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Rabba regt sich auf über ... Inflationäre Pöbeleien im Netz

In sozialen Netzwerken und Kommentarforen im Netz gibt es immer mehr Pöbeleien statt Respekt, Häme statt Argumente. Unser Kolumnist klickt auf den Kotz-Emoji angesichts solcher zunehmenden Zumutungen.
19.03.2019, 12:54 Uhr
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Von Michael Rabba

Jetzt muss ich mich mal richtig ernsthaft aufregen in dieser ansonsten von einer eher heiteren, ironisch-sarkastischen Erregtheit geprägten Kolumne. Aufregen über zugegebenermaßen kein ganz neues Thema, aber über eines, das mir auch in eigener Sache immer mehr zu denken gibt. Es geht um den Umgangston in sozialen Netzwerken und Kommentarforen. Denn der wird immer aggressiver.

Da wird gepöbelt, geschimpft, verunglimpft und verhöhnt, dass man den Kotz-Emoji erfinden müsste, wenn es ihn nicht schon gäbe. Verbalhiebe unter die Gürtellinie offenbaren bei Kommentierenden immer mehr eine erschreckende Unfähigkeit zu einer respektvollen, von Argumenten geprägten Diskussionskultur.

Da platzt die Hutschnur

Mir platzt die imaginäre Hutschnur bei dem, was sich dabei auch unsereiner heutzutage alles bieten lassen muss. Mit unsereiner meine ich natürlich nicht nur meinereiner, sondern alle Kolleginnen und Kollegen in der Medienbranche, die das Glück – oder Pech – haben, auch die Neuen Medien zu nutzen, die inzwischen zwar auch schon alt sind, aber eben immer noch neu genannt werden.

Generell begrüßen wir (und da spreche ich sicher auch für alle Kolleginnen und Kollegen) selbstredend Kommentare und Meinungen unserer Leserinnen und Leser zu unseren medialen Angeboten. Ein sachlicher, am jeweiligen Inhalt orientierter Meinungsaustausch bringt beiden Seiten etwas. Doch immer häufiger haben wir es mit einer regelrechten Kommentar-Wut zu tun, wobei Wut hier im Wortsinne verstanden werden soll.

Ich möchte an dieser Stelle nicht weiter auf all die Dämlacke eingehen, die auf die „Lügenpresse“ (wie erst jüngst wieder im ZDF-Morgenmagazin geschehen) und das „Staatsfernsehen“ schimpfen. Diese Leute offenbaren eklatante Bildungslücken über Presse und Rundfunk und deren Organisation und Geschichte in dieser Republik und disqualifizieren sich damit selbst.

Häme und Drohungen

An dieser Stelle meine ich vor allem jene Typen, die sich aus der Anonymität heraus in ihren Kommentaren einen Ton anmaßen, den unverschämt zu nennen eine Verharmlosung wäre. Da machen sich Leute, die nicht der Lage sind, auch nur einen grammatikalisch und orthografisch korrekten Satz zu schreiben, hämisch über kleinste Tippfehler lustig, da werden Verfasser von Artikeln und anderen Meinungen dermaßen persönlich beschimpft, dass ich mich frage, auf welche Weise die Sozialisation dieser Zeitgenossen wohl grandios gescheitert sein mag. Mit einer schwierigen Kindheit allein lässt sich das doch nicht erklären!

"Drecks Gesocks"

Ja, jetzt gibt's endlich auch konkrete Beispiele für solche Kommentare. Hier das erste Zitat aus dem Fundus unserer Homepage: "Dem drecks Gesocks von Weser Kurier Mitarbeiter sollten man den SChädel einschlagen ... hoffentlich läuft mir mal so ein Stück WK-Scheiße übern den Weg der wird das dann echt bereuen ... Drecks Gesocks". Auch folgender Kommentar erreichte uns, Zitat: „Schon seltsam was für Hurensöhne beim WK die freie Meinung Zensieren, freue mich über jeden Todgeschlagenen Weser-Kurier Mitarbeiter! Drecks Gesindel vom Weser-Kurier“.

Offensive Forderungen

Doch nicht nur mit solchen Verbal-Attacken sehen wir uns konfrontiert, sondern auch mit einer immer offensiveren Forderungshaltung: Wir müssen, klar, stets genau über das eine Thema berichten, das den jeweiligen User gerade interessiert. Sonst weist dieser User uns umgehend via Kommentar darauf hin, dass der Artikel keinen Menschen interessiert und fragt, wie unsereiner sich anmaßen kann, so einen Blödsinn zu veröffentlichen.

An dieser Stelle auf den guten Immanuel Kant und dessen kategorischen Imperativ zu verweisen, ginge wohl etwas zu weit. Aber was bitteschön ist denn so schwer daran, Meinungen anderer zu respektieren, die eigene Meinung argumentativ und nicht aggressiv zu vertreten und zumindest ein gewisses Maß an Kultiviertheit im Umgang an den Tag zu legen?

Zum Schluss ein Hinweis: Dies ist eine Kolumne mit Beiträgen, in denen der Autor Meinungen äußert und kein Artikel mit dem Anspruch auf sachliche Ausgewogenheit. Das nur zur Vorbeugung. Denn den Unterschied zwischen Kommentar und Bericht kennen viele leider auch nicht.

Alle "Rabba regt sich auf"-Beiträge gibt es in unserem Dossier.

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