Hartmut Schefe darf etwas, was anderen gerade verboten ist. Er fährt auf der Autobahn 27 zwischen Hagen und Uthlede mit seinem „Troublemaker“. So zumindest ist sein PS-starkes Fahrzeug inoffiziell getauft. Und er ist weder Mitglied einer Motorrad-Gang noch mit einem furchteinflößenden Geländewagen unterwegs, der Troublemaker ist eine Asphaltfräse, 52 Tonnen schwer und je nach Untergrund mit acht bis 15 Metern pro Minute eher gemächlich unterwegs. Ihr Name ist irreführend, eigentlich soll die Fräse helfen, den „Trouble“ – also Ärger –, den es gerade mit der A27 gibt, schnellstmöglich zu lindern.

Hartmut Schefe (oben) auf der Brücke des "Troublemaker", einer 52 Tonnen schweren Asphaltfräse.
Seit Dienstagmorgen ist ein Bautrupp dabei, in die voll gesperrte „Schellfischlinie“ ein Loch zu reißen: auf 50 Metern Länge bis zu sechs Metern tief und über die volle Breite der Bahn zuzüglich großzügiger Grünstreifen. Wie berichtet, verläuft unterhalb der Piste ein Wasserdurchlass, der so marode ist, dass Unterspülungen drohen. Zwei Löcher neben der Fahrbahn legen davon eindrucksvoll Zeugnis ab. Wie es zwischen der Oberfläche und dem knapp 50 Jahre alten Rohr wirklich aussieht, weiß niemand so genau. Auch nicht Michael Wendt von der Autobahn Gesellschaft des Bundes. Er kann nur vermuten, dass es weitere Erosionen gibt, von Außen sehen kann man das nicht. Und es mit Schallwellen zu messen, sei viel zu aufwendig und zeitintensiv, sagt er.
Mehr als ein Provisorium
So oder so müsse man an das Rohr von allen Seiten rankommen, irgendwelche Lösungen, wie bei einem Abfluss unter dem Haus, den man "minimalinvasiv" behandeln kann und neu ausspritzt, gibt es hier nicht. Auch wenn der Durchlass vielleicht gerade mal zwei Meter breit ist, er muss neu, komplett. Die Lösung ist tatsächlich mehr als ein Provisorium, denn die neue Röhre, die nun eingezogen werden soll, dürfte nicht nur einige Jahre lang halten. Sie sorgt auch dafür, dass beim dann immer noch anstehenden Neubau die Autobahn nur halbseitig gesperrt und nicht komplett stillgelegt werden muss, wie jetzt gerade.

Die A 27 ist zwischen Hagen und Uthlede zurzeit schwerem Gerät vorbehalten.
Obwohl so ganz komplett ruhig ist es natürlich nicht. Die Maschinen machen ordentlich Baulärm und der Troublemaker erschüttert spürbar den Untergrund. Sollte es hier irgendwo noch Hohlräume geben, spätestens jetzt müssten sie sich eigentlich auftun. Der Schutt, den Schefe mit seinem Monstrum abfräst, fliegt in hohem Bogen in einen vorausfahrenden Lastwagen. Per Hupe verständigen sich die beiden Fahrzeugführer. Durch vier Schichten muss sich die Maschine arbeiten. Unter dem Asphalt liegt eben nicht der Strand, wie ein alter Hippie-Spruch behauptet, sondern Beton und noch mal Beton und dann noch eine Lage HGT – eine hydraulisch gebundene Tragschicht.
Wer sich wundert, wieso manche Autobahnbaustellen zu Langzeiteinrichtungen werden, bekommt hier eine Idee davon, warum das so ist. Michael Wendt sagt: "Jeder Tag zählt!" Das klingt durchaus pathetisch, angesichts der Folgen der Vollsperrung ist es aber mehr als nachvollziehbar. Zwar gibt es inzwischen auch Lösungen für den Schwerlastverkehr, und die Umleitungsstrecken durch Hagen und Uthlede stehen nicht kurz vor dem Kollaps, die Belastungen besonders für die direkten Anwohner aber sind enorm. Bis Ende März sollen die Bauarbeiten fertig sein, die Autobahn-Gesellschaft hofft, dass es auch früher klappen könnte oder zumindest eine Fahrspur wieder freigegeben werden kann.
Damit der ambitionierte Zeitplan eingehalten werden kann, darf allerdings nicht viel dazwischenkommen. Jetzt noch mal eine längere Frostperiode – und es wird nichts mit der Freigabe, bevor der Osterverkehr anrollt. Und auch das Tag- oder vielmehr Nachtwerk ungebetener Gäste könnte die Arbeiten aufhalten, befürchtet Polier Jörg Herrmann. Er hat so seine leidigen Erfahrungen mit "Klau beim Bau". Auch wenn die Trupps in mehreren Schichten und auch sonnabends arbeiten, nachts herrscht tatsächliche Ruhe auf der A27. Zahlreiche Kameras wachen darüber, dass nichts wegkommt. Ihnen entgeht auch nicht, dass vereinzelt Autofahrer die Sperrungen umgehen und die Einsamkeit der Piste ausnutzen. Damit dürfte es allerdings nun vorbei sein. Der Troublemaker hat tiefe Furchen in ihre Formel-1-Ambitionen gefräst.