Bremen. Bremen ist Kaffeestadt, seit 2011 „Hauptstadt des fairen Handels“ – und heute ist Tag des Kaffees. Grund genug, am Aktionstag des Deutschen Kaffeeverbandes zu fragen: Wo gibt es in der Hansestadt fair gehandelten Kaffee?
Erst einmal gilt es zu klären: Was ist überhaupt fair gehandelter Kaffee – und warum achten immer mehr Verbraucher auf entsprechende Siegel? Kaffee wird an Börsen in New York und London gehandelt. Die dort erzielten Preise sind oft für die Lebensmittelkonzerne und Endverbraucher attraktiv – nicht aber für die Kaffeebauern. „Die Bauern kennen den Markt oft nicht genügend“, sagt Christopher Duis vom Bremer entwicklungspolitischen Netzwerk (Ben). Viele Kaffeebauern produzierten in abgelegenen Regionen - die organisierten Händler seien so im Vorteil. „Der Preis von fair gehandeltem Kaffee richtet sich deshalb nicht nach der Börse – sondern danach, was der Bauer braucht“, erklärt Duis.
Bei fair gehandeltem Kaffee wird Bauern ein Mindestpreis garantiert. Je nach Zertifikat gibt es weitere Kriterien. „Fairtrade“ („Fairer Handel“), das bekannteste Gütesiegel in Deutschland, achtet auf demokratische Mitbestimmung in Kaffeekooperativen. Den Bauern werden zudem günstige Finanzierungen für Investitionen sowie Beratung zur Umstellung auf Bio-Produktion angeboten. Ähnlich funktionieren andere Zertifikate wie UTZ aus den Niederlanden.
Doch fair gehandelter Kaffee muss nicht unbedingt entsprechend zertifiziert sein. Gerade kleinere Röstereien wie der Bremer Hersteller Münchhausen verzichten auf Gütesiegel, obwohl sie „fairen“ Kaffee führen. „Wir müssten für den Verwaltungsaufwand eine neue Stelle schaffen“, sagt Natalie Prüße, die stellvertretende Geschäftsführerin von Münchhausen. Sie schätzt den Anteil von fair gehandeltem Kaffee in ihrem Sortiment auf ein Viertel. „Der Bauer ist dann Mitglied von Fairtrade, das bezeugen die Importpapiere“, sagt Prüße. Nur die Rösterei dürfe eben nicht das Fairtrade-Logo verwenden – weil sie kein Mitglied der Organisation ist.
Welche Gastronomen in Bremen „fairen Kaffee“ servieren, zeigt seit Neuestem eine interaktive Karte des Entwicklungspolitischen Netzwerks. Bisher sind knapp 30 Cafés und Restaurants verzeichnet, aber auch das Kino City 46 oder die Reederei Hal-Över sind dabei. Die Karte zeigt genau an, von welcher Rösterei der fair gehandelte Kaffee stammt. Bremer Hersteller sind auch dabei: Azul aus der Neustadt und die von Studenten gegründete Firma Utamtsi.
Weitere, weniger komplette Karten gibt es auch direkt von Fairtrade Deutschland sowie von einem privaten Anbieter.
Auch einige öffentliche Einrichtungen in Bremen haben bereits auf fair gehandelten Kaffee umgestellt. Claudia Elfers von der Landesabteilung für Europa und Entwicklungszusammenarbeit zählt auf: der Bremer Senat, die Kantine der Baubehörde, die Schwankhalle in der Neustadt, das Quartierszentrum Haus der Zukunft in Bremen Nord sowie das Mütterzentrum in Osterholz-Tenever. Elfers arbeitet daran, dass weitere Einrichtungen folgen: „Wir möchten gerne die Krankenhäuser überzeugen, fair gehandelte Produkte wie Kaffee anzubieten.“ Auch die Kulturszene erreiche sie nun mit ihrem Anliegen: Das Kulturfestival Breminale wolle sein komplettes Catering umstellen; das Straßenfest La Strada habe das schon getan.
Fair gehandelten Kaffee kann man natürlich auch für den Heimgebrauch kaufen. Wo, das hat die Bremer Verbraucherzentrale aufgelistet. Demnach führen insgesamt 69 Lebensmittelläden mit zum Teil mehreren Filialen „fairen“ Kaffee. Die Bandbreite reicht vom Discounter über den Weltladen am Ostertor bis zur Katholischen Gemeinde Sankt Josef in Oslebshausen.
Trotz vieler Initiativen ist in Deutschland der Anteil von fair gehandeltem Kaffee am Gesamtverkauf verschwindend gering: Rund zwei Prozent beträgt er laut Deutschem Kaffeeverband. Genaue Zahlen gibt es nicht, aber Bremen ist da womöglich schon weiter: Natalie Prüße von der Rösterei Münchhausen sagt, dass in der Kaffeestadt in den letzten zehn Jahren das Bewusstsein für hochwertigen, fair gehandelten Kaffee gestiegen sei. Sie schätzt den hiesigen Anteil von „fairem“ Kaffee deshalb auf fünf bis zehn Prozent.