Sie ist die Tochter aus „Nicht ohne meine Tochter“. Die ganze Welt kennt ihre Geschichte – jedenfalls so, wie ihre Mutter Betty sie
damals erzählte.
Nun hat Mahtob Mahmoody ihre eigene Sicht der Dinge
aufgeschrieben.
Sie schildert das Fluchtdrama aus der Perspektive des kleinen Mädchens, verrät, wie es nach dem Ende von Bettys Buch mit Mutter und Tochter weiterging – und wie sie sich von der Last der Vergangenheit und ihren Ängsten befreite.
Ende der Achtzigerjahre war Mahtob Mahmoody die berühmteste Tochter der Welt – ein schüchternes Kind, völlig verstört von ihrem 18-monatigen Zwangsaufenthalt in Iran, wo sie und ihre Mutter Betty praktisch als Gefangene der Familie ihres Vaters lebten – bis zu ihrer spektakulären und riskanten Flucht zurück in die Heimat. Millionen kennen ihr Schicksal aus dem Weltbestseller „Nicht ohne meine Tochter“; die Medien stürzten sich förmlich auf das scheue kleine Mädchen, das seiner Mom nicht von der Seite wich. Heute ist Mahtob eine lebhafte junge Frau von 35 Jahren, hat einen Studienabschluss in Psychologie und ist gerade zum 34. Mal umgezogen: in eine idyllische Gegend in Michigan, wo sie – zum ersten Mal in ihrem Leben – Besuchern ohne Angst die Tür öffnet. Lange verdunkelte der Schatten der Vergangenheit ihr Leben, aber nun genießt sie die heiß ersehnte Normalität. „Endlich frei“ (Lübbe, 19,99 Euro) heißt das Buch, in dem sie jetzt erstmals ihre Sicht der damaligen Ereignisse erzählt – es sind die Erinnerungen eines fünfjährigen Mädchens, dessen geliebter Daddy sich plötzlich in ein Monster verwandelt. 1984 überredete der persische Arzt Borzorg Mahmoody seine amerikanische Frau zu einem „zweiwöchigen Urlaub“ bei seiner Familie in Teheran. Betty ließ ihn auf den Koran schwören, dass sie in die USA zurückkehren würden, doch sobald sie in Iran waren, teilte er ihr mit: „Du bist jetzt in meinem Land. Du gehorchst jetzt meinen Regeln ... Du wirst hier niemals rauskommen, und falls doch, werde ich den Rest meines Lebens nach dir suchen. Und wenn ich dich finde, bringe ich dich um und hole Mahtob zurück.“ Sie habe sich viel zu lange von ihm täuschen lassen, sagt Betty heute. „Im Nachhinein hat sich herausgestellt, dass er das Ganze seit Mahtobs Geburt plante.“ Die fiel ziemlich genau mit dem Beginn der islamischen Revolution in Iran zusammen. Der bislang eher säkulare Borzorg radikalisierte sich zusehends. „Er ging nicht mit den Mullah-Anhängern auf die Straße, aber sie kamen zu uns nach Hause, und er besorgte ihnen die US-Flaggen, die sie bei ihren Demonstrationen verbrannten.“ Er brachte Mahtob Farsi bei und verbot ihr, sich Kindersendungen im Fernsehen anzuschauen – sie sollte möglichst keinen westlichen Einflüssen ausgesetzt sein. „Er hatte die ganze Zeit vor, sie noch vor ihrer Einschulung in seine Heimat zu schaffen.“ Diesen politischen Aspekt seines Verhaltens habe sie damals nicht durchschaut. „Er hatte aber auch psychische Probleme“, ergänzt Mahtob. „Ein hochintelligenter Mann mit narzisstischen Tendenzen und einem ungeheuren Kontrollwahn. Ich bin sicher, dass er mich liebte. Aber durch seine Taten hat er alles zerstört.“ In ihrem Buch erzählt sie von der Angst, die ihr noch viele Jahre folgte, von dem Hass, den sie empfand, den Albträumen, die sie bis ins Erwachsenenalter quälten. Als sie Anfang zwanzig war, versuchte Borzorg per E-Mail, Kontakt zu ihr aufzunehmen. „Plötzlich war alles wieder ganz nah, die Panik flackerte neu auf.“ Sie hat ihn nie wieder gesehen oder gesprochen. Borzorg starb 2009. „Als ich vom Tod meines Vaters hörte, war ich erlöst. Heute hasse ich ihn nicht mehr. Ich habe ihm vergeben. Aber mit ihm versöhnt habe ich mich nie.“ Dieses Kapitel ihres Lebens sei nun für sie abgeschlossen, beteuert sie und lächelt. „Ich bin gespannt, wie alles weitergeht. Und ich freue mich auf die Zukunft.“ Als nächstes hat sie vor, zusammen mit Betty ein Kochbuch zu schreiben. „Wir haben so viele Freunde aus allen Teilen der Welt, mit denen wir gerne kochen. Essen ist etwas wunderbar Soziales. Es bringt die Menschen zusammen.“