Der Kultur geht es schlecht. Theater, Kinos, Konzertsäle sind seit Monaten dicht, es gibt kaum Unterstützung und noch weniger Perspektiven. Kulturschaffende haben also allen Grund dazu, unzufrieden zu sein mit der Pandemie-Politik. Wie jeder, dem der Eiertanz in den Schulen oder die Eingriffe in die Grundrechte zu weit gehen. Das ist in einer Demokratie sogar erwünscht, notwendig. Doch sollte Kritik möglichst konkret sein, wenn sie irgendetwas besser machen soll. Die Mischung aus Pauschalurteil und triefendem Sarkasmus, mit der sich Dutzende Schauspielerinnen und Schauspieler nun an Regierung, Wissenschaft und Medien abarbeiten, bewirkt das Gegenteil.
Bezeichnenderweise kommt der lauteste Applaus für die Kampagne „#allesdichtmachen“ aus einer Ecke, in der schon lange kein Interesse mehr an sachlichen Diskussionen gezeigt wird. Aus dieser Ecke stammen auch Menschen, die regelmäßig zu Tausenden ohne Maske auf die Straßen gehen, Journalisten angreifen, Seite an Seite mit Nazis und wirren Predigern, die das Virus für eine Erfindung und Angela Merkel für eine Echse im Frauenkostüm halten. Sie dürfen sich durch die Aktion bestärkt fühlen.
„#allesdichtmachen“: Liefers, Makatsch und Co. handeln verantwortungslos
Ein noch größeres Problem an der Kampagne ist, dass unter den Millionen Menschen, die Heike Makatsch, Jan Josef Liefers und Co. im Internet mit ihren Botschaften erreichen, auch solche sind, die sich jetzt ihrer Corona-Müdigkeit hingeben, das Einhalten lebenswichtiger Regeln weniger ernst nehmen, womöglich auch erstmals auf quere Gedanken kommen könnten.
Von den Filmstars, die ihr Gesicht für „#allesdichtmachen“ hergegeben haben, hätte man mehr erwarten dürfen. Mehr Verantwortung im Umgang mit der riesigen Reichweite, die sie im Netz haben. Mehr Gespür dafür, wem sie damit trotz aller nachträglichen Distanzierungen in die Karten spielen. Und mehr als das Argumentationsmuster einer Dreijährigen, die keine zweite Bratwurstschnecke bekommt: einfach irgendwie dagegen und möglichst laut zu sein, und das ohne jeden Lösungsvorschlag.
Ja, Satire darf das. Aber Fans und Followern damit vorzugaukeln, das würde irgendwas zum Guten wenden, macht alles nur noch schlimmer.