Mit großer Mehrheit hat der Bundestag einen entschlossenen Kampf gegen jede Form des Antisemitismus in Deutschland gefordert. Deutschland trage vor dem Hintergrund der Ermordung von sechs Millionen europäischer Juden eine besondere Verantwortung, heißt es in dem Antrag, der von Union, SPD, FDP und Grünen gemeinsam eingebracht worden war. Auch die AfD stimmte für die Resolution, die Linke enthielt sich und sprach sich für weitere Beratungen im zuständigen Ausschuss aus.
In Deutschland gebe es "nach wie vor ein beschämendes Maß an Antisemitismus", heißt es in der Resolution, die auf der Basis eines Expertenberichts formuliert worden ist. Der größte Teil antisemitischer Delikte sei weiterhin rechtsextrem motiviert. Durch Zuwanderung sei aber ein verstärkter Antisemitismus aus den Ländern Nordafrikas, des Nahen und Mittleren Ostens hinzugekommen.
Unions-Fraktionschef Volker Kauder kritisierte besonders Übergriffe auf jüdische Mitbürger und das Verbrennen israelischer Flaggen wie kurz vor Weihnachten vor dem Brandenburger Tor in Berlin. Jüdisches Leben in Deutschland müsse sich frei und unbedrängt entfalten können. Es gebe aber viele Länder, in denen Hass auf Israel und Antisemitismus gepflegt würden.
CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sagte: "Nicht ein Mahnmal ist eine Schande, sondern jedes antisemitische Wort, jede antisemitische Tat, jedwede Relativierung unserer gesellschaftlichen Verantwortung ist eine Schande für Deutschland." Damit spielte er auf die Äußerung des AfD-Politikers Björn Höcke an, der das Holocaust-Mahnmal als ein "Mahnmal der Schande" bezeichnet hatte.
AfD: Antisemitismus ist eine Schande
Für die AfD sagte die Abgeordnete Beatrix von Storch: "Antisemitismus in jeder Form ist eine Schande." Die Bedrohung jüdischen Lebens durch Islamisten dürfe aber nicht statistisch verschleiert werden. Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt warf der AfD vor, sie habe ein "krasses Problem mit Antisemitismus."
Der Bundestag verurteilte jede Form von Judenfeindlichkeit, also auch antisemitische Äußerungen und Übergriffe, die als vermeintliche Kritik an der Politik des Staates Israel formuliert würden. "Die Meinungs- und Demonstrationsfreiheit in Deutschland gewährt jedem Menschen das Recht auf friedliche Proteste, doch sie gibt keinen Raum für antisemitische Hetze und für Gewalt", heißt es. "Das Existenzrecht und die Sicherheit Israels sind für uns nicht verhandelbar."
In der Resolution wird die Bundesregierung aufgefordert, einen unabhängigen Antisemitismusbeauftragten zu berufen, der Maßnahmen zur Bekämpfung des Antisemitismus koordinieren soll und Ansprechpartner für Belange jüdischer Gruppen sein soll. Wo dieser Beauftragte angesiedelt wird, etwa im Kanzleramt oder im Innenministerium, ist aber noch strittig.
Der Antrag der vier Fraktionen fordert auch eine Überprüfung des Straf- und Versammlungsrechts. Es müsse möglich sein, wirksam gegen das Verbrennen der israelischen Flagge und gegen antisemitische Ausschreitungen vorzugehen.
(dpa)
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