Bassum-Neubruchhausen. „So eilt die Zeit und ändert ihr Gesicht, doch ihrer sich erinnern, sei uns're Heimatpflicht!“ Es sind die letzten Zeilen des auf den Seiten 38 und 39 stehenden Beitrags zum Marktwesen in Neubruchhausen, im gerade neu erschienen Band zwei zur Geschichte des Fleckens. Es mögen genau diese Zeilen gewesen sein, die den 2018 verstorbenen, ehemaligen Neubruchhauser Schulleiter Klaus Bergann bewogen haben, seiner wohl immer in sich getragenen Chronistenpflicht nachzukommen. Der heimatgeschichtliche Arbeitskreis Neubruchhausen hat nun unter der Leitung von Hajo Giesecke die von Klaus Bergann gesammelten Beiträge und Geschichten der vergangenen acht Jahre in seiner neuesten, 500 Stück starken Auflage als Chronik posthum veröffentlicht.
„Dieser zweite Band ist, nach der 2013 erschienenen ersten Auflage, die bestmögliche Gelegenheit, das Schaffen von Klaus Bergann zu würdigen“, schreibt Hajo Giesecke in seinem Vorwort. Seine Mitstreiter Holger Rullhusen, Maik Dannemann sowie Gerda und Joachim Lüdeke haben von Berganns zusammengetragenes Material, die Zahlen, Daten und Fakten geordnet. Zwei Jahre benötigten sie dafür. Die nun aus nahezu 100, zum Teil wissenschaftlichen Quellen, verfassten Beiträge und Geschichten in dieser neuen Ausgabe sind das Ergebnis. „Neben dem historischen und somit geschichtlichen Verlauf des Fleckens, der über die Regentschaften von Grafen und Drosten berichtet, ist es der Mix aus den unterschiedlichsten politischen, gesellschaftlichen und kulturellen Bereichen der Vergangenheit, die diese Ausgabe zu einer lesenswerten Lektüre macht,“ ist Hajo Giesecke überzeugt.
Nun soll man „Türen der Vergangenheit niemals ins Schloss fallen lassen“, heißt es in einem Dichterwort. Die Tür zur Geschichte der ehemaligen Neubruchhauser Kapelle allerdings scheint für immer geschlossen zu bleiben. Somit durchlebten die Neubruchhauser Chronisten auch den emotionalen Teil ihrer Arbeit. Was ist in den 1970er-Jahren passiert, als die schöne Fachwerkkapelle und die drumherum liegenden kleinen Kaufmannsläden und Gaststätten abgerissen wurden, fragen sie sich.
„Das waren Stammtischentscheidungen“, ist Maik Dannemann überzeugt. Holger Rullhusen, Initiator des restaurierten Mühlenensembles, hat da schon genauer hingeschaut: „Es wurde den Bürgern suggeriert, dass die Kapelle an anderer Stelle wieder aufgebaut werden sollte, jedoch widerlegen das gewisse Dokumente und Fotos. Nicht ein einziger Balken wurde nummeriert, so war ein Wiederaufbau von vornherein nicht geplant“, so Rullhusen. Es waren die Zeichen der Zeit, sind sich die Chronisten einig. „Eine Zeit, in der Häuslingshäuser abgerissen wurden und Neubauten weichen mussten“, so Joachim Lüdeke. Und „eine Zeit in der andere aufstrebende Gemeinden das Tempo vorgaben und man den Anschluss nicht verlieren wollte“, so Maik Dannemann. Erst als 1979 der Denkmalschutz den Eingriffen in alte Bausubstanzen Einhalt gebot, konnten auch in Neubruchhausen mehrere Gebäude vor dem Abriss bewahrt werden.
Um so mehr freut sich der Arbeitskreis über die einzigartigen Schätze in seiner neuen Chronik in Bild und Schrift. Spannende Geschichten über das mal florierende Marktwesen mit seinen Viehmärkten und „Saufzelten“, über die Historie und Gegenwart der Gaststätten, über Legenden, die sich um den Friedhof ranken, über die Zeit des 30-jährigen Krieges und die Entwicklung der Landwirtschaft, aus einer Zeit in der noch Hopfen und Flachs angebaut wurden – und über Schule und Kindergarten.
„Bei aller Wehmut über die Versäumnisse in der Vergangenheit sind es doch überwiegend positive Geschichten, die diese Chronik schmücken“, sagt Hajo Giesecke, auch mit einem Blick auf die Gegenwart. „Neubruchhausen hat sich zu einem lebens- und liebenswerten Flecken entwickelt, in dem es sich sehr gut leben lässt.“ Als nicht Ur-Neubruchhauser, „zählt Hajo zu jenen Neubürgern, die unser Dorf neben weiteren zugezogenen Bürgern in der jüngeren Vergangenheit sowohl im gesellschaftlichen als auch im kulturellen Zusammenleben bereichert hat“, fügt Gerda Lüdeke hinzu. Für die Mitglieder im Arbeitskreis ist auch "gerade wegen der neuen Chronik Neubruchhausen unsere Heimat“, beteuern sie unisono, mit Blick auf Band drei, „in dem das Vereinswesen einen Schwerpunkt erhält“, so Holger Rullhusen.