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Landgericht Verden Prozess um Messerstich am Stuhrer Silbersee

Vor dem Landgericht Verden hat am Montag der Prozess gegen eine 41-Jährige begonnen, die im Februar ihren Mann am Stuhrer Silbersee mit einem Messer verletzt haben soll. Die Anklage lautet auf versuchten Mord.
22.08.2022, 17:27 Uhr
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Von Angelika Siepmann / ASI

Verden/Stuhr. Was hat sich am späten Abend des 26. Februar in einer Holzhütte auf dem Campingplatz am Silbersee in Stuhr genau abgespielt? Das versucht die 10. Große Strafkammer des Landgerichts Verden im Prozess gegen eine 41-jährige Frau herauszufinden, die sich seit Montag wegen versuchten heimtückischen Mordes an ihrem Ehemann verantworten muss. Mit einem Küchenmesser einmal „nach ihm gestochen“ zu haben, hat die Angeklagte am Montag zum Prozessauftakt eingeräumt. Es sei aber zu keinem Zeitpunkt ihre Absicht gewesen, ihn zu verletzen oder gar umzubringen, hieß es in einer vom Verteidiger vorgetragenen Erklärung.

Die Staatsanwaltschaft wirft der Bremerin vor, dem auf einem Bettsofa schlafenden 38-Jährigen mit dem Messer – Klingenlänge sieben Zentimeter – einen Stich in den Herzbereich versetzt zu haben. Dabei sei es ihr zumindest gleichgültig gewesen, dass er versterben könnte, und sie habe „gezielt den Umstand ausgenutzt, dass er schlief“. Der Mann soll eine zwei Zentimeter breite und sieben Zentimeter tiefe Einstichverletzung im Thoraxbereich erlitten haben, die „potenziell lebensgefährlich“ gewesen sei. Laut der knapp gehaltenen Anklageschrift soll das Opfer „vor Schmerzen aufgewacht“, sich das Messer aus der Brust gezogen und ins Freie geflüchtet sein.

Dem Angriff soll eine verbale Auseinandersetzung zwischen den seit Ende 2007 verheirateten, zur Tatzeit getrennt lebenden Eheleuten vorausgegangen sein. Grund für den Streit soll eine neue Beziehung des Mannes gewesen sein. Beide Beteiligten seien alkoholisiert gewesen. Für die Frau wurde ein Wert 1,46 Promille angegeben – gemessen etwa drei, vier Stunden nach der Tat, die sich zwischen 23 und 24 Uhr im Wochenenddomizil ereignet haben soll. Die 41-Jährige war dort von Polizeibeamten „mit blutverschmierten Händen“ angetroffen worden, nachdem zunächst das gesamte Campinggelände und die Umgebung abgesucht worden war – auch mit Spürhunden.

In der eingangs verlesenen Einlassung der Angeklagten hieß es, man habe sich nach einem Grillabend mit Freunden im schwach beleuchteten Schlafbereich der kleinen Hütte aufgehalten, sich unterhalten und diskutiert. Es sei darüber gesprochen worden, was in den vergangenen Jahren und vor allem Monaten so alles geschehen sei. „Ich war traurig und verletzt wegen der anderen Frau“, hieß es in der Einlassung der Frau vor dem Landgericht. Dann sei sie hinaus in die Küche gegangen, habe aus der Spüle ein Messer genommen und sei zurück zum Sofa gegangen. Sie habe nicht bemerkt, dass der Mann inzwischen eingeschlafen sei.

„Ich stach mit dem Messer nach ihm“, hieß es weiter. Wo sie ihn getroffen habe, könne sie nicht sagen. Überhaupt könne sie sich längst nicht an alle Vorgänge erinnern. Verletzungs- und Tötungsabsicht wurden auch später vehement bestritten, als die Frau sich den vielen Nachfragen der Schwurgerichtskammer stellte. Sie habe den Mann nur „pieken“ wollen. „Nur, dass er auch mal so Schmerzen hat wie ich“, so die 41-Jährige. An anderer Stelle sagte sie auch, dass er „auch mal meine Schmerzen spüren sollte“, wobei seelische Schmerzen gemeint waren. Heute wisse sie, dass es „dumm und kindisch“ gewesen sei, dafür mit dem Messer zu hantieren.

Unter häufigen Tränenausbrüchen beschrieb die Mutter einer erwachsenen Tochter auch die Ehejahre – gute Zeiten, schlechte Zeiten. Dabei berichtete sie auch offen von Depressionen, Suizidgedanken und immer wieder den Glauben und Willen, mit dem Mann wieder endgültig zusammenzukommen. Sie dürfte wohl phasenweise recht überrascht gewesen sein, dass der 38-Jährige bei seiner Zeugenaussage offenkundig sehr bemüht war, seine Ehefrau nicht als die Person darzustellen, die ihm den Messerstich zugefügt hat.

Mal berief der Mann sich auf mangelnde Erinnerung, mal gab er an, gegenüber der Polizei nicht seine Frau genannt zu haben. „Ich habe die Straftat ja auch nicht gesehen“. Mit protokollierten Aussagen konfrontiert, sagte er auch, die Polizei habe ihn „falsch verstanden, falsche Informationen weitergegeben, sich falsche Gedanken gemacht“. Im Krankenhaus hatte er seinerzeit auch behauptet, ein Einbrecher könnte ihn mit einem Messer attackiert haben. Auch daran könne er sich nicht entsinnen, so der Zeuge weiter: „Ich hatte ja diesen Blackout“. Die Verletzung sei „schnell abgeheilt“. Er habe „keine Schmerzen, keine Folgen, nichts“. Der Prozess wird am 1. September fortgesetzt.

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