Die kurzfristig anberaumte Pressekonferenz im Weißen Haus ließ erahnen, dass der Präsident etwas im Schilde führte. „Die Wahl ist vorbei, jetzt lieben sich alle“, verkündete Trump auf die Frage nach seinem künftigen Verhältnis zu den Demokraten, die ab Januar die Mehrheit im Repräsentantenhaus stellen.
Von da an kann Trump bis auf seine Nominierungen für Richterämter und andere offizielle Positionen so gut wie nichts mehr ohne die designierte Vorsitzende Nancy Pelosi durchsetzen. Dass er daran selbst nicht glaubte, gab Trump während der 86 Minuten langen, selbst für seine Standards ungewöhnlich ruppigen Pressekonferenz mehr als einmal zu erkennen.
Das Weiße Haus geht nun erstmals konkret gegen die freie Presse vor, indem es einem unliebsamen Reporter von CNN den begehrten „Hardpass“ entzog. Dabei handelt es sich um die Akkreditierung, die zur Arbeit im Weißen Haus benötigt wird. Trump hatte bei der Pressekonferenz den für seine kritischen Fragen bekannten Jim Acosta persönlich angegriffen. Dieser sei eine „unhöfliche, schreckliche Person“, sagte der Präsident nachdem sich der CNN-Korrespondent erkundigte, warum Trump von einer „Invasion“ von Flüchtlingen an der Grenze spreche. „Sie sollten nicht für CNN arbeiten“. Kurz darauf nahm der Secret Service dem Reporter den „Hardpass“ ab. Sprecherin Sarah Sanders behauptete, Acosta habe Hand an eine Praktikantin gelegt, als diese ihm das Mikro wegnehmen wollte. Videos und Zeugen belegen das Gegenteil.
„Kriegerische Haltung einnehmen“
Die Demokraten bekamen von Trump eine Vorwarnung: Sollten sie ihre neue Macht im Kongress nutzen, gegen ihn oder seine Regierung zu ermitteln, werde er „eine kriegerische Haltung“ einnehmen. Der Präsident nahm damit Bezug auf die Ankündigung Pelosis, „die Verantwortung unserer Aufsichtspflicht wahrzunehmen“. Verdächtig ausweichend reagierte Trump auf Fragen nach personellen Veränderungen, insbesondere an der Spitze des Justizministeriums. „Wir werden sehen.“
Wenige Minuten nach Abschluss des bizarren Auftritts endete der Burgfrieden bevor er beginnen konnte mit einem Doppelangriff des Präsidenten auf die unabhängige Justiz und die freie Presse. Trump drängte Justizminister Jeff Sessions in den unfreiwilligen Ruhestand und setzte dessen Stabschef Matthew Whitaker kommissarisch an die Spitze der Justizbehörde. „Wir danken Justizminister Jeff Sessions für seinen Dienst und wünschen ihm alles Gute!“, twitterte der Präsident hämisch über den Mann, dem er Verrat vorhält, weil er sich wegen Interessen-Konflikten von der Aufsicht über die Ermittlungen in der Russland-Affäre zurückgezogen hatte.
Diese Aufgabe nahm seitdem Rod Rosenstein wahr, der als Stellvertreter über die Arbeit von Sonderermittler Robert Mueller wachte. Trump dachte wiederholt darüber nach, auch Rosenstein zu feuern, weil dieser die angebliche „Hexenjagd“ gegen ihn nicht beendete.
Mueller hat Anklage gegen 32 Personen erhoben. Vier enge Mitarbeiter des Präsidenten erklärten sich für schuldig, und ein Gericht verurteilte Trumps ehemaligen Wahlkampfmanager Paul Manafort. Vor den Wahlen hielt sich Mueller mit weiteren Anklagen zurück, um den Eindruck zu vermeiden, die Wahlen beeinflussen zu wollen. In Washington halten sich hartnäckig Spekulationen über eine bevorstehende Anklagewelle Muellers. Dem Vernehmen nach könnte er in Kürze bereits Präsidentensohn Donald Junior und Trump-Intimus Roger Stone anklagen. Mit dem Rauswurf Sessions und dem Kaltstellen Rosensteins kann der Trump-Mann Whitaker nun versuchen, die Arbeit des Sonderermittlers abzuwürgen.
In mehreren Interviews hatte der ehemalige US-Bundesanwalt in Iowa Ideen kundgetan, wie er „Muellers Lynch-Mob“ stoppen wolle. Die reichen von der finanziellen und personellen Austrocknung der Ermittlungen über ihre Begrenzungen bis hin zur Entlassung Muellers. Whitaker hat über die nächsten 210 Tage Gelegenheit, seine Ideen in die Tat umzusetzen. Mindestens so lang kann er das Amt ohne Bestätigung durch den Senat kommissarisch ausüben. In der Übergangsphase sind der neuen demokratischen Mehrheit die Hände gebunden. Die Demokraten fürchten einen Coup gegen Mueller und drängen darauf, dessen Ermittlungen per Gesetz zu schützen.