Bei der Tafel in Syke mit ihren Außenstellen in Bruchhausen-Vilsen und Weyhe hat der Leitungskreis beschlossen, die Aktivitäten vorerst einzustellen. „Wir haben mitbekommen, dass die Mitarbeiter unruhig werden“, begründet Sprecher Ralf Grey den Schritt. Rund 70 Prozent der Aktiven seien im Seniorenalter und zählten damit zur Risikogruppe. Um sie zu schützen und eine weitere Ausbreitung des Coronavirus zu verhindern, habe man sich zu diesem Schritt entschieden.
Das sei den Verantwortlichen gewiss nicht leichtgefallen, betont Grey: „Wir wissen, welche Konsequenzen das hat.“ Denn neben der finanziellen Erleichterung für Menschen mit geringem Einkommen habe sich die Tafel für Kunden und Mitarbeiter zur Begegnungsstätte entwickelt. Sie gebe Struktur im Leben, die nun wegfalle.
Gleichzeitig weist Grey eine Verpflichtung, für eben diese Kunden auch in Krisenzeiten weiterhin zu öffnen, von sich. „Man darf nicht vergessen: Die Tafeln sind keine Grundversorger“, sagt er. In der Bevölkerung würden sie inzwischen mit einer gewissen Selbstverständlichkeit betrachtet. Nun zeige sich, dass das Angebot nicht ohne die ehrenamtlichen Mitarbeiter bestehen könne. „Sie schaffen seit 15 Jahren. Es ist bewundernswert, was sie leisten“, merkt er an.
Die Schließung hat allerdings auch für die Tafel Konsequenzen. Miet- und Personalkosten lassen sich Grey zufolge noch weitgehend durch die Gemeindezuschüsse kompensieren, laufende Kosten wie das Fahrzeug dagegen nicht. „Wir haben Einnahmeverluste“, bestätigt der Tafelsprecher, „wir wissen aber nicht, wie groß.“ Das Fahrzeug sei deshalb nach Gessel an einen Hof verliehen worden, der mit seinen Frischekisten logistisch die gestiegene Nachfrage kaum bedienen könne.
Derzeit sind die Lager der zentralen Anlieferung in Syke komplett leer. „Sonst haben wir vier bis sechs Tonnen pro Woche sortiert und für die Ausgabestellen kommissioniert“, sagt Grey. 80 Prozent davon seien frisches Obst und Gemüse gewesen. Die Schließung sei rechtzeitig und so geplant worden, dass die letzte Ausgabe noch stattfinden konnte.
Für die Verantwortlichen habe das im Vorfeld einen erheblichen Mehraufwand verursacht, mit dem Grey nicht gerechnet hätte. Er berichtet von mindestens 50 Telefonaten mit den Händlern, zudem mussten Mitarbeiter und Kunden informiert werden. Wann die Tafeln wieder öffnen, lasse sich nur schwer sagen. „Wir wissen alle nicht, was auf uns zukommt“, sagt Grey. Im Raum stehe derzeit der 26. April, diesen Termin halte er jedoch für unrealistisch. Mitte April wolle der Leitungskreis eine Entscheidung fällen.
Klar sei jedoch auch – und das habe die Schließung eindrucksvoll gezeigt – dass der Betrieb nicht von heute auf morgen wieder starten könne. „Wir müssen Touren- und Dienstpläne schreiben und die Händler informieren. Das braucht ein bis zwei Wochen Vorlauf“, sagt Grey. Die Händler müssten dann auch über übrig gebliebene Lebensmittel verfügen, um sie ausgeben zu können.
Unbürokratische Lösung
Auch in Bassum hat die Tafel geschlossen. Geschäftsführer Andreas Niedenführ hat mit seinen Kunden von der Tafel gesprochen, ob sie Unterstützung brauchen. Viele hätten ihm geantwortet, dass sie zu diesem Zeitpunkt noch zurecht kämen. Trotzdem hat sich Niedenführ nach Alternativen umgesehen, um ihre Versorgung mit Lebensmitteln weiter zu gewährleisten. Nach einem Gespräch mit dem Marktleiter von Inkoop hat man eine unbürokratische Lösung gefunden: Die Kunden können die Lebensmittel jetzt direkt im Inkoop-Markt abholen. Sie müssen dafür auch keinen Berechtigungsschein vorzeigen. „Das hätte den Rahmen gesprengt“, ist sich Niedenführ sicher. Zu finden sind die Infos darüber auf der Homepage der Stadt Bassum. Im Inkoop-Markt können auch andere Kunden die Tafelkunden unterstützen, indem sie Waren kaufen und dann dort spenden. Und Niedenführ wirbt für weitere Unterstützung, hat Gespräche geführt mit den Marktleitern von Rewe, Aldi und Lidl. Von dort gab es bisher aber noch keine Rückmeldung.
Die Twistringer Geschäftstelle des Osnabrücker Caritasverbands als Trägerin der Tafel Twistringen mit Ausgabestellen in Bassum und Barnstorf hat kurzfristig eine Ersatzhilfe organisiert. „Die Menschen kommen teilweise auch aus Syke und Weyhe und bitten um finanzielle Hilfe“, erzählt Geschäftsführerin Karin Kröger. Für Einzelpersonen gebe es aktuell in der Regel 25 Euro, bei Familien 20 Euro pro Erwachsenen und 15 Euro pro Kind. „Die Menschen haben keine Möglichkeit, günstig einzukaufen und müssen ihr Geld anders verwenden“, sahen Kröger und ihr Team dringenden Handlungsbedarf, um die Not zu lindern. Allein in der ersten Woche hätten so 25 Menschen unterstützt werden können. Kröger sagt außerdem: „Wir sind weiterhin für unsere Kunden da und stehen für Beratungen zur Verfügung. Die Menschen dürfen mit ihren Ängsten und Sorgen zu uns kommen.“
Kunden könnten sich unter der Telefonnummer 0 42 43 / 9 33 40 oder per E-Mail an LK-DH-NI@caritas-os.de melden, um bei der Allgemeinen Sozialen Beratung nach Unterstützung zu fragen. Auch Hilfsbereite, die die Caritas bei dieser Hilfsaktion unterstützen möchten, können sich an diese Kontaktadressen wenden. Weitere Informationen sind außerdem online über www.caritas-os.de/verbundenheit abrufbar, wo auch direkt gespendet werden kann.
Die Tafel Syke und der evangelisch-lutherische Kirchenkreis Syke-Hoya als Träger bemühen sich derzeit ebenfalls um eine Lösung. Derzeit seien viele Hilfsprogramme unterwegs, sagt Marlis Winkler, Geschäftsführerin des Diakonischen Werks für Diepholz, Syke und Hoya: „Uns war es ein Anliegen, die Tafelkunden in den Blick zu nehmen.“ Derzeit bereitet das Team der Syker Tafel eine Aktion für Lebensmittelgutscheine vor, wie Sprecher Ralf Grey bestätigt. Details dazu will er in Kürze bekanntgeben. Um das Vorhaben umzusetzen, bittet auch die Tafel um Spenden. Weitere Informationen sind unter www.syker-tafel.de einsehbar.