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Sauerteig: Saftige Krume und knackige Kruste

Wer ein Sauerteigbrot backen will, braucht Zeit, Geduld und viel Gespür. Die Mühe lohnt sich aber.
01.11.2015, 00:00 Uhr
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Sauerteig: Saftige Krume und knackige Kruste
Von Catrin Frerichs

Wer ein Sauerteigbrot backen will, braucht Zeit, Geduld und viel Gespür. Die Mühe lohnt sich aber. Der fertige Teig lässt sich zudem lecker aufpeppen: mit Sonnenblumenkernen, gerösteten Zwiebeln, Nüssen oder Oliven.

Schon mal von Hermann und Hermine gehört? Diese beiden sind fast wie Haustiere: Sie brauchen täglich Futter und Spaziergänge. Ihr Lebensraum: die Küche. Hermann und Hermine sind Sauerteige. Sie bestehen aus Weizenmehl, Milchsäurebakterien, Hefe und Milch, Pflanzenöl oder Wasser.

Wer in einem Haushalt mit Schulkindern wohnt, hat mit den beiden womöglich schon Bekanntschaft gemacht. Der Teig ist die Grundlage für Hermannkuchen und wird gern weitergereicht, um aus dem Ansatz neuen Teig zu zaubern. Wenn man ihn regelmäßig füttert und umrührt, vermehrt er sich und bleibt stabil.

Klassischer Sauerteig kommt ohne Hefe aus. Dafür braucht es nur Roggenmehl und Wasser. Während der Herstellung von Natursauerteig läuft im Sauerteig die Milchsäuregärung ab. Dabei wird Zucker von Milchsäurebakterien zu Milchsäure vergoren.„Sauerteigkulturen helfen bei der Fermentation von Roggenmehl“, erläutert der Bremer Bäcker Dennis Otten. Durch die Versäuerung wird das Mehl aufgespalten, dadurch werde es besser vom Körper verdaut, die Brote sind bekömmlicher, sagt der Inhaber der Bäckerei Schroeder im Bremer Stadtteil Walle. Roggenmehl, das vor allem in Deutschland sehr verbreitet ist, wird erst durch die Milchsäure backbar. „Ohne die Säure wird das Mehl matschig, denn es enthält mehr Schleimstoffe als helles Mehl“, sagt Otten.

Wichtig ist das Verhälnis von Milch- zu Essigsäure, die ebenfalls beim Herstellen des Teiges entsteht und für den guten Geschmack sorgt. „Idealerweise ist das Verhältnis 75 zu 25 Prozent“, erläutert Otten. Er selbst verwendet kontrolliertes Startkultur und gibt diesen Sauerteigkulturen Roggenschrot und Wasser bei. Morgens um sechs Uhr setzt Otten den Teig an. In drei Stufen entwickelt er sich dann bis in die nächste Nacht. Die Schwierigkeit beim Selberansetzen: das Verhältnis lässt sich schlecht kontrollieren.

Das dunkle Brot gilt als „Königsdisziplin des Selberbackens“, sagt Martin Pöt Stoldt. Er ist Autor des Buchs „Der Sauerteig – das unbekannte Wesen“. Hat man eine gute Anleitung und bringt genug Zeit mit, sei es ganz einfach, schreibt er. Im Prinzip verrührt man bloß Mehl mit Wasser und lässt das Ganze ein paar Tage stehen. Trotzdem ist das Backen mit Sauerteig manchmal nervenaufreibend.

„Bisweilen zeigt er sich launisch, und es braucht Zeit, bis man sich mit der Diva angefreundet hat“, beschreibt etwa Martin Johansson in seinem Buch „Sauerteigbrot“. Schon kleine Temperatur- oder Zubereitungsunterschiede können das Gelingen des Brotes vermasseln.

Beim Backen gelte es, durch Wasser, Mehl, Zeit und Temperatur ein komplexes mikrobiologisches Milieu zu steuern, betont Bäckermeister Bernd Kütscher, Direktor der Akademie des Deutschen Bäckerhandwerks. Und das geht so: Für die Startkultur Roggenmehl und warmes Wasser zu gleichen Teilen zu einem zähflüssigen Brei mischen. Dann abdecken und an einem warmen Platz 24 Stunden stehen lassen. Alle 24 Stunden wird die gleiche Menge Mehl und Wasser dazugegeben. Nach drei bis vier Tagen sollten sich Blasen und säuerliche Aromen bilden, beschreibt der Blogger Lutz Geißler. Von dieser blubbrig-blasigen Masse einen Teil abfüllen und kalt lagern. Dieser Teil heißt Starter oder Anstellgut und ist die Basis für alle weiteren Sauerteige.

Schneller geht es, wenn man seinen ersten Ansatz mit Teig von backenden Freunden, von Klassenkameraden oder vom Bäcker „impft“, rät Bernd Kütscher. Bei zehn Prozent Zugabe von vollreifem Sauerteig – bezogen auf die Mehlmenge – ist der so angesetzte neue Sauerteig innerhalb von 18 Stunden bei Raumtemperatur reif. Ein aktiver Sauerteig sollte frisch säuerlich riechen und eine schokomousseartige Konsistenz haben. Das Anstellgut lässt sich sogar aufbewahren. Im Kühlschrank hält es mehrere Tage. Wer es länger haltbar machen will, kann es einfrieren oder mit viel Roggenmehl „trocken krümeln“, sagt Kütscher. Für den perfekten Sauerteig gibt es unzählige Varianten. Zeit, Mengen, Mischverhältnisse und Temperaturangaben gewichtet fast jeder Bäcker anders. „Außerdem kann mit den Mehlen gespielt werden“, erläutert Geißler. So bringe ein höherer Weizen- oder Dinkelanteil eine elastischere und lockerere Krume, das Brot bleibe dann aber nicht so lange frisch.

Ist der Teig erst mal fertig, geht es ans Brotbacken: Für ein Roggenbrot 500 Gramm Sauerteig mit 1000 Gramm Roggenmehl, 800 Milliliter Wasser, 30 Gramm Salz und zwei Esslöffeln Brotgewürz verkneten und eine Stunde gehen lassen. Dann Brote formen und noch einmal eine Stunde warten. Schließlich bei 250 Grad Celsius 15 Minuten backen, dann bei 180 Grad Celsius eine weitere Stunde.

Damit die Kruste knusprig wird, sollte man den Laib vor dem Backen mit Wasser bestreichen, mit etwas Mehl bestreuen und kreuzförmig einen Zentimeter tief einschneiden. Wer den Grundteig beherrscht, kann experimentieren. Mit unterschiedlichen Zutaten lässt sich der Klassiker aufpeppen: mit Sonnenblumenkernen, gerösteten Zwiebeln, Nüssen, Oliven, Kastanien und Sauerkraut bis hin zu Haferflocken oder Speck. Sie kommen einfach vor dem Backen in den fertigen Sauerteig. Einmal gebacken ist die Krume von Sauerteigbrot dicht und saftig, die Kruste knackt beim Hineinbeißen. Hat man alles richtig gemacht, duftet Sauerteigbrot intensiv, ist schnittfest, bekömmlich und lange haltbar.

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