördert, die andere Hälfte ist frei finanziert und soll sich im mittleren Preissegment bewegen.
Begrünte Innenhöfe
Die Gebäude zur Herzogin-Cecilie-Allee und zum Kommodore-Johnsen-Boulevard hin – die kurzen Seiten der „L“-förmigen Gebäude – sollen fünfgeschossig sein; die Längsseiten werden nur drei Geschosse haben, wobei der Abstand zwischen den vier Häuserzeilen je 13 Meter beträgt. Terrassen und Balkone sind in die begrünten Innenhöfe eingebettet. Damit jedes Haus eine eigene Identität bekommt, werden die roten Ziegelfassaden der einzelnen Häuser in unterschiedlichen Mustern gestaltet.
Geplant ist dabei eine Tiefgarage, die über die Herzogin-Cecilie-Allee angefahren wird. Die Waller Ortspolitiker befanden diese Planung einstimmig für gut; Wolfgang Golinski (SPD), Sprecher des Fachausschusses Überseestadt und Beiratssprecher, machte dabei aber explizit noch einmal auf das Thema Parkdruck aufmerksam.
„Wir haben in der Überseestadt kein Parkplatzproblem, sondern ein Parkplatznutzungsproblem“, sagt dazu Justus-Grosse-Gesellschafter Clemens Paul. Die Erfahrungen im vorderen Teil der Überseestadt belegen seiner Ansicht nach, dass die Nachfrage nach Miet-Plätzen in Parkhäusern steigt, sobald im Straßenraum Parkgebühren verlangt werden. Die Hamburger Hafencity zeige außerdem, dass auch Hecken Wildparken verhinderten. Paul hat inzwischen ein im Hafenhochhaus ansässiges Unternehmen mit der Gewoba zusammengebracht, dessen Beschäftigte seiner Beobachtung nach regelmäßig Flächen und Wege im Quartier mit ihren geparkten Autos blockieren, während das Parkhaus an der Ecke Marcuskaje/Konsul-Smidt-Straße praktisch leer steht. Denn, so Paul: „Uns ärgert das auch.“
Bekieste statt begrünte Dächer: Dieses Details sorgte unter den Zuschauern für Unverständnis. „Wir ersticken in Staub und Dreck“, merkte etwa eine Anwohnerin an. Clemens Pauls Hinweis auf den Überseepark und den Hilde-Adolf-Park als Stadtklima-Verbesserer lässt Cecilie Eckler-von Gleich (Grüne) dabei nicht gelten. „Ich denke, die Grünflächen reichen im Verhältnis zur Fläche der Überseestadt nicht aus“, unterstreicht sie und macht in Richtung Wirtschaftsförderung (WFB) den konkreten Vorschlag, die bis zur Hafenkante noch verbleibende letzte Fläche naturnah zu gestalten. Der Eindruck täusche – auch Kajen und Wasserflächen müssten als Freiflächen wahrgenommen werden, merkte dazu der bei der WFB für die Entwicklung der Überseestadt verantwortliche Abteilungsleiter Peter Czellnik an.
An der Konsul-Smidt-Straße 54, direkt vis-à-vis vom Großmarkt, soll demnächst eine Baulücke geschlossen werden: Die Firma Procon will dort, gleich neben ihrem „Energy Office“, 58 Wohnungen und zwei Gewerbeeinheiten errichten. Das dafür notwendige Bebauungsplanverfahren läuft. Im alten B-Plan aus dem Jahr 2008 nämlich war Wohnen an dieser Stelle ausgeschlossen worden. Weshalb sich die Lage nun anders darstellt, das fragen sich viele Anwohner vor Ort und auch der Waller CDU-Ortspolitiker Rolf Surhoff. Zum einen führten Veränderungen beim Großmarkt zu weniger Lärmemissionen, erklärte ihm Stadtplaner Lars Lemke vom Büro BPW Baumgart+Partner, das im Auftrag der Behörde den neuen Bebauungsplan erarbeitet. Nachdem zunächst das Gebiet flächenhaft eingeteilt worden sei, gehe man nun häuserspezifisch vor, ergänzte dazu Stadtplanerin Georgia Wedler. Grundrisse seien dabei jeweils so zu gestalten, dass zu Lärmquellen wie der Konsul-Smidt-Straße hin keine Öffnungen eingeplant werden dürften.
Dies ist auch bei dem Gebäude „KSS 54“ der Fall: Zur Straße hin soll es großzügige verglaste Laubengänge bekommen, die die Bewohner der Zwei- und Drei-Zimmer-Mietwohnungen vor Lärm schützen. Diese Planung hat der Fachausschuss nun zunächst zur Kenntnis genommen, wobei noch Fragen zur Müllentsorgung geklärt werden müssen. Der B-Plan soll in diesem Sommer erarbeitet werden, Baubeginn könnte dann im kommenden Frühjahr sein.