Landkreis Diepholz. Die Lage hat sich inzwischen wieder beruhigt, sagt Stuhrs Umweltbeauftragter Marc Plitzko. Dennoch war der Eichenprozessionsspinner in diesem Jahr in der Gemeinde ausgesprochen aktiv. 75 Nester sind der Gemeinde auf öffentlichen Flächen bisher gemeldet worden. Im vergangenen Jahr war es lediglich eines. "Man kann nur hoffen, dass die Zahl nicht weiter steigt", sagt Plitzko über die Gespinste des Schmetterlings, der eigentlich aus Südeuropa stammt. Für den Menschen können die Brennhaare der Raupe gefährlich werden und allergische Hautreaktionen und Reizungen der Atemwege auslösen.
In der Gemeinde Weyhe hat die Verwaltung in diesem Jahr nur von einem Fall im öffentlichen Raum Kenntnis. Wie berichtet, war Ende Juni ein Netz des Eichenprozessionsspinners an einem Baum beim Weyher Freibad entfernt worden. Die jüngste Meldung eines Bürgers hatte sich dagegen als Fehlalarm herausgestellt, sagt der zuständige Fachbereichsleiter Steffen Nadrowski. Grundsätzlich bestehe keine Meldepflicht für den Eichenprozessionsspinner.
Zunächst war in Stuhr der Baubetriebshof per Heißwassergerät gegen die Raupen vorgegangen, inzwischen hat die Gemeinde eine Fachfirma beauftragt, die mit Klebemittel auf Naturbasis die Brennhaare fixiert. Unter anderem an der Bürsteler Heide mussten mehrere Nester beseitigt werden, an der Feiner Straße in Fahrenhorst sogar ganze 20. Wer auf seinem Grundstück Gespinste bemerkt, muss nicht gleich in Panik verfallen, denn es gibt auch andere Gespinstmotten. Der Eichenprozessionsspinner lässt sich hauptsächlich an Eichen nieder und seine Raupe ist für Experten gut zu unterscheiden, sagt Plitzko. Wer sich unsicher ist, kann dem Umweltbeauftragten zunächst ein Foto von der Raupe per E-Mail an m.plitzko@stuhr.de schicken. Dann sollte gegebenenfalls eine Fachfirma beauftragt werden.
Die Beseitigung selbst vorzunehmen, davon rät auch Matthias Lenz ab. Er ist mit seiner Wachendorfer Firma auf Wald- und Baumpflege spezialisiert und rückt der Raupe seit vielen Jahren zu Leibe. Jedoch ausschließlich mit Gesichtsschutzmaske, Handschuhen und Schutzanzug. Die Auftraggeber sind fast immer Kommunen, die Straßenmeistereien informieren die Wald- und Baumpflege Lenz GmbH zumeist über die Nester. Zuletzt war das Team vor allem im Nienburger Raum unterwegs. Per Sprühkleber werden die Nesselhaare der Raupe gebannt und die Rückstände später mit einem Asbestsauger abgesaugt oder je nach Witterung abgeflammt. Die Papiersäcke mit den feinen Härchen verbrennt das Unternehmen in der Brenntonne, weil die Entsorgung kompliziert ist. Die nächste Müllverbrennungsanlage wäre in Bremerhaven, die Abfallwirtschaftsgesellschaft (AWG) Bassum nimmt aber auch den Abfall an und leitet ihn weiter.
"Ab Juli, August findet man keine Raupen mehr", sagt Lenz. Doch die Brennhaare mit dem Nesselgift Thaumetopoein sind weiter gefährlich. Sie sammeln sich an Zweigen und in Gespinsten, es kann bis zu zehn Jahre dauern, ehe sie verrottet sind. Andere Firmen setzen bei einer großen Ausbreitung der Raupen auch einen Bazillus ein. "Aber auch andere Eichenschädlinge sterben dabei ab", sagt der Experte. Der Eichenprozessionsspinner ist für den Baum übrigens weniger ein Problem als für den Menschen.
Die Stadt Syke hat bei den regelmäßigen Kontrollen der städtischen Flächen und Bäume auch ein Auge auf mögliche Aktivitäten des Eichenprozessionsspinners, sagt Bürgermeisterin Suse Laue. "Bisher haben wir aber keinen Befall feststellen können." Aber die Stadt wäre vorbereitet, der Bauhof ist mit entsprechender Schutzkleidung ausgestattet, Kontakt besteht auch zu einer Fachfirma. Wer an öffentlichen Flächen die Gespinste entdeckt, sollte bei der Stadt anrufen. "Wir gucken uns das an und werden gegebenenfalls Maßnahmen einleiten", sagt Laue. Bei Wäldern sind die jeweiligen Eigentümer die Ansprechpartner, beim Friedeholz wären etwa die Staatsforsten zuständig. Sykes Stadtbiologin Angelika Hanel rät dazu, Abstand zu halten, die Nester durch ein Fernglas zu betrachten und sich ihnen nur in Schutzkleidung zu nähern.
Ausbreitung durch Klimawandel
"Das wird mehr werden", ist sich Matthias Lenz der Ausbreitung des Eichenprozessionsspinners angesichts der klimatischen Veränderungen sicher. Dies werde vor allem in trockenen Regionen und an der Südseite von Wäldern der Fall sein. Andererseits unternehme auch die Natur selbst etwas, Blaumeisen gehören zum Beispiel zu den natürlichen Fressfeinden.
Der Landkreis Diepholz hat zur Überwachung der Ausbreitung derweil ein zentrales Kataster bereitgestellt, in dem die Städte, Gemeinden und Samtgemeinden Eintragungen vornehmen können. "Aufgrund der bisher geringen Meldefrequenz können aus diesem Kataster heraus zurzeit noch keine belastbaren Aussagen darüber getroffen werden, wie stark sich der Eichenprozessionsspinner im Landkreis Diepholz in diesem Jahr ausgebreitet hat", sagt Landkreis-Sprecherin Anne-Katrin Beimforde. Bei der Erhebung und Pflege der Daten bittet die Kreisverwaltung auch die Bevölkerung um Mithilfe, indem der Landkreis oder die örtliche Kommune über befallene Bäume informiert werden.