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Aktion im Landkreis Diepholz Gewalt kommt nicht in die Tüte

Die Arbeitsgemeinschaft der Gleichstellungsbeauftragten im Landkreis hat zusammen mit der Bäckerinnung wieder Brötchentüten bedrucken lassen, um am 25. November auf Gewalt gegen Frauen aufmerksam zu machen.
14.11.2023, 12:25 Uhr
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Gewalt kommt nicht in die Tüte
Von Sabine Lüers-Grulke

Landkreis Diepholz. "Gewalt kommt nicht in die Tüte" – in diesem Fall in die Brötchentüte. Die Arbeitsgemeinschaft der Gleichstellungsbeauftragten im Landkreis Diepholz hat in Kooperation mit der Bäckerinnung zum 16. Mal Brötchentüten bedrucken lassen. Damit soll am 25. November die Öffentlichkeit auf den Internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen aufmerksam gemacht werden.

Die Tüte selbst ist orangefarben gehalten – in der Farbe, die in diesem Jahr eine Zukunft ohne Gewalt gegen Frauen symbolisieren soll. Sie wurde im Zuge der von den Vereinten Nationen initiierten Kampagne "Orange Day" ausgewählt. Vielerorts werden am 25. November auch Gebäude orangefarben angestrahlt, um auf Gewalt gegen Frauen aufmerksam zu machen.  

Leider sei das Thema "nach wie vor aktuell", sogar mit steigender Tendenz: "Nach der Kriminalitätsstatistik für das Jahr 2022 hatten wir eine Zunahme von 15 Prozent bei häuslicher Gewalt", sagt Christina Scheele, Gleichstellungsbeauftragte der Gemeinde Weyhe. 565 Fälle hat die Polizei dokumentiert. Acht versuchte Tötungsdelikte hätte es in dem Zeitraum gegeben, "davon fünf an Frauen durch ihren Partner oder Ex-Partner". Scheele zieht den bundesweiten Vergleich: "Wenn in Deutschland im Durchschnitt jeden Tag versucht wird, eine Frau zu töten, dann haben wir mit fünf Delikten im Landkreis eine ziemlich hohe Quote."  

Im Landkreis Diepholz beteiligen sich 116 Filialen von 39 Bäckereien an der Aktion. 21.000 Tüten sind bedruckt worden und werden ab dem 25. November am Brötchenstand ausgegeben. Die Aktion läuft eigentlich 16 Tage lang, bis zum 10. Dezember, dem Internationalen Tag der Menschenrechte. "Solange werden die Brötchentüten aber nicht reichen", vermutet Christina Runge, Gleichstellungsbeauftragte des Landkreises. 

Wir hatten heftige Femizide in letzter Zeit. Christina Runge, Gleichstellungsbeauftragte des Landkreises Diepholz

Sinn der Aktion sei, dass die Tüte nach dem Verzehr der Brötchen nicht gleich im Altpapier landet, sondern in einer Schublade oder am Küchenschrank dran denken hilft, dass es ein Netzwerk gegen häusliche Gewalt im Landkreis Diepholz gibt mit Beratungsstellen für Frauen und Mädchen in Syke, Stuhr, Sulingen und Diepholz, dem Frauen- und Kinderschutzhaus, der Täterberatung im Landkreis und natürlich der Polizeiinspektion. Die Telefonnummern der Anlaufstellen finden sich alle auf der Tüte, darüber hinaus auch die Nummer des kostenlosen, anonymen und mehrsprachigen Hilfe-Telefons. 

Was es bisher nur in den umliegenden Kommunen gibt, aber noch nicht im Landkreis Diepholz, sei eine Gewaltschutzambulanz: "Die soll aber im neuen Krankenhaus in Borwede entstehen", weiß Runge schon. Dort sollen Frauen dann akut medizinisch versorgt werden und auch anonym Hilfe bekommen können. "Denn das Thema ist schon noch schambehaftet." 

Das kann auch Christine Schröder, Gleichstellungsbeauftragte der Samtgemeinde Bruchhausen-Vilsen, bestätigen: "Viele Fälle kochen jetzt noch hoch", sagt sie und meint Taten aus der Zeit der Corona-Pandemie. "Manche Frauen trauen sich gar nicht mehr, sich zu trennen." 

Dabei ist mit der Istanbul-Konvention, die vor fünf Jahren in Kraft trat, die Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen nicht mehr Privatsache. Mindeststandards gelten seitdem beim Gewaltschutz in der ganzen Europäischen Union. Um auch den Frauen im Landkreis besser helfen zu können, habe die Polizei neue Handlungsrichtlinien angestoßen, nach denen in einem standardisierten Verfahren Hochrisikofälle für Gewalt gegen Frauen ermittelt werden können, erklärt Runge.

Zur Sache

Zum Aktionstag

Menschenrechtsorganisationen wie Terre des Femmes planen jedes Jahr zum 25. November Veranstaltungen, bei denen die Einhaltung der Menschenrechte gegenüber Frauen und Mädchen thematisiert wird. Ihr Ziel ist allgemein die Stärkung von Frauenrechten. Themen wie Zwangsprostitution, sexueller Missbrauch, Sextourismus, Vergewaltigung, Beschneidung von Frauen, häusliche Gewalt, Zwangsheirat, geschlechtsselektive Abtreibung, weibliche Armut und Femizid kommen dann zur Sprache. Hintergrund für die Initiierung des Aktionstages war der Fall der Schwestern Mirabal, Mitglieder der Movimiento Revolucionario 14 de Junio, die 1960 in der Dominikanischen Republik von Militärangehörigen des Diktators Rafael Trujillo verschleppt und ermordet wurden. 1981 wurde bei einem Treffen lateinamerikanischer und karibischer Feministinnen der 25. November zum Gedenktag der Opfer von Gewalt an Frauen ausgerufen.

Info

Das Hilfetelefon ist zu erreichen unter 0 80 00 / 11 60 16 oder www.hilfetelefon.de.

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