Der Bedarfsplan der Kassenärztlichen Vereinigung Bremen (KVHB) regelt die flächendeckende ärztliche Versorgung von gesetzlich krankenversicherten Patienten und Patientinnen im Bezirk Bremen. Darin werden die einzelnen Arztsitze oder -stellen aufgeschlüsselt, die auch halbe oder Viertelstellen beinhalten, und mit der Einwohnerzahl des Bezirkes der KVHB ins Verhältnis gesetzt. Aus den Arztsitzen lässt sich nicht ableiten, wie viele Praxen es in Bremen gibt. Laut des Bedarfsplanes erfüllen alle Arztgruppen – vom Hausarzt bis zum Urologen – das Arzt-Einwohner-Verhältnis.
In allen Bereichen liegt der Versorgungsgrad bei über 100 Prozent, in 13 der 14 Arztgruppen sogar bei mehr als 110 Prozent. Bei den Psychotherapeuten, Anästhesisten, Radiologen, fachärztlich tätigen Internisten und bei den Kinder- und Jugendpsychiatern liegt der Versorgungsgrad sogar bei 140 Prozent oder mehr. "Ab 110 Prozent gilt ein Gebiet als überversorgt", erklärt der Sprecher der Kassenärztlichen Vereinigung Bremen, Christoph Fox. Neue Fachärzte könnten sich dann nicht niederlassen und müssten warten, bis ein Sitz frei werde.
Knapp über dem Soll-Verhältnis
Und dennoch liegt der Versorgungsgrad bei den Hausärzten mit 106 Prozent knapp über dem regionalen Soll-Verhältnis von Arzt zu Einwohnern, auch wenn es in diesem Bereich seit 2017 den stärksten Zuwachs gab. Das knappere Versorgungsangebot bei den Hausärzten könnte mittelfristig zum Problem werden, sagt Fox. "Es kommen zu wenige Hausärzte nach. Die Entscheidung, Facharzt für Allgemeinmedizin zu werden, treffen immer weniger Studenten", erklärt Fox.
Der Beruf des Hausarztes sei für junge Menschen oft wenig interessant. "Das Problem trifft ganz Deutschland, aber in Bremen kommt erschwerend hinzu, dass es keine Medizinfakultät an der Universität gibt." Fox spricht in diesem Zusammenhang von "Klebeeffekten": "Studenten akklimatisieren sich an ihrer Alma Mater und wenn sie ihren Lebensmittelpunkt dort haben, vielleicht auch einen Partner dort kennengelernt haben, ist es wahrscheinlicher, dass sie vor Ort bleiben." Diesen Effekt gebe es in Bremen so nicht.
Dabei könne man es sich als Hausarzt fast aussuchen, wo man sich niederlassen möchte, sagt Fox. "Junge Mediziner suchen sich die Standorte mit den besten Rahmenbedingungen aus." Die Rahmenbedingungen könnten beispielsweise einen Kita-Platz, eine Beschäftigungsaussicht für den Partner oder die Partnerin oder vergünstigte Praxisräume beinhalten. "Diese Entwicklung hat man in Bremen verschlafen", meint Fox. Bestimmte Stadtteile seien bei jungen Medizinern weniger gefragt. "Da muss man schauen, was man einem Hausarzt anbieten kann." Das Werben um Hausärzte folge dem Prinzip von Angebot und Nachfrage.