Stuhr-Brinkum. Dort, wo sonst die Busse abfahren, klafft am Brinkumer ZOB derzeit ein langer Spalt. Es ist der erste von insgesamt vier Bauabschnitten und auch der, der es am meisten in sich hat. Baustellenleiter Jens Berensen von der Firma Ernst Petershagen und Bauplaner Hermi Budelmann vom Abwasserverband stehen neben dem 2,20 Meter tiefen Spalt, in den die neuen Rohre für die Regenwasserkanalisation eingebracht werden sollen. Dazu müssen Betonrohre von einem Meter Durchmesser in die Erde. Neben dem Erdloch steht ein dreieinhalb Tonnen schweres Element bereit, das per Kran an seinen Platz gebracht werden soll. Bis zur Ecke Meyerstraße sollen die neuen Leitungen entlang der Bassumer Straße geführt werden. Der Abschluss des gesamten Projektes ist zu Ende Juli geplant.

Per Kran müssen die dreieinhalb Tonnen schweren Rohr-Einheiten an ihren Platz befördert werden.
Vor zweieinhalb Wochen waren die Arbeiten am Brinkumer Busbahnhof gestartet (wir berichteten). Voraussichtlich bis zum 20. Mai bleibt der Bereich gesperrt. "Der ganze Kanal wird erneuert und der neu geplante ZOB soll mit angeschlossen werden", sagt Berensen. Der erste Bauabschnitt hält dabei einige Besonderheiten bereit. Unter anderem verlaufen im Arbeitsbereich 24 Leerrohre der Telekom und zwei große Transportleitungen der Harzwasserwerke. "Wir mussten alle Versorger in Erfahrung bringen. Nun ist soweit alles in trockenen Tüchern, dass wir es im Zeitplan schaffen können", sagt Hermi Budelmann. Der Abwasserverband der Gemeinden Stuhr und Weyhe sowie der Samtgemeinde Harpstedt möchte mithilfe der neuen Betonrohre Starkregenereignissen adäquat begegnen können. "Man muss abwarten, wie sich das in den einzelnen Regionen in Zukunft abbildet", sagt Budelmann. Die Vorkehrungen zum Hochwasserschutz müssten dann so ausgerichtet sein, dass sie langfristig Bestand haben – genau das soll auch im Brinkumer Ortskern passieren. Die Betonrohre könnten 870 Liter Wasser pro laufendem Meter aufnehmen. Entscheidender Faktor ist jedoch auch das Gefälle, das Auswirkungen auf die Fließgeschwindigkeit hat.
An einem Knotenpunkt wie der Ortsmitte laufen etliche Leitungen zusammen, trennen sich und verästeln sich. Nicht immer ist da auf das vorhandene Kartenmaterial Verlass. "Die Pläne sind da, aber keiner kennt die genaue Verlegung", sagt Berensen von der beauftragten Firma Petershagen aus Leeste. So waren Anfang des Jahres und vergangenen Herbst Voruntersuchungen gemacht worden, um die Verläufe nachvollziehen zu können. Überhaupt komme es vor, dass alte Rohre in der Vergangenheit in der Erde geblieben und nicht mehr in den Karten zu finden sind. "Die werden freigelegt und dann kommen die Versorger zu uns raus", sagt er. Kommt heraus, dass die Leitungen teils noch in Betrieb sind, müssen sie manchmal auch umgelegt werden.

Erklären, wie die Arbeiten am Brinkumer ZOB vorangehen: Baustellenleiter Jens Berensen (l.) und Hermi Budelmann vom Abwasserverband.
"Die Bestände sind sehr alt", sagt Berensen über die örtlichen Gegebenheiten. So sind Straßenachsen im Laufe der Zeit verschoben und Bordsteine umgelegt worden. Eine genaue Prüfung im Vorfeld sei daher äußerst wichtig. "Alle Materialien, die Schächte und Rohre werden speziell für uns angefertigt. Je besser man sichtet, desto besser kann man kalkulieren", sagt er.
372 Meter Material werden verlegt
Zunächst mauerten die Mitarbeiter einen zwei mal zwei Meter großen Schacht in die Erde mit einer Höhe von 2,40 Metern. An dieser Stelle trifft das alte auf das neue Rohr. Weil mit den Betonrohren nur gerade Strecken gelegt werden können, lenken jene Schächte das Wasser auch um. Ohnehin sind sie alle 90 bis 100 Meter zu finden, um Reinigungsarbeiten am Kanal vornehmen zu können. "Wir haben zwölf Schächte auf der Gesamtstrecke", sagt Jens Berensen. Insgesamt kommen 372 Meter Rohr in die Erde. Die vorläufige Auftragssumme liegt bei 350.000 Euro, 85.000 Euro davon sind Materialkosten. "Der Auftrag ist sehr arbeitsintensiv. Wir haben 2800 Arbeitsstunden einkalkuliert", sagt Berensen. Denn bevor der Bagger kommt, graben die Mitarbeiter ohne technische Hilfe 1,20 Meter tief, um sicherzugehen, dass sich dort keine Leitungen befinden. "Es geht ja auch um die Sicherheit unserer Leute", sagt Berensen. Beim Anschluss von Neubaugebieten schaffen die Mitarbeiter gut 20, 30 Meter am Tag, am Brinkumer ZOB sind es dagegen fünf. Berensen zeigt eine Aufnahme von den quer zum Wasserrohr verlaufenden Leerrohren: "Das müssen wir von Hand freilegen und das neue Rohr darunter durchführen."
Der zweite Bauabschnitt werde noch einmal herausfordernd, die neue Rohrverbindung muss quer über die Kreuzung Richtung Bassumer Straße verlegt werden. "Danach werden die Verkehrsbehinderungen geringer und nur noch halbseitige Sperrungen der Bassumer Straße sind nötig", sagt Berensen. Kanalarbeiter, Maschinisten und Maurer sind derzeit auf der Baustelle beschäftigt, in zwei Wochen stößt dann eine Kolonne von Straßenbauern dazu, um den aufgerissenen Asphalt und die Pflasterung wieder herzustellen.
Engpässe beim Material für die Regenwasserkanalisation sind laut Berensen nicht zu befürchten, da alles bereits geliefert worden ist. Jedoch habe auch seine Branche mit steigenden Kosten zu kämpfen, beim Straßenbau gebe es etwa Tagespreise beim Asphalt. Und auch bei dem Projekt in der Ortsmitte seien die Preise für das Material seit der Ausschreibung um rund zehn Prozent gestiegen.