Da hatten sich die Verantwortlichen des Vereins Kunst in der Provinz doch ein ziemliches Paket an Jubiläen vorgenommen, die sie am Sonnabendnachmittag im Gasthaus Dillertal in Bruchhausen-Vilsen mit ihren Mitgliedern beachten wollten. Im Vordergrund stand Vereinsgründer Hans O.E. Gronau, der in diesem Jahr 100 Jahre alt geworden wäre. Er hatte vor 45 Jahren einen Künstlerstammtisch mit Aktiven aus dem Landkreis zu einem Zusammenschluss der hiesigen Kunstschaffenden entwickelt. Daraus wurde im Laufe der Jahre ein Partner für viele Kulturschaffende mit einer wachsenden Mitgliederzahl.
Zur Entwicklung nahmen neben der Vereinsvorsitzenden Rosi Fein auch ihre langjährige Vorgängerin Brunhild Buhre Stellung und für die Witwe Gronaus die freiberufliche Malerin Kerstin Friedrichs. „International war diese Zeit der 80er- und 90er-Jahre geprägt vom Ende des Kalten Krieges und dem Zusammenbruch des Ostblocks, dem Fall der Mauer und der Wiedervereinigung. In Bremen gab es ab 1983 die Werften-Krise, mit der Schließung der AG Weser endete eine Ära des Schiffbaus in Bremen. Der Verlust von Arbeitsplätzen führte zu sozialen Spannungen, die auch heute noch zu spüren sind und die auch kulturelle Initiativen beeinflussten“, sagte Fein. Hinzu fügte sie, dass der Antimilitarismus stärker geworden sei – und „die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Umbrüche führten zu einem stärkeren Fokus auf Kultur als Identität stiftendes Element.“
Neugründung des Landkreises war einschneidend
Ein besonderes Ereignis sei auf alle Fälle auch für den Verein die Neugründung des Landkreises Diepholz und die Auswirkungen der Teilungen von Grafschaft Hoya und Landkreis Grafschaft Diepholz bei der Kreisreform vor fast 50 Jahren gewesen. „Unser Gründer Hans O.E. Gronau und andere hat dies zu Mundart-Dichtung und zu einer Schallplatte mit Rudi Carrell inspiriert, der hier in Wachendorf wohnte.“ Besagte Schallplatte mit dem Titel „Schlachteplatte“ wurde seinerzeit allenthalben gehört. Auf dem Büchertisch mit einer Vielzahl von Veröffentlichungen lag sogar noch eine Ausgabe dieses Exemplars.
Zu den weiteren Erinnerungen gehörte "das Ziel der Gründer": "das Kunstschaffen in der politisch neu geordneten Region zu beleben und zu fördern". Dem Verein schlossen sich zunächst circa zwei Dutzend Künstler und Künstlerinnen an, doch 16 Jahre später hatte der Verein schon über 200 Mitglieder. Man wollte qualitative Maßstäbe setzen, diese auch einhalten und "auf gar keinen Fall provinziell sein“. Eine kurze Diskussion unter den Gästen gab es um eine mögliche Umbenennung des Vereins. Wichtiger jedoch war allen Anwesenden das beachtliche politisch-künstlerische Wirken von Gronau.
Kerstin Friedrichs hatte im Vorfeld dessen Witwe, Helga Scherler-Gronau, interviewt. Davon berichtete sie mit einem tiefen Blick in die Biografie sowie dessen hiesiges Arbeiten: „Er war der Motor des künstlerischen Schaffens während seiner Zeit hier. Viele aus dem Landkreis und sogar aus ganz Norddeutschland schlossen sich dem an.“
Nach dessen Tod im Jahr 2001 übernahm Brunhild Buhre, gleichfalls für 20 Jahre, den Vereinsvorsitz. „Innerhalb von 45 Jahren ist der Verein zur größten Künstlervereinigung im Nordwesten Deutschlands geworden mit Mitgliedern aus den Landkreisen Diepholz, Oldenburg, Cloppenburg, Vechta, Verden, Minden-Lübbecke und Nienburg“, so Buhre.
Daher hatte sie sich ebenso Gedanken zur Entwicklung gemacht. Sie erinnerte an die Entwicklung des Vereins-Logos mit seinen drei Farben. Man hatte das als Wettbewerb ausgeschrieben, den schließlich die Sykerin Sylvia Lauer-Schulz gewann. Wichtig seien in Buhres Augen auch solche erfolgreichen Aktionen wie das wiederkehrende Bildhauersymposium in Weyhe an der Wassermühle, die drei Kompendien von Künstlerprofilen und die regelmäßigen Kunstpreisverleihungen.
Schließlich wiesen die Vereinsvorsitzenden neben Rosi Fein, Heidrun Siebeneicker, Pia Wehe, Rainer Benk und Ute Elbe noch auf die für Mitte September geplanten Tage der offenen Ateliers im Landkreis hin: "Schön wäre ja, wenn es in den Ateliers auch immer eine kleine Zutat gäbe wie Livemusik."