Die Budgets für die 28 Begegnungsstätten in Bremen werden nicht gekürzt. Aber Umstrukturierungen seien nötig, sagt Bernd Schneider als Sprecher der Sozialbehörde. Da eine andere Generation alt werde, müsse man das als Impuls nutzen, um den neuen Alten gerecht zu werden, sagt Stephan Pleyn vom Bürgerhaus Weserterrassen.
Karten spielen, tanzen, singen, miteinander sprechen, in großer Runde Geburtstagskinder ehren, auf dem Weihnachtsbasar stöbern, Ausflüge machen, mit der Wii Bowling spielen – und das alles für wenig Geld: In Begegnungsstätten finden ältere Menschen Anschluss und schließen neue Freundschaften. 28 Begegnungsstätten gibt es in Bremen, davon eine im Ostertor und eine in der Östlichen Vorstadt. Träger und Besucher sind erleichtert, dass die Sozialbehörde die Budgets nun doch nicht wie geplant kürzen wird.
900000 Euro hält das Sozialressort laut Pressesprecher Bernd Schneider pro Jahr für die 28 Begegnungsstätten bereit. „Der Betrag soll nicht angetastet werden“, sagt er. Das habe die Politik beschlossen. „Schon vorher war klar, dass der gesamte Bereich Altenarbeit aufgestockt werden wird“, sagt Schneider. „Es bleibt aber dabei, dass die Senioren-Begegnungsstätten auf den Prüfstand kommen.“ Umstrukturierungen seien nötig, weil einzelne Einrichtungen sehr gut angenommen werden, aber zu wenig Geld hätten, andere Einrichtungen sehr schlecht frequentiert würden, aber dafür vergleichsweise viel Geld bekämen. Es solle ein Gesamtkonzept erstellt werden, das auch die Dienstleistungszentren und die aufsuchende Altenarbeit mit einbeziehe und das im Frühjahr vorgelegt werden solle.
Auch über Struktur und Angebote von Begegnungsstätten müsse nachgedacht werden, sagt Stephan Pleyn vom Bürgerhaus Weserterrassen am Osterdeich. In den Weserterrassen gibt es eine staatlich geförderte Seniorenbegegnungsstätte, aber das Bürgerhaus betrachte sich eben auch insgesamt als Begegnungsstätte. Angebote wie beispielsweise die Weihnachtsfeier am Heiligen Abend seien so ausgelegt, dass sich die Generationen treffen. „Der wesentliche Sinn besteht darin, dass sich Menschen begegnen.“
Es kommen Kinder, deren Eltern, jüngere Ältere und die ganz Alten. Vor allem die jüngeren Älteren, ab 65 Jahre, haben andere Bedürfnisse als ihre Vorgängergeneration, sagt Stephan Pleyn. Sie seien anders aufgewachsen, wollen sich nicht einfach nur bespaßen lassen, sondern nach dem Ausstieg aus dem Beruf selbst kreativ und kulturell tätig werden. „Sie wollen die Infrastruktur einer Begegnungsstätte nutzen, um selbst etwas auf die Beine zu stellen.“ Auch das Angebot des Bürgerhauses ist von der Sozialbehörde überprüft worden. Stephan Pleyn sieht das nicht kritisch als eine Kontrolle, sondern freut sich über das Interesse. Dass das Thema Altenarbeit jetzt auf der Tagesordnung steht, finde er gut. „Ich hoffe, dass dieser Impuls jetzt nicht verpufft.“
Die Begegnungsstätten haben unterschiedliche Träger. Der Verein „Aktive Menschen Bremen“ (Ameb) führt die Hälfte aller Einrichtungen. Der Verein Lebensabend-Bewegung (LAB) leitet die Begegnungsstätte „Lange aktiv bleiben“ in der Hoppenbank. Auch dort habe man die Notwendigkeit von Umstrukturierungen erkannt und sei bereits dabei, sagt die Begegnungsstätten-Leiterin Maren Wilkens. Die neue Generation der Alten brauche andere Angebote als die jetzige, müsse sich die aber auch leisten können. Altersarmut ist kein neues Thema mehr. Viele der heutigen Beschäftigten bekommen später nur eine kleine Rente, wollen aber trotzdem am Leben teilhaben. Das können sie in Begegnungsstätten. „Bei uns kostet ein Kaffee 70 Cent, und nicht 2,50 Euro“, sagt Maren Wilkens. Auch Sport, Englischkurse und andere Aktivitäten gibt es zum kleinen Preis, damit auch wirklich jeder mitmachen kann. Aber dafür müsse die staatliche Förderung auch über dieses Haushaltsjahr hinaus weitergehen. „Für manche Menschen bedeutet die Begegnungsstätte alles“, sagt Maren Wilkens. Sie säßen ansonsten allein zu Hause, vereinsamen, bilden möglicherweise eine Depression aus. Das koste den Staat mehr als die Förderung von Begegnungsstätten.
Für die, die es nicht mehr in die Begegnungsstätten schaffen, haben sich die Träger vernetzt und versuchen, den Menschen ein wenig Begegnungsstätte nach Hause zu bringen. Die aufsuchende Altenarbeit ist ein Bereich, der sowohl im Bürgerhaus als auch bei „Lange aktiv bleiben“ an der Hoppenbank derzeit ausgebaut wird. Christa Sönksen leitet die Begegnungsstätte Arbergen des Vereins Ameb. Die Begegnungsstätte ist gut besucht. „Viele Senioren kommen mehrmals die Woche“, sagt Christa Sönksen. Lüder Feht (80) wohnt gleich um die Ecke der Begegnungsstätte. Er kommt zum Mittagessen – und zu den Geburtstagsrunden mit Kaffee, Kuchen und Tanz, denn er tanzt liebend gern, sagt er. Wenn er ihn überreden kann, kommt Ernst Fronzek mit. Im Oktober ist er 90 geworden. Seine Frau ist verstorben. Jetzt isst er jeden Tag in der Begegnungsstätte zu Mittag.
Helga Hoffmann (75) aus Osterholz war erschrocken, als sie in der Zeitung las, dass den Begegnungsstätten Kürzungen drohen. Mitte der 1990er-Jahre leitete sie für zwei Jahre die Begegnungsstätte Ohlenhof der Arbeiterwohlfahrt. „Das war ganz toll“, sagt sie. Die Begegnungsstätten seien Orte, wo Frauen mal alles rauslassen könnten – ohne dass die Familie genervt sei. Das Thema ist Helga Hoffmann so wichtig, dass sie 2004 in einem Schreibkursus sogar eine Geschichte geschrieben hat, die von einer Frau mit Namen Therese handelt, die in einer Begegnungsstätte Anschluss findet, nachdem ihre Tochter mit ihrer Familie in eine andere Stadt gezogen ist. „Es müsste viel mehr Begegnungsstätten geben“, sagt Helga Hoffmann. „Es ist wichtig, im Alter einen Termin zu haben, das merke ich auch bei mir. Es geht um Beziehungen im Leben, auch für ältere Menschen.“
Hastedter Vorbild
Ursel Greulich hat es vorgemacht: Als Leiterin der Begegnungsstätte Wehrschloss – der heutigen Gaststätte am Hastedter Osterdeich – hat sie Seniorinnen und Senioren in Bewegung gebracht und ihre Gesundheit gefördert. Und danach im Haus am Rosenberg und bei Impuls. In der Disco Tower haben Siebzig- und Achtzigjährige aus Hastedt nachmittags getanzt, und sie sind mit dem Bus abends durch Bremen gefahren. Stadtteilspaziergänge und anderes, auch als Kooperationen mit der Wilhelm-Kaisen-Bürgerhilfe, dem Fachbereich Freizeitwissenschaften der Hochschule und „Lange aktiv bleiben“ (LAB), haben gezeigt, wie es gehen kann.