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Hannover zeigt die besten Fotoreportagen Lumix-Festival: 1500 Bilder erklären uns die Welt

60 Nachwuchsfotografen aus 37 Ländern haben beim Lumix-Festival ihren Blick auf die Welt gerichtet: Sie erzählen von Leid und Tod, von Spaß und Kuriositäten, von Kraft oder dem ganz normalen Leben.
20.06.2018, 09:36 Uhr
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Lumix-Festival: 1500 Bilder erklären uns die Welt
Von Stefan Dammann

Es kommt nicht so oft vor, dass ein Nachwuchsfotograf dreimal zu den 60 Auserwählten gehört, die ihre Fotoreportage in Hannover zeigen dürfen. Hannover? Die Hochschule gehört zu den besten der Welt, wenn es um das Studium des Fotojournalismus geht. In den Listen weltweiter Preisträger räumen die Niedersachsen immer wieder ab, was abzuräumen ist. Mario Wezel zum Beispiel schleppt einen ganzen Sack Auszeichnungen mit sich herum, darunter die des besten Nachwuchsfotografen der Welt (2014) und den für das beste Bremer Pressefoto (2011 und 2016).

Wezel und Florian Müller gehören beide schon zum dritten Mal zu den Auserkorenen, die auf dem alle zwei Jahre stattfindenden Lumix-Festival zu sehen sind, für das sich jeweils um die Tausend Fotografen aus diesmal 80 Ländern bewerben. Beide haben ihre Tageszeitungserfahrung beim WESER-KURIER gesammelt, in jeweils halbjährigen Praktika, denn die Zeitung und die Hochschule pflegen seit neun Jahren eine enge Zusammenarbeit. Jeweils zwei Studenten sind zu Gast in Bremen und kümmern sich dabei auch um die Fotoreportage im KURIER am SONNTAG. Müller war 2009 der erste von inzwischen 36 Studenten, Wezel kam 2010.

Bremer gewann Preis beim Lumix

Wenn Wezel an seine Monate in Bremen zurückdenkt, fällt ihm vor allem die Schaffermahlzeit ein. Die sollte er damals fotografieren und sie hat ihn so fasziniert, dass er vier Jahre lang immer wieder gekommen ist und daraus eine Langzeitstudie gemacht hat, fotografisch gesehen. Wofür es dann einen Preis gab.

Doch so einfach das klingt, so einfach ist es nicht. Mit guten Fotos Erfolge zu erzielen, sie auch irgendwo gedruckt zu sehen und damit Geld zu verdienen, davon träumen viele. Müller und Wezel haben es geschafft. Während Florian Müller die Grundausstattung seines Lebens über eine Tätigkeit als Kameramann und Cutter sowie als Fotograf für die Wirtschaft sicherstellt, ist es bei Wezel nur die Wirtschaft. „Die zahlen einfach besser“, sagt Wezel, und Müller ergänzt: „Die Werbung versucht ja, immer menschlicher herüberzukommen. Dafür braucht es eben auch ein Stück Fotojournalismus.“ Beiden Fotografen gehen aber die freien Geschichten über alles. „Ein gutes Bild braucht Zeit, ansonsten bildet man nur etwas ab“, sagt Müller, „ich muss und will neben dem Geldverdienen an freien Projekten arbeiten, die sich niemand als Auftrag leisten könnte.“ Und vielleicht lässt es sich ja später doch irgendwo drucken. Das sei doch der Grund, warum er Fotojournalist geworden sei – und nicht Fotograf.

Mario Wezel zum Beispiel lebt gerade drei Monate auf der Schwäbischen Alb, obwohl sein Wohnort eigen tlich Hannover ist. Dort arbeitet er an einem Projekt über ländliche Regionen im Südwesten Deutschlands. Und dann sind seine Geschichten aus solchen Ideen immer wieder in der „Zeit“, der „Süddeutschen“ oder dem „Stern“ zu sehen.

Wezel hat, wie er selbst sagt, einen Hang zu ungewöhnlichen Orten. Was bei der Tageszeitung nicht immer so funktioniere. Wezel: „Die Herausforderung beim WESER-KURIER war, in möglichst kurzer Zeit ein bestes Ergebnis herauszuholen. Dabei waren die Orte jedoch meistens sehr gewöhnlich und schon gar nicht exotisch.“ Und doch: „Bei einer Tageszeitung lernt man, die Zusammenhänge des Lebens zu begreifen und zu sehen, was es da draußen außer der eigenen Wirklichkeit noch so gibt. Die Vielseitigkeit ist extrem spannend“, so Wezel.

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USA: Realität und Vorstellung abgleichen

Beim Lumix-Festival ist er mit einer Fotoreportage über das Leben in den USA zu sehen, Titel „Träumst du manchmal von Amerika?“. Vier Jahre hat er dort gelebt und Roadtrips gemacht, um das Land in allen seinen Facetten zu porträtieren. Wezel: „Ich wollte versuchen, mein fiktives Bild von den USA mit der Wirklichkeit abzugleichen.“ Die Erkenntnis: Es gebe weit verbreitet die Hoffnung, dass alles besser wird und man es nur in die Hand nehmen müsse.

Ganz anders hat sich Florian Müller aufgestellt und nicht die klassische Fotoreportage gemacht. Er stellt sich unter dem Titel „Hashtags unplugged – Von Lastern und Leitmotiven“ in Konkurrenz zu Instagram und geht damit der Frage nach, welchen Stellenwert die Bilder in dem sozialen Medium und für die Nutzer überhaupt haben. Müller: „Es gibt ja nichts, was nicht auch von Amateuren fotografiert wird.“ Dabei gehe es ihm darum herauszufinden, mit welchen Werten sich die Menschen dort darstellen und diese zu hinterfragen. Ist das echt, was bei den Bilder herüberkommt? Ist es Fassade? Was ist geschönt und was Fake? „Ich erzähle meine Geschichten ganz nah an ihren Accounts und suche dahinter“, resümiert er. Er zeigt zu jedem Protagonisten seine eigenen Bilder, aber immer auch ein Auslösemotiv des Porträtierten, der immer ein Millenial ist, also zwischen 1980 und 2000 geboren – mithin mit den sozialen Netzwerken groß geworden.

Für Müller hat sich dadurch auch die Fotografie insgesamt verändert. Die Selfie-Kultur habe sich durchgesetzt und sei mit ihren Ergebnissen nicht vorhersehbar. Umso wichtiger, dass der Fotojournalismus sich zu einem starken Pendant entwickele. „Wir schaffen es, dass der Betrachter die Welt durch die Augen eines anderen sieht, der unvoreingenommen und mit viel Zeit einen Blick auf das Geschehen richtet“, sagt Müller. Das sei ein schwerer Weg, „wir müssen einen langem Atem haben, um daneben zu bestehen. Mit gutem Journalismus“.

Zur Person

Zur Person

Mario Wezel

geboren 1988 in Nürtingen, Baden-Württemberg, hat schon mehrere Preise gewonnen. Auch zweimal den Bremer Fotopreis (2011/2016). Höchste Auszeichnung war 2014 die des besten Nachwuchsfotografen der Welt. Er hat 2016 seinen Bachelor gemacht. Mehrere Praktika, darunter National Geographic in Washington.

Weitere Informationen

Das Lumix-Festival findet noch statt bis Sonntag, 24. Juni, jeweils von 10 bis 20 Uhr in der Hochschule, Expo-Plaza 2 in Hannover, sowie auf der Plaza und den Gebäuden drumherum. Neben den 60 Fotoreportagen gibt es Führungen, Diskussionen und Gespräche mit Fotografen. Weitere Infos: www.fotofestival-hannover.de

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