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Interview mit Buchautorin „Kinderrechte sind Menschenrechte“

Claudia Kittel ist ­Expertin für Kinderrechte und erklärt im Interview, welche Rechte es gibt, wie sie in Deutschland geschützt sind und wie die Lage sich in der Corona-Pandemie verändert hat.
08.04.2022, 09:00 Uhr
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„Kinderrechte sind Menschenrechte“
Von Olga Gala

Was sind Kinderrechte?
Claudia Kittel: Kinderrechte sind Menschenrechte. Die hat man, weil man ein Mensch ist. Sie betreffen Dinge, die so wichtig sind, dass man sie niemanden nehmen darf. Die Kinderrechte regeln das Verhältnis von Staaten und Kindern.

Welche Arten von Kinderrechten gibt es?
Claudia Kittel: Kinderrechte werden in drei Gruppen eingeteilt. Ganz am Anfang gab es die Schutzrechte. Kinder sollten in Kriegen und anderen schlimmen Krisen besser geschützt werden. Das haben sich Politikerinnen und Politiker schon vor fast 100 Jahren überlegt. Später kamen Förderrechte dazu. Sie betreffen die Bereiche Schule, Gesundheitswesen und saubere Umwelt. Beteiligungsrechte geben Kindern das Recht mitzuentscheiden. Sie kamen neu hinzu, als die UN-Kinder­rechtskonvention vor 30 Jahren in Kraft getreten ist.

Wieso sind Kinderrechte wichtig?
Claudia Kittel: Kinderrechte braucht es, weil Erwachsene die Bedürfnisse von Kindern häufig übersehen. Sie treffen Entscheidungen, die Kinder betreffen, vergessen aber Kinder und Jugendliche zu fragen, wie sie das sehen. Die UN-Kinderrechts­charta sieht aber vor, dass Kinder immer gefragt werden, wenn Entscheidungen sie betreffen.

Wann gilt das?
Claudia Kittel: Wenn zum Beispiel ein Spielplatz neu gestaltet wird, müssen Kinder angehört werden.

Und wenn ein Kind sagt – ich will aber diesen bestimmten Film gucken oder allein wegfahren und die Eltern das verbieten. Ist das auch ein Eingriff in die Kinderrechte?
Claudia Kittel: Da geht es um das Verhältnis zwischen den Eltern und den Kindern. Eltern haben das Recht, ihre Kinder zu erziehen und sie vor bestimmten Gefahren zu schützen. Dabei müssen sie die wachsenden Fähigkeiten des Kindes berücksichtigen – je älter ein Kind wird, desto mehr kann es alleine. Aber natürlich müssen die Eltern auch die Rechte ihrer Kinder wahren, zum Beispiel das Recht auf gewaltfreie Erziehung.

Sie haben das Buch „Know Yout Rights“ über Kinderrechte geschrieben. Wieso haben Sie sich dafür entschieden?
Claudia Kittel: Zu den Kinderrechten gehören auch kindgerechte Informationen. Mein Anliegen ist es, genau zu erklären, was die Konvention kann. Denn auch in Deutschland gibt es noch Verbesserungsbedarf.

Die Konvention gilt in Deutschland seit 30 Jahren. Was für Verbesserungsbedarf gibt es?
Claudia Kittel: Im weltweiten Vergleich steht Deutschland gut dar. Wir haben sauberes Trinkwasser. Wir haben nur sehr wenige Kinder, die nicht genug zu essen haben. Aber auch in Deutschland gibt es Probleme. Es haben zum Beispiel nicht alle Kinder den gleichen Zugang zur Schulbildung. Es ist immer noch wichtig, welche Abschluss die Eltern haben.

Wie hat sich die Lage während der Pandemie verändert?
Claudia Kittel: Die Kinder sind anfangs übersehen worden. Man hatte Schutzmaßnahmen entwickelt, aber man hätte besser überprüfen müssen, ob sie verhältnismäßig sind. Zu Beginn der Pandemie wurden ja sogar Spielplätze geschlossen. Das ist ein massiver Eingriff. Die Regierung hatte es verpasst, bei Kindern nachzufragen, wie es ihnen in der Pandemie geht. Solche Umfragen haben später Unis und Forschungsinstitute gemacht. Mittlerweile sieht die Situation besser aus. Es ist Geld für Hilfsangebote bewilligt worden. Das betrifft Jugendfreizeiteinrichtungen, Kulturangebote, Vereine.

Info

Kinderrechte

Die UN-Kinderrechtskonvention gilt in Deutschland seit 30 Jahren. Am 5. April 1992 trat sie in Kraft. Die Konvention ist ein Vertrag zwischen fast allen Staaten der Welt und besteht aus 54 Artikeln. Der Vertrag regelt dem Umgang der Staaten gegenüber Kindern.

Claudia Kittel

... ist Expertin für Kinderrechte. Sie leitet die Monitoring-Stelle zur UN-Kinderrechtskonvention. Das bedeutet: Sie und ihre Mitarbeitenden überprüfen regelmäßig, wie es um die Kinderrechte in Deutschland steht. Auch hier gibt es noch viel zu tun, zum Beispiel in Bezug auf Kinderarmut, Gewalt oder Diskriminierung. In ihrem Buch „Know Your Rights“ erklärt sie Kindern und Jugendlichen die UN-Kinderrechtskonvention, welche Rechte Kinder und Jugendliche haben, was sie bedeuten – und wie man sie einfordern kann. Es geht etwa um das Recht auf Bildung, auf Privatsphäre und Berücksichtigung der Meinung der Kinder. An dem Buch haben auch Kinder und Jugendliche mitgearbeitet.

Hilfe holen

Wenn du ein Problem hast, besprich das am besten zuerst mit einer erwachsenen Person, der du vertraust. Wenn das nicht geht, kannst du die Nummer gegen Kummer unter 116 111 anrufen. Wenn du lieber chatten möchtest, ist das kein Problem. Mehr Infos gibt es unter: www.nummergegenkummer.de.

Möchtest du dir von einem jungen Menschen helfen lassen, hole dir unter www.juuuport.de Unterstützung. Dort helfen dir junge Menschen zwischen 16 und 24 Jahren bei Problemen im Netz – sei es Cybermobbing, Online-Abzocke oder Stress in den sozialen Netzwerken.

Auf der Website www.kindersache.de findest du viele Infos zu den Kinderrechte. Du kannst auch eigene Fragen zu dem Thema stellen.

Wenn du Hilfe bei dem Thema sexueller Missbrauch brauchst, kannst du dich an das Hilfstelefon unter der Nummer 0800 22 55 530 wenden. Der anonyme Anruf kostet nichts. Es wird auch Onlineberatung angeboten unter: www.nina-info.de.

Wenn akute Gefahr besteht, wähle den Polizeinotruf 110.

Brauchen du oder ein Kind aus deiner Umgebung dringend Hilfe, könnt ihr euch an den Kinder- und Jugendnotdienst wenden. Er ist rund um die Uhr zu erreichen unter 0421 / 699 11 33.

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