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Solidarische Landwirtschaft Gemüse zum Teilen in Groß Mackenstedt

Unter dem Namen Solawi Feldhase betreibt die 26-jährige Julia Kaufmann eine solidarische Landwirtschaft in Groß Mackenstedt. Für einen monatlichen Beitrag erhalten die Mitglieder einen Teil der Ernte.
22.03.2024, 12:51 Uhr
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Von Ina Ulbricht

Es ist warm und etwas stickig im Tunnel-Gewächshaus. In Reih und Glied gedeihen hier bereits die verschiedensten Pflänzchen: Salate, Radieschen und vieles mehr. Auf dem Feld davor sieht es hingegen noch ein wenig karg aus. Nur unter einer weißen Stoffschicht verbergen sich bereits die ersten Blätter von Bohnenpflanzen und Frühlingszwiebeln. Auf dem rund 1500 Quadratmeter großen Gelände in Groß Mackenstedt hat Julia Kaufmann sich einen Traum erfüllt. Die 26-jährige Bremerin hat sich hier unter dem Namen Solawi Feldhase eine sogenannte solidarische Landwirtschaft aufgebaut. Die Idee dahinter: Die Mitglieder der solidarischen Landwirtschaft zahlen monatlich einen festen Betrag – ihren Anteil der Ernte – und können sich einmal in der Woche vor Ort eine Kiste frisches Gemüse abholen. Wer mehr zahlen kann und möchte, zahlt etwas mehr und gibt so anderen, die weniger Geld haben, die Möglichkeit, für einen kleineren Betrag Mitglied zu werden, erklärt Kaufmann. Derzeit hat ihre solidarische Landwirtschaft 13 Mitglieder, die jeweils 92 Euro monatlich für ihr Gemüse bezahlen. Langfristig hätte sie gerne 40 Mitglieder, sagt Julia Kaufmann, die nebenbei als operationstechnische Assistenz tätig ist. "Dann könnte ich davon leben", sagt sie.

"Ich habe mich schon während der Ausbildung für Landwirtschaft interessiert", erzählt sie. Die habe sie in ihrer Heimat in der Nähe von Köln absolviert. Anschließend entschied sie sich für ein Biologie-Studium, für das sie nach Bremen kam. Nach zwei Jahren beendete sie es jedoch wieder. "Ich habe wegen der Corona-Pandemie aufgehört und außerdem wollte ich nicht in die Forschung", begründet sie ihre Entscheidung. Zwischenzeitlich sei sie dann wieder in einem Krankenhaus tätig gewesen, bevor sie ein Praktikum in der Nähe von Berlin absolvierte. Dort habe es einen großen Marktgarten und Agroforstsysteme gegeben, erklärt sie. Diese seien eine Kombination aus Bäumen und Landwirtschaft.

Es folgten eine Einstellung in einer Bremer Frauenarztpraxis, wo Julia Kaufmann auch jetzt noch tätig ist, ein weiteres Praktikum in der Nähe von Kiel und die Entscheidung: "Ich wollte etwas im Bereich Landwirtschaft machen."

Pferdeweide gepachtet

Auf die Fläche in Groß Mackenstedt sei sie eher durch Zufall gekommen. Ihr Pony steht hier auf einem kleinen Hof und die Besitzer verpachteten ihr kurzerhand einen Teil ihrer Pferdeweiden. "Das war letztes Jahr im März." Seitdem hat sich einiges getan auf der ehemaligen Weide. "Ich habe von Ende März bis Oktober eine schwarze Folie auf die Fläche gelegt, damit das Gras weggeht", erklärt die 26-Jährige. Im Anschluss wurden die Beete ausgemessen, der Boden aufgelockert und Kompost aufgebracht. "Ab April möchte ich im äußeren Bereich einen Blühstreifen ansäen", erklärt Kaufmann ihre Pläne. Auch die Wege sollen begrünt und mit Kräutern eingefasst werden. Außerdem sollen Pflanzen gedeihen, die als Nährstoffzufuhr für ihr Gemüse dienen: etwa Brennnessel und Beinwell.

In ihrem Tunnel-Gewächshaus hat sich bereits einiges getan. Es wachsen Radieschen, Spinat, Rettich, Fenchel, Kohlrabi, Frühlingszwiebeln, Mangold und verschiedenste Salatsorten. Chemie verwendet Julia Kaufmann keine. Sie setzt auf Kartoffelscheiben und Ringelblumen, um zu verhindern, dass etwa Drahtwürmer die Wurzeln ihrer Pflanzen fressen. Insektenschutznetze verwendet sie außerdem. Als Nährstoffzufuhr dienen Jauche, Kompost und Mulch. Um den Boden fruchtbar zu halten, beachtet Kaufmann die sogenannte Fruchtfolge. Sie pflanzt also immer verschiedene Gemüsesorten an, deren Reihenfolge sich alle sieben bis acht Jahre wiederholt.

Erste Kisten Mitte April

Die ersten Kisten möchte Julia Kaufmann in der zweiten Aprilwoche packen. "Ab Mai sind die Kisten dann wirklich voll", prophezeit sie. Denn dann wachsen auch die Pflanzen auf dem Feld. Die Preise ergeben sich aus dem Jahresbudget, das Kaufmann erstellt. "Das wird durch die Anzahl der Mitglieder geteilt und so ergibt sich der Beitrag", erklärt sie. Alle solidarischen Landwirtschaften sind Mitglied im Netzwerk Solidarische Landwirtschaft. Die Beiträge werden in der Erntezeit von April bis November entrichtet.

Eine Kiste enthält sieben bis acht Gemüseeinheiten. Eine Einheit ist etwa ein Bund Möhren, eine Portion Feldsalat oder eine Portion Tomaten. "Wenn man drei Mal die Woche frisch kocht, kriegt man es gut weg", so Kaufmann.

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Ihre Art des Gemüseanbaus nennt sich Marktgarten oder biointensiver Gemüseanbau, "weil auf minimaler Fläche intensiv angebaut wird", erläutert Kaufmann. Bei der Bodenbearbeitung setzt sie auf ein Konzept namens "No-Till". "Das bedeutet, dass ich den Boden nicht tiefgreifend, sondern nur mit dem Rechen bearbeite", erklärt sie. "So lässt man die Würmer, Bakterien und Pilze im Boden in Ruhe." Auch die Pflanzenreste verbleiben in der Erde.

Wenn die 26-Jährige nicht in der Arztpraxis ist, verbringt sie ihre Tage komplett auf ihrem kleinen Feld. Schließlich möchte sie irgendwann von ihrer solidarischen Landwirtschaft leben können. "Davon werde ich zwar nicht reich, das muss ich aber auch nicht", meint sie.

Info

Die Mitglieder von Solawi Feldhase können ihre Gemüsekisten immer donnerstags von 16 bis 18 Uhr abholen. Zu finden ist das Feld in Groß Mackenstedt am Bremer Weg zwischen den Kreuzungen Harpstedter Straße und Eggeseer Straße. Wer Mitglied werden möchte, kann sich per E-Mail an solawifeldhase@posteo.de bei Julia Kaufmann melden.

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