Bassum. Natur ist etwas Tolles. Frische Luft, schöne Pflanzen, schnuckelige Tiere. Aber wenn es um Wassertemperaturen im Frühjahr geht, dann ist dem Menschen seine Warmwasserleitung schon heilig. Und damit die Bassumer, wenn ihr Naturbad am 17. Mai nach langer Pause wieder öffnet, nicht nach dem ersten Sprung in den Pool mit Gänsehaut nach Hause gehen, wird das Wasser geheizt. 21 Grad soll es haben. Mindestens. Immer. Die neu gelegte Fernwärmeleitung der Abfallwirtschaftsgesellschaft (AWG) soll künftig dafür sorgen.
Wo die Wärme herkommt
Die AWG generiert Wärme aus Restabfällen. Genauer: aus der Vergärung der Abfälle. "Sowohl Bio- als auch Restabfälle werden im Entsorgungszentrum Bassum verwertet", heißt es in einer Pressemitteilung der AWG. In diesem Verlauf entstehe Biogas. Dies wird in ein Blockheizkraftwerk geleitet, wo es eine Gasturbine zur Stromgewinnung antreibt. Mit der dabei entstehenden Abwärme wird über einen Wärmetauscher Wasser erhitzt, das durch eine Fernwärmeleitung in Richtung Bassumer Krankenhaus fließt. Und nun auch zum Naturbad. "Diese Form der alternativen Energieerzeugung stellt einen wichtigen Beitrag zur Reduzierung des Kohlendioxid-Ausstoßes dar", teilt die AWG mit. Das Unternehmen betreibt laut Nikolai Hörner zwei Vergärungsanlagen. "In den Sommermonaten haben wir dann einen Wärmeüberschuss."
Was mit der Wärme schon geheizt wird
Die AWG versorgt neben ihren eigenen Gebäuden auch das Bassumer Krankenhaus mit Wärme. Seit 2010 liefert die Abfallwirtschaftsgesellschaft laut ihrem Geschäftsführer Andreas Nieweler "zwei Drittel der Wärme", die das Klinikum braucht. Für das restliche Drittel wird Erdgas verwendet. Die warme Luft aus Klövenhausen rauscht mit 90 Grad Celsius zur Klinik und kommt dort leicht abgekühlt auf 70 Grad wieder raus. Ausreichend für einen weiteren Kunden, für das Naturbad Bassum. Das könne damit sein Wasser auf 23 Grad erhitzen, sagt Nieweler. "25 Grad geht sicher auch noch." Es solle ja aber noch kühl bleiben. Die Rücklauftemperatur der Warmluft dürfte dann etwa 55 Grad betragen. Übrigens: Mit der AWG-Wärme wird nur das Wasser erhitzt, nicht die Gebäude. Dafür wird dann eine Wärmepumpe sorgen.
Das Vergaberecht des Landes Niedersachsen sei allerdings kompliziert, deutet Norbert Lyko vom Förderverein des Naturbades Schwierigkeiten an. "Wir mussten dem Land erklären, warum wir ausgerechnet diese Wärme haben wollen und warum mit der AWG zusammenarbeiten." Auch Fotovoltaik und Windkraft seien als Energieträger im Gespräch gewesen. Inzwischen aber habe die Vergabestelle der Fernwärmeleitung zugestimmt.
Wie die Finanzierung läuft
Nach der Kalkulation des Fördervereins werden für den Umbau des Naturbades 3,3 Millionen Euro gebraucht. Ein Drittel davon sei durch Fördergelder und Spenden bereits sicher. Andreas Nieweler spricht von rund 600.000 Euro Kosten für die Pipeline. 40 Prozent der Summe würden gefördert vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle. Bei Fernwärme handelt es sich für den AWG-Geschäftsführer um "bezahlbare Wärme", für die die Eintrittspreise nicht erhöht werden müssen. 1000 Megawattstunden werden für jede viermonatige Saison benötigt, so viel wie der Bedarf von etwa 50 Wohnhäusern im Jahr.
Die Stadt Bassum und die AWG haben für die Versorgung des Naturbades mit Wärme einen langfristigen Vertrag von 15 Jahren abgeschlossen. "Das ist ein Meilenstein für das Bad", sagt Bernd Müller, der für die technische Betreuung zuständig ist. Auch Andreas Nieweler findet, dass die 700 Meter lange Fernwärmeleitung ein "spannendes und schönes Projekt" ist. Alle Beteiligten erhoffen sich von der stabilen Wassertemperatur "eine spürbar höhere Akzeptanz und Zufriedenheit der Badegäste".