Mit einem Mal hatte sich der Zweipersonen- in einen Fünfpersonenhaushalt verwandelt. Mehrere Stunden am Stück durchzuschlafen, daran ist für Anna Tripp derzeit nicht zu denken. Trotzdem ist die 36-jährige Moordeicherin überglücklich. Am 28. September hat sie Drillinge zur Welt gebracht. Der errechnete Geburtstermin wäre dabei gut zwei Monate später gewesen. "Das ist bei Drillingen häufig der Fall", sagt Anna Tripp über den früheren Geburtstermin. Zwillinge habe sie sich insgeheim gewünscht, die Wahrscheinlichkeit jedenfalls war da, zumal ihre Mutter Zwilling ist. Zunächst sah es bei den Untersuchungen auch danach aus. "Bei der ersten Untersuchung konnte man zwei Fruchthöhlen und einen dritten Schatten sehen. Bei der zweiten Untersuchung sah man dann aber drei Herzschläge", sagt Tripp, die ihren Sohn Oskar im Arm hält, mit den Fingern, die nicht das Fläschchen festhalten, streicht sie ihm beim Trinken leicht über die Wange. "Jede Untersuchung war top – trotzdem habe ich mir Gedanken gemacht", sagt sie. Schließlich ist eine Drillingsgeburt mit Risiken behaftet.

Drillingsmutter Anna Tripp (rechts) aus Moordeich erzählt über ihren Alltag mit drei Kindern. Die Hebamme Heike Schlobinski (links) ist auch dabei. Die Kinder heißen (von links) Oskar, Karla und Emil.
Per Kaiserschnitt sind der Jüngste und seine beiden Geschwister Emil und Karla auf die Welt gekommen, mit einem Abstand von je einer Minute. Emil wog 2170 Gramm, sein Bruder Oskar etwas weniger und Karla 1840 Gramm. Die ersten drei Wochen ihres Lebens verbrachten die Drillinge im Krankenhaus. Erst waren sie im Klinikum Links der Weser in Bremen, weil sie aber schnell keine intensivmedizinische Betreuung mehr brauchten, ging es weiter in die Kinderklinik Bremen-Mitte. "Von dort kamen sie eine Woche später in die Kinderklinik nach Delmenhorst. Dort konnten sie auch erstmals zusammen liegen", sagt Anna Tripp. Am Anfang brauchten alle drei Kinder ein Wärmebett, eine Magensonde ernährte sie. Täglich fuhr Anna Tripp ins Krankenhaus, um Muttermilch abzupumpen, diese aufzubereiten und zuzufüttern. Um zu sehen, wie der Alltag zu fünft aussieht, verbrachten die Eltern ein Wochenende auf der Station und übernahmen die Versorgung das erste Mal selbst.
Organisation beginnt früh
Die Neugeborenen sind inzwischen schon längst im Moordeicher Zuhause angekommen. Auf der Wohnzimmercouch liegt ein langes Stillkissen mit drei Vertiefungen. "Man muss versuchen, sich den Alltag so einfach wie möglich zu machen", sagt Anna Tripp. Und das scheint leichter gesagt als getan. Ihre Hebamme Heike Schlobinski begleitet sie bereits seit der Schwangerschaft. An diesem Vormittag geht die gemeinsame Zeit nun zu Ende, eine Kinderkrankenschwester übernimmt das restliche erste Lebensjahr. Heike Schlobinski hält Emil im Arm, die kleine Karla schläft im Stillkissen. "Anna ist extrem organisiert", sagt die Hebamme aus Bremen. Über eine Freundin war der Kontakt zustande gekommen. Die dreieiigen Drillinge haben sich prächtig entwickelt: "Das sind richtige Wuchtbrummen geworden", sagt Heike Schlobinski und lacht. Auch für die erfahrene Hebamme sind Drillingsgeburten etwas Besonderes: "Oft tritt der Fall nach künstlichen Befruchtungen ein, hier war es eine Spontanschwangerschaft." Nur einmal zuvor hatte sie bisher eine Familie mit Drillingen begleitet.
Gestelle mit Trinkflaschen ziehen sich die Küchen-Fensterbank entlang, allein das Milchpulver nimmt einen großen Teil des Küchentresens ein. Ob Wäsche, Windeln oder Ausstattung – alles fällt gleich dreimal an. Anna Tripp hatte sich bereits während der Schwangerschaft intensiv damit beschäftigt, wie sie ihren neuen Alltag bewältigen kann. Ihr Mann ist selbstständig und unter der Woche häufig beruflich unterwegs. Die Familie ist ebenfalls nicht vor Ort, lebt im Märkischen Kreis in Nordrhein-Westfalen.
In Sozialen Netzwerken hatte Anna Tripp während der Schwangerschaft Drillingsmütter angeschrieben und sich ihr eigenes kleines Netzwerk aufgebaut. "Ich habe überall angerufen und mich informiert", sagt sie. "Man muss sich selbst kümmern. Es gibt keine übergeordnete Institution, die das für einen erledigt", sagt auch Heike Schlobinski. Ist man erst mit den Kindern zu Hause, sei keine Zeit mehr da, um sich Gedanken zu machen. Über das Jugendamt des Landkreises Diepholz ist Anna Tripp auch an Beate Nadolny gekommen. Da wochentags nur sie zu Hause ist, steht ihr die Dorfhelferin zunächst über sechs Monate 40 Stunden die Woche zur Seite.
Helfende Hände für den Alltag
Nadolny hat Kürbissuppe auf dem Herd und formt in der offenen Wohnküche Mettbällchen. Wenn eines der Kinder hungrig ist, bereitet sie schnell ein Fläschchen zu. Sie geht mit spazieren, hat Anna Tripp auch schon zum Kinderarzt begleitet. Denn drei Neugeborene sind eines zu viel für einen Menschen allein. Zumal die Kinder nun allmählich einen individuellen Essens- und Schlafrhythmus entwickeln. Im Wohnzimmer steht eine elektrische Federwiege für Zwillinge und eine für einen Einling bereit. Liegen alle Kinder darin, ist kurz Zeit zum Durchatmen.
Anders als es normalerweise bei Geschwisterkindern der Fall ist, muss Anna Tripp alles zeitgleich in dreifacher Ausführung kaufen. Eine Waschmaschine läuft pro Tag allein für Spucktücher, 15 bis 18 Windeln pro Tag werden benötigt. Dementsprechend oft erfolgt auch der Gang zum Drogeriemarkt.
Verwandte und Freunde hatten die Nachricht vom dreifachen Glück erst gar nicht glauben können. An die Besonderheit wird Anna Tripp wiederum heute oft erinnert, wenn sie mit dem Drillings-Kinderwagen unterwegs ist. Ob beim Kinderarzt oder Spaziergang: "Man fällt auf", sagt sie.
Ihre Hebamme Heike Schlobinski muss nun bald Abschied nehmen. "Für mich ist das immer wieder ein Abnabeln", sagt die Freiberuflerin und blickt den kleinen Emil in ihren Armen lange an. Die Erfahrung, dass Hebammen trotz des Anspruches auf Unterstützung schwer zu finden sind, hat auch Anna Tripp gemacht. Sie hatte jedoch das große Glück, dass Heike Schlobinski, die eigentlich bereits anderweitig eingespannt war, ihr trotzdem zugesagt hatte.
Trotz des allgegenwärtigen Trubels strahlt Anna Tripp, wenn sie in die kleinen Gesichter blickt. Dass sie drei gesunde Kinder haben würde, und dann auch noch gemischte Geschlechter: "So ein Glück zu haben, dessen muss man sich bewusst sein."