Landkreis Diepholz. Als das Reparatur-Café während der Corona-Pandemie geschlossen blieb, fehlte den ehrenamtlichen Reparateuren im Mehr-Generationen-Haus (MGH) Brinkum die Tüftelei. So war das Projekt "Spenden statt entsorgen" in Kooperation mit der Abfallwirtschaftsgesellschaft (AWG) Bassum entstanden (wir berichteten). Die Spendenbox für Elektrogeräte steht nun seit zwei Jahren auf dem Wertstoffhof Stuhr/Weyhe in der Margarete-Steiff-Straße 9 in Melchiorshausen. Alle zwei Wochen leeren die Ehrenamtlichen den gelben Behälter mit dem grauen Deckel. Die Elektrokleingeräte werden geprüft und bei Bedarf repariert. Anschließend gibt das Flüchtlingsnetz Stuhr sie in seinem Treff B 5 in der Bremer Straße 5 kostenlos an Bedürftige weiter.
"Alle 14 Tage ist der Container voll", sagt der ehrenamtliche Reparateur Torsten Ehlers, als ein Auto vor der Box hält. Ein Mann steigt aus und holt einen Schredder aus dem Kofferraum. "Voll funktionsfähig", verspricht er. Im vergangenen Jahr waren rund 500 Geräte durch die Hände der Ehrenamtlichen gegangen. "Wir sind da schon ein bisschen stolz auf uns", sagt Tüftler Bernd Wolff.
Bitte um vollständige Spenden
"Es gibt mittlerweile Kreuz- und Querverbindungen", sagt Daniela Gräf, Leiterin des MGH. Einige Spender kommen in das Reparaturcafé der Einrichtung, um Elektrogeräte vorbei zu bringen. Auch in der Bücherbox am Gebäude landen die Spenden inzwischen. Über welchen Kanal auch immer – die Gegenstände kommen bei Ehlers und Wolff an. Reparieren können sie vieles, jedoch bitten sie darum, vollständige Geräte zu spenden. Ein Akkuschrauber ohne passenden Akku oder ein Blu-Ray-Player ohne Fernbedienung lassen sich eben nicht problemlos weitergeben.
Bis zu 80 Prozent der abgegebenen Geräte sind aber in einem neuwertigen Zustand, schätzen die Reparateure, die zu Hause die Geräte prüfen. Sogar fehlende Bedientasten kann Bernd Wolff mit einem 3D-Drucker nachdrucken und wieder einlöten. "Dieses Engagement ist unbezahlbar für dieses Projekt", sagt AWG-Sprecher Dominik Albrecht. Das Entsorgungsunternehmen stelle ja bloß die Entsorgungsbox bereit, alles Weitere läuft über die Ehrenamtlichen. Das Schild, das auf das Projekt hinweist, ist gut sichtbar hinter dem Kassenhäuschen des Wertstoffhofes platziert. So können auch diejenigen, die "Spenden statt entsorgen" nicht kennen, auf die Aktion aufmerksam gemacht werden. 2022 sind laut Albrecht 1780 Tonnen Elektroabfall bei der AWG regulär aufgelaufen, knapp 50 Prozent davon waren Kleingeräte. Vielem hätte vielleicht noch eine zweite Chance ermöglicht werden können.
Die aufbereiteten Spenden finden im B 5 stets dankbare Abnehmer, berichtet Helfer Andre Becker. Seit dem Krieg in der Ukraine hat der Umsonstladen an jedem Werktag von 16 bis 17 Uhr geöffnet. Dort werden neben den Elektrogeräten auch Geschirr, Kleinmöbel, Spielzeug und Kleidung an Bedürftige ausgegeben. "Das meiste ist sofort weg, andere Sachen stehen vielleicht ein paar Tage", schildert Andre Becker. Viele stöbern schon vor der Öffnung im Schaufenster.
Radios sind besonders beliebt
Radios, weiß Bernd Wolff, sind besonders beliebt. "Viele können die deutsche Sprache zunächst nicht und haben sie durch das Hören ständig im Ohr." Kaffeemaschinen und andere Haushaltsgeräte sowie Werkzeuge werden ebenfalls gerne genommen. So fand auch eine elektrische Heckenschere schnell einen dankbaren Abnehmer. Viele Neuankömmlinge wohnen in Privathäusern und wollen sich bei der Gartenarbeit nützlich machen, wissen die Ehrenamtlichen. "Es kommt auch vor, dass wir nagelneue, originalverpackte Geräte bekommen", sagt Torsten Ehlers. Das sei gut einmal im Monat der Fall. "Da steckt ganz viel Potenzial in der Kiste", sagt Albrecht. Das Projekt ist auch auf Wertstoffhöfen in Bassum und Bruchhausen-Vilsen angesiedelt. Der Standort in Melchiorshausen ist dabei am stärksten frequentiert. "Deshalb können die Ehrenamtler hier vermutlich immer auf eine volle Box zählen", sagt Albrecht.
"Solche Tüfteleien machen mir Spaß", erklärt Bernd Wolff seine Motivation. Das Reparatur-Café im MGH Brinkum ist an jedem zweiten Sonnabend im Monat auch ein Ort des Austausches. Dominik Albrecht nennt diese Orte "soziale Hotspots", in denen es auch um die Wiederherstellung von Erinnerungen geht: "Es ist gut zu sehen, dass immer mehr Menschen Sachen reparieren lassen wollen. Besonders bei älteren Menschen hängt viel Emotionalität an Gegenständen." Bernd Wolff ist seit mehr als acht Jahren beim Brinkumer Reparaturcafé dabei und war im Berufsleben im Flugzeugbau tätig. Torsten Ehlers verstärkt das Team seit mehr als drei Jahren, ist gelernter Schlosser und war in der Lebensmittelindustrie tätig. Beide würden sich freuen, wenn die Spendenbereitschaft auch nach zwei Jahren weiterhin so groß ist. Bernd Wolff: "Man kann schließlich nichts reparieren, wenn nichts da ist."