Es gibt nicht viele Fußballer, die enger mit dem FC Hagen/Uthlede verbunden sind als Tjark Seidenberg. Der mittlerweile 34-Jährige wechselte im Sommer 2006 als C-Junior von der JSG Weser/Stotel zum damals noch ganz jungen Verein, der erst sechs Jahre zuvor aus der Taufe gehoben worden war. Seit diesen frühen Tagen hat sich Seidenberg zu einer Galionsfigur der Grün-Schwarzen entwickelt. Den Jahren in der Jugendabteilung folgten unzählige als Leistungsträger der ersten Herren, ehe Seidenberg über den Posten des Co-Trainers schließlich zum Cheftrainer befördert wurde. Es steckt also ganz viel Gewicht in Seidenbergs Worten, wenn dieser mit Blick auf die gerade zu Ende gegangene Spielzeit in der Fußball-Landesliga Lüneburg sagt: "Das war die anstrengendste Saison, die ich je erlebt habe."
Mit 61 Punkten ist der FC Hagen/Uthlede am Ende auf Rang fünf eingelaufen – ein absolut zufriedenstellendes Resultat, auch für den Coach: "Die Jungs haben das überragend gemacht, vor allem, wenn man sich die Rahmenbedingungen anschaut." Denn rückblickend, das betont Seidenberg, war es ein absolutes Seuchenjahr für die Kicker von der Blumenstraße. Und das ging im Prinzip sogar schon vor dem eigentlichen Trainingsauftakt los.
Mit Benjamin Duell, der eigentlich zugesagt und fest eingeplant war, ging kurz vor Ende der Wechselfrist ein Spieler zum Rotenburger SV. Dann verletzte sich im Finale der Bornreiher Sportwoche mit Clemens Schoppenhauer ein weiterer Innenverteidiger schwer, kurz darauf beendete der Ex-Profi seine aktive Laufbahn endgültig und konzentrierte sich auf sein Co-Trainer-Amt. "Wir sind von Anfang an auf dem Zahnfleisch gekrochen", erinnert sich Tjark Seidenberg. Der Ausfall der beiden Leistungsträger, die ohne Frage zu den stärksten Innenverteidigern der Landesliga gehört hätten, war ja erst der Anfang der Misere.
Verletzungen in Serie
Im ersten Punktspiel der Saison beim SV Lindwedel-Hope zog sich Neuzugang Daniel Block einen Bänderriss zu. Kurz darauf riss bei Lars Janssen, übrigens ein weiterer Abwehrspieler, das Kreuzband. Und Julian Deppe schleppte sich nach einer Hüft-Operation die ersten Spieltage noch irgendwie durch, ehe es auch bei dem zentralen Mittelfeldspieler nicht mehr ging. Anfang Oktober folgte dann auch noch Timo Dressler mit einem Muskelbündelriss. Erst zum Ende der Saison hatte der Mannschaftsführer diese Verletzung so richtig auskuriert und konnte noch ein paar Mal eingesetzt werden. So viel Glück hatte Axel France nicht.
Der Routinier, der in der Hinrunde noch aufgetrumpft hatte, wie zu seinen besten Zeiten, kam mit einer Entzündung im Leistenbereich in diesem Jahr überhaupt nicht mehr ins Rollen und fehlte dem Seidenberg-Team komplett. Am 27. Oktober stand France das letzte Mal für die Grün-Schwarzen auf dem Platz. "Bei ihm tut es mir besonders leid, weil er nach seiner tollen Laufbahn und seiner Bedeutung für diese Mannschaft einfach ein Abschiedsspiel verdient gehabt hätte", sagt Tjark Seidenberg. Im März hatte der FC-Coach aber zwischenzeitlich ganz andere Probleme.

Denn fast zeitgleich hatten sich auch noch seine beiden Torhüter Tom Petter Rode und Ben Bruns verletzt. "Plötzlich standen wir auch noch ohne Torwart da", erinnert sich Seidenberg, der aber blitzschnell schaltete und Yannick Becker zurückholte. So kam die langjährige Nummer eins der Hagener tatsächlich noch einmal zu acht Einsätzen. Da der 34-Jährige berufsbedingt aber kaum trainieren konnte, wurden die Herausforderungen nicht weniger. "Wir haben eigentlich seit Monaten kaum noch systemtaktisch trainieren können. Es hat extrem viel Nerven gekostet, diese Situation inhaltlich vernünftig zu begleiten", sagt der Coach.
Angesichts dieser Umstände seien 61 Punkte eine "herausragende" Ausbeute, wie Seidenberg betont. "Wie die Jungs gegen diese Widerstände angegangen sind, war unglaublich." Den dritten Platz hätte der Hagener Trainer seiner Mannschaft in jedem Fall zugetraut. "Verden und der Lüneburger SK waren schon noch deutlich vor uns, aber ohne die ganzen Ausfälle wäre Rang drei sehr realistisch gewesen. Aber dafür hätten wir gegen die Teams, die gegen den Ball gut verteidigen können, eben im Training anders arbeiten müssen. Und das war aufgrund der vielen Verletzten nicht möglich", so Seidenberg weiter. So setzte es unter anderem zwei Niederlagen gegen Neetze, auch gegen Treubund Lüneburg und Uphusen holten die Hagener jeweils nur einen Zähler.
Mit 18 Spielern nach Mallorca
Tjark Seidenberg ist dennoch extrem froh, dass die Spielzeit mit zwei Siegen und einem Remis abgeschlossen wurde. "Das war für den Kopf ganz, ganz wichtig", sagt der Coach, der seine Mission nach zwei Jahren erfüllt sieht. "Ich bin damals als Cheftrainer angetreten, um nach den Oberliga-Jahren wieder eine Hagener Identität zu schaffen. Um eine Truppe aufzubauen, die im Kern wieder die Tugenden lebt, die diesen Verein und diese Mannschaft jahrelang ausgezeichnet haben. Genau das ist in den letzten beiden Jahren passiert."
Zur Mannschaftsfahrt nach Mallorca werden 18 Spieler in den Flieger steigen. Mit dabei sein werden dann auch Patrick Brouwer und Niklas Feldmann, die ebenso zu den positiven Überraschungen der Spielzeit gehören, wie auch Jan Hasselmann, der sich spätestens in dieser Saison im zentralen Mittelfeld unverzichtbar gemacht hat. Umso bitterer, dass Hasselmann ebenso wie Seidenberg nun seinen Hut nimmt – wie andere zahlreiche Leistungsträger übrigens auch. Dennoch ist dem scheidenden Coach nicht bang um seinen FC Hagen/Uthlede: "Ja, es geht viel Qualität verloren, aber es kommt auch einiges dazu. Und solange das Team diese Mentalität behält, werden die Jungs auch in der kommenden Spielzeit ihre Punkte sammeln."