Der „Treffpunkt im Quartier“ in der Apoldaer Straße hat sich zu einem Vorbild-Projekt entwickelt. Jetzt waren leitende Bankangestellte dort und haben im Rahmen des sogenannten Social Days im Garten und in den Büroräumen handwerklich gearbeitet. Pastor Jan Lammert aber schildert, welches Leben inzwischen den „Tiq“ ausmacht.
Es herrscht viel Leben an diesem Tag rund um das Grundstück des „Treffpunkts im Quartier“, kurz Tiq, in der Apoldaer Straße. Hecken werden beschnitten, Beete von Unkraut befreit, Grassoden fliegen umher. Störrische Baumwurzeln haben Gehwegplatten hochgedrückt, sodass hier neu gepflastert werden muss. Eine Gruppe angehender Konfirmandinnen hat beim Durchpflügen eines Beetes alte Kartoffeln vom Vorjahr entdeckt.
Im Inneren des ehemaligen Gemeindehauses sind Männer und Frauen damit beschäftigt, die Wände weiß zu streichen oder abzutönen. Pastor Jan Lammert beobachtet den Fortschritt der Arbeiten. Eine ältere Dame bringt ein Blech Aprikosenkuchen zur Stärkung vorbei. Die Helfer, die an diesem tag im Einsatz sind, haben sonst eher weniger mit Garten- oder Malerarbeiten zu tun. Im Rahmen des sogenannten Social Days haben sich 25 leitende Angestellte der Deutschen Bank bereit erklärt, das Projekt „Treffpunkt im Quartier“ in Aumund zu unterstützen und einen Tag lang Krawatte und Anzug mit Heckenschere und Malerpinsel zu tauschen.
„Wir freuen uns, an diesem Tag einmal über den Tellerrand blicken zu können“, sagt Wolfgang Voß, Filialleiter der Deutschen Bank. Gekommen sind an diesem Tag nicht nur Filialleiter von Banken in ganz Bremen, sondern unter anderem leitende Banker aus Oldenburg, Bremerhaven und Bad Zwischenahn. „Dieses Konzept hat Vorbildcharakter für ganz Bremen-Nord“, freut sich Ortsamtsleiter Heiko Dornstedt, der mit Voß im Bürogebäude arbeitet.
Das Projekt Tiq der evangelischen Kirchengemeinde hat sich inzwischen zu einem Selbstgänger entwickelt, urteilt Pastor Jan Lammert . Dabei stand nach der Fusion der beiden Aumunder Gemeindezentren im Jahr 2006 zunächst sogar der Verkauf des Gebäudes zur Diskussion. „Mit unserer dünnen Personaldecke hätten wir das Haus nicht mit genügend Leben füllen können. Also haben wir uns überlegt, den Komplex als sozialdiakonisches Projekt weiterzunutzen und Menschen aus der Region zusammenzuführen.“
Inzwischen belegen unterschiedlichste Gruppen die Räumlichkeiten in der Apoldaer Straße 25. Unter dem Motto „Miteinander – Füreinander im Quartier“ finden zum Beispiel christliche und islamische Bevölkerungsgruppen zusammen. Das Projekt „Drehscheibe“ hält Spiel- und Gestaltungsangebote für Kinder der benachbarten Schule Borchshöhe vor. Eine türkische Mutter-Kind-Gruppe hat hier eine feste Anlaufstelle gefunden, die Siedlergemeinschaft Aumund arbeitet die Stadtteilgeschichte auf, im Pib-Elterncafé können sich Erwachsene austauschen, die als Pflegekinder aufgewachsen sind.
Einmal jährlich verkauft der Basarhandarbeitskreis selbst gebastelte Karten oder Strickwaren. In der Gruppe „Fixativ“ können Hobbymaler künstlerischen Ambitionen nachgehen, während der Verein für Innere Mission günstige Kleidung anbietet. Auch eine Yogagruppe für Senioren, eine historische Tanzgruppe, ein Selbsthilfetreff für Allergiker und eine Gruppe für familienorientiertes Integrationstraining haben im Treffpunkt im Quartier eine Anlaufstelle gefunden.
Die Gruppen seien zwar in der Regel unabhängig, wie Jan Lammert erzählt. Nicht nur im Zuge gemeinsamer Veranstaltungen wie dem alljährlichen Frühlingsfest habe die Vielfalt der Kurse und Treffs jedoch dazu geführt, dass die beteiligten Manschen zunehmend über den eigenen Tellerrand blicke. „Viele, die vorher nicht viel miteinander zu tun hatten, schnacken jetzt im Supermarkt miteinander. Freundschaften bauen sich auf“, weiß Lammert zu berichten.
Aus alter Verbundenheit zu dem ehemaligen Gemeindehaus schauen auch während des Social Days viele ehemalige Mitarbeiter aus dem Kirchenvorstand vorbei. „Es muss nicht schön aussehen, nur praktikabel sein. Wer nicht so gut in der Gartenarbeit ist, kommt eben als Handlanger zum Einsatz“, ermuntert Wolfgang Voß noch einmal seine Mitarbeiter.