Bremen Stadtteile Osterholz Verden Diepholz Delmenhorst Wesermarsch Oldenburg Rotenburg Cuxhaven Bremerhaven Niedersachsen

Annette Niebuhr ist seit knapp 30 Jahren Pastorin in der Christuskirche „Friedensbewegung war mir ganz wichtig“

Als die heute 62-Jährige in die Neue Vahr kam, war sie 1984 eine der ersten Pastorinnen in Bremen. Die Friedensbewegung lag ihr damals besonders am Herzen. In den vergangenen 30 Jahren hat sich viel verändert. Stellen wurden abgebaut, Kirchengemeinden fusionierten. Im September verabschiedet Annette Niebuhr sich in den Ruhestand.
05.01.2014, 00:00 Uhr
Jetzt kommentieren!
Zur Merkliste
Von Karin Mahlstedt

Als die heute 62-Jährige in die Neue Vahr kam, war sie 1984 eine der ersten Pastorinnen in Bremen. Die Friedensbewegung lag ihr damals besonders am Herzen. In den vergangenen 30 Jahren hat sich viel verändert. Stellen wurden abgebaut, Kirchengemeinden fusionierten. Im September verabschiedet Annette Niebuhr sich in den Ruhestand.

18. März 1984: Erstmals wird eine Frau als Gemeindepastorin eingeführt. So steht es in einer Beschreibung der Christuskirche in der Neuen Vahr. Dieses Datum ist gleichzeitig der Beginn eines neuen Lebensabschnittes für Pastorin Annette Niebuhr (62). Bald ist sie seit 30 Jahren in der Christuskirche tätig. Im September wird sie jedoch in den Ruhestand verabschiedet.

„In den 70er/80er-Jahren war es noch nicht selbstverständlich, dass Pastorinnen eingestellt wurden“, sagt Annette Niebuhr. Als sie nach Bremen kam, habe es insgesamt drei oder vier Pastorinnen in der Hansestadt gegeben. In Burgsteinfurt im Münsterland, wo sie aufgewachsen ist, habe es aber schon damals eine Pastorin gegeben. Trotz ihrer religiösen Erziehung und Verbundenheit zur kirchlichen Jugendarbeit wollte Annette Niebuhr eigentlich Lehrerin werden.

Annette Niebuhr ging zum Studium nach Köln. Dort lebte sie bei einem Pfarrer. Und sie ging Anfang der 1970er-Jahre zu den von der feministischen Theologin Dorothee Sölle mitgegründeten „Politischen Nachtgebeten“, Gottesdiensten zu aktuellen politischen Themen. „Dorothee Sölle hat mich sehr geprägt“, sagt Annette Niebuhr. Sie wurde doch nicht Lehrerin, sondern studierte an der Kirchlichen Hochschule in Bethel sowie in Münster und wurde Pastorin. Nach sechs Jahren in Bielefeld entdeckte sie in der Zeitschrift „Junge Kirche“ eine Stellenanzeige der Christusgemeinde in der Vahr.

Mitglied der Abrüstungsinitiative

„1984, als ich gekommen bin, war es die Zeit der Friedensbewegung“, sagt Annette Niebuhr. „Dieser Schwerpunkt war mir damals ganz wichtig.“ In der Anzeige der Christusgemeinde habe gestanden, dass die Gemeinde Mitglied der Abrüstungsinitiative Bremer Kirchengemeinden sei. Und weil Annette Niebuhr sich mehr für die Friedensbewegung einsetzen wollte, als es in Bielefeld möglich war, kam sie nach Bremen, gründete eine Gruppe zum Thema und arbeitete mit den Gemeindemitgliedern daran, Feindbilder und Vorurteile abzubauen.

Zum Thema Frieden und Gerechtigkeit sagt Annette Niebuhr: „Ich glaube, dass der jüdische Glaube im Alten Testament und das, was Jesus gesagt hat, das ganze Leben umfasst.“ 1985 gründete die Gemeinde einen der ersten Eine-Welt-Läden in der Vahr. Einen Tag lang fasteten die Gemeindemitglieder für Südafrika. Auch feministische Theologie und die Frauen in der Bibel sichtbar zu machen, waren und sind ihr wichtig bei ihrer Arbeit. „Wir denken immer, die Bibel ist ein Buch der Männer“, sagt sie, „aber es ist zum Beispiel ganz klar erwiesen, dass Jesus nicht nur männliche Jünger hatte.“

Anfang der 1990er-Jahre seien viele Russlanddeutsche in die Gemeinde gekommen, erzählt Annette Niebuhr. Das habe Veränderungen und auch Bereicherungen gebracht. „Das Schicksal der Russlanddeutschen im letzten Jahrhundert war ja furchtbar“, sagt sie, „das hat mich sehr berührt und immer tief bewegt.“ 2000 gestaltete Annette Niebuhr den Kirchraum in der Christuskirche um, ließ Bänke hinauswerfen, um Platz zu schaffen für Bewegung, und sie ließ eine Seitenkapelle einrichten.

2006 fusionierte die Christuskirche mit der Heilig-Geist-Gemeinde und der Dreifaltigkeits-Gemeinde zur Kirchengemeinde in der Neuen Vahr. „Wir haben den Namen extra gewählt, um deutlich zu machen, dass wir eine Kirche für die Menschen im Stadtteil sein wollen“, sagt die Pastorin. Auch eine gute Zusammenarbeit mit Initiativen und Organisationen aus dem Stadtteil sei der Kirchengemeinde wichtig.

Die drei Kirchen mit ihren Gemeindezentren sind geblieben. „Wir wollten Schwerpunkte bilden“, erzählt Annette Niebuhr. Die Schwerpunkte ihrer Arbeit in der Christuskirche sind Musik und Spiritualität. In der Dreifaltigkeitskirche steht die Arbeit mit Kindern, Jugendlichen und Familien im Mittelpunkt. In der Heilig-Geist-Kirche liegt der Schwerpunkt auf Sozialdiakonie und Stadtteilarbeit. Pastorin für die beiden anderen Gemeinden ist Angela Schnepel. „Es war ein schwerer Weg, dahin zu kommen, dass alle Menschen in den Gemeindezentren das Gefühl haben, sie können sich für das Ganze einbringen“, sagt Annette Niebuhr. Im September geht die Pastorin in den Ruhestand. „Das Pastorinnendasein war gerade in den letzten Jahren mit den ganzen Personalkürzungen sehr anstrengend“, sagt sie. 1959 hatte der Kirchentag fünf Pfarrstellen für die drei Kirchengemeinden in der Neuen Vahr bewilligt. Heute sind Annette Niebuhr und Angela Schnepel zu zweit für die drei Kirchen und dazugehörigen Gemeindezentren da. Fast 30 Jahre lang hat Annette Niebuhr zusammen mit ihrer Lebensgefährtin im Pfarrhaus neben der Christuskirche gewohnt. Seit Kurzem leben sie in Sebaldsbrück. „Aber wir fühlen uns immer noch als Vahraonen“, sagt sie.

Zur Startseite
Mehr zum Thema

Das könnte Sie auch interessieren

Rätsel

Jetzt kostenlos spielen!
Lesermeinungen (bitte beachten Sie unsere Community-Regeln)