Stuhr. Die Gemeinde Stuhr plant mit einem ausgeglichenen Haushalt für das Jahr 2023. Mit großer Mehrheit hat sich der Gemeinderat am Mittwochabend für die Finanzplanung ausgesprochen. Kritische Stimmen gab es seitens der Politiker jedoch auch – und die galten vor allem den kommenden Jahren. Denn will die Gemeinde dann alle geplanten Vorhaben umsetzen, ist die Aufnahme neuer Kredite nötig, sodass sich der Schuldenstand der Gemeinde 2026 auf 60 Millionen Euro belaufen würde. Bürgermeister Korte entgegnete, dass die Gemeinde damit keine Luxusprojekte finanzieren möchte, sondern es sich allesamt um Vorhaben für die Daseinsfürsorge handelt.
Der Finanzausschuss und der Verwaltungsausschuss hatten den Haushalt bereits empfohlen, endgültig verabschiedet wird er traditionell während der letzten Ratssitzung im Jahr. Jaqueline Trendel, Fachdienstleiterin für Finanzen, berichtete den Ratsmitgliedern zunächst, dass der Stellenplan noch um eine zusätzliche Stelle für den Bereich Wohngeld ergänzt worden ist. Das habe man schon im Hinblick auf die Wohngeldreform eingeplant. Anschließend ging sie auf die Grundzüge des Haushalts ein. Ordentlichen Erträgen von 84.395.100 Euro würden ordentliche Aufwendungen von 93.557.200 Euro gegenüberstehen, was ein ordentliches Ergebnis von minus 9.162.100 Euro bedeutet. Durch ein positives Ergebnis im außerordentlichen Bereich von 1.813.500 Euro beträgt das Gesamtergebnis minus 7.348.600 Euro. Allerdings kann die Gemeinde Stuhr auf eine Überschussrücklage von über 30 Millionen Euro zurückgreifen, sodass Trendel einen "ausgeglichenen Haushalt" verkünden kann. "Es ist alles im grünen Bereich", sagte sie.
Größte Einnahmequelle der Gemeinde bleibt die Gewerbesteuer mit voraussichtlich 35 Millionen Euro im kommenden Jahr, gefolgt vom Anteil an der Einkommenssteuer von etwa 20 Millionen Euro. Zuwendungen spülen 2023 vermutlich rund 10,3 Millionen Euro in die Gemeindekasse. Bei den Ausgaben machen Transferaufwendungen mit 33,7 Millionen Euro im kommenden Jahr den größten Posten aus, dicht gefolgt von den Personalkosten von voraussichtlich 33,5 Millionen Euro.
Mit den Worten "Die Gemeinde Stuhr hat viel vor" ging Trendel anschließend auf die geplanten Investitionen ein. 2023 sind zum Beispiel 3,6 Millionen Euro für die Sanierung der Sporthallen an der Kooperativen Gesamtschule (KGS) Brinkum vorgesehen und eine Million für das Hallenbad. Für den Bau neuer Feuerwehrhäuser sind zwei Millionen Euro geplant, davon 1,5 Millionen Euro für den Grunderwerb. Für weiteren Grunderwerb rechnet die Gemeinde 2023 mit Ausgaben von 5,4 Millionen Euro, die Linie 8 wird mit zwei Millionen Euro zu Buche schlagen und Beschaffungen für den Baubetriebshof mit 1,2 Millionen Euro.
Viel Geld steht auch in den Jahren 2024 bis 2026 im Investitionsplan. Allein für das Hallenbad wird mit 22 Millionen Euro gerechnet, für die Erweiterung der beiden Kooperativen Gesamtschulen mit sieben Millionen Euro und für die Sporthallen der KGS Brinkum mit 2,3 Millionen Euro. Für den Hochwasserschutz sind drei Millionen Euro vorgesehen, für den Bau der Feuerwehrhäuser vier Millionen Euro und für den Erwerb von Feuerwehrfahrzeugen 2,4 Millionen Euro. Für die Linie 8 werden wohl weitere 4,5 Millionen Euro aus der Gemeindekasse fließen und für den Erwerb der Strom- und Gasnetze 7,5 Millionen Euro.
Dies bedeutet, dass auch die liquiden Mittel der Gemeinde in den kommenden Jahren schrumpfen werden, zudem lässt sich laut Trendel die Aufnahme neuer Schulden nicht vermeiden. "Ab 2024 kommt die Gemeinde um Darlehensaufnahmen nicht herum, wobei es sich um Investitionskredite handelt, wir also einen Gegenwert dafür bekommen", betonte sie. Ihr Fazit: "Die finanzielle Leistungsfähigkeit ist gesichert." Auch die Liquidität sei langfristig über Darlehen sichergestellt.
Den CDU-Fraktionsvorsitzenden Finn Kortkamp stimmte der Haushalt weniger fröhlich. Das Defizit von fast neun Millionen Euro habe seine Fraktion erst einmal schlucken lassen, trotzdem könne man dem Haushalt zustimmen. Allerdings sei ein Schuldenberg von 60 Millionen Euro in 2026 nicht akzeptabel. Kortkamp dankte – wie auch später die anderen Fraktionsvorsitzenden – den Mitarbeitern des Fachbereichs Finanzen für ihre Arbeit. "Es hätte schlimmer kommen können", sagte anschließend SPD-Fraktionschefin Susanne Cohrs. Es sei beeindruckend, dass der Haushalt trotz der schwierigen Zeiten stabil sei. Angesichts der Kreditaufnahmen machte sich bei ihr keine Panik breit. "Die Kreditaufnahmen sind legitim, sie werden auch wieder getilgt", so Cohrs. Schließlich habe man sich für die Projekte entschieden, verwies sie auf Beschlüsse des Rates.
Britta Buttelmann sprach für die Grünen-Fraktion vom dritten Jahr im Ausnahmezustand. Sicher habe man dadurch höhere Ausgaben, "aber wir wollen unsere Gemeinde trotzdem weiterbringen", betonte sie. FDP-Fraktionsvorsitzender Alexander Carapinha Hesse betonte wie Cohrs, dass der Haushaltsplan längst beschlossene Vorhaben darstelle. Er plädierte dafür, diese zügig umzusetzen. "Wir müssen die PS auf die Straße bringen, mit Tempo 30 ist das nicht zu machen", sagte er. Ziel müsse es sein, eine zukunftsfähige Gemeinde zu schaffen. Die Aussicht auf 60 Millionen Euro Schulden gefiel auch Besser-Fraktionschef Gerd-Wilhelm Bode nicht. "Ich habe schon einmal eine Haushaltskonsolidierung mitgemacht, das möchte ich nicht noch einmal", sagte er und schlug vor, darüber nachzudenken, wo man nachhaltig handeln und damit sparen könne. Kritik von Besser kam wie in den Vorjahren auch zur Linie 8. "Die Straßenbahn bleibt ein riesiges Überraschungsei auf dem Weg in die Schulden", so Bode. Michael Schnieder (AfD) stellte fest, dass sich die Gemeindefinanzen seiner Meinung nach zunehmend schwieriger gestalten würden. Man habe sich entschlossen, "Luxusprojekte" wie das Hallenbad zu finanzieren, habe aber auch immer mehr soziale Ausgaben.
Bürgermeister Korte erklärte, dass der älteste Beschluss, der derzeit von der Verwaltung umgesetzt wird, noch aus dem Jahr 2001 stammt. "Es ist durch die Krisen auch nicht einfacher geworden, wir haben dennoch zahlreiche Fortschritte erzielt", betonte er. Den 60 Millionen Euro würde auch ein Wert entgegenstehen, zudem hätte die Gemeinde eine gute Ertragslage. "Ich vermag keine überflüssigen Dinge zu entdecken", sagte Korte mit Blick auf die Investitionen. Auch das Hallenbad sei kein "Luxusprojekt", sondern falle in den Bereich Daseinsfürsorge. "Das ist eine seriöse Haushalts- und Investitionsplanung", befand der Bürgermeister.
Bei drei Enthaltungen der beiden Besser-Mitglieder und von Schnieder wurde der Haushalt anschließend vom Rat beschlossen.